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2001 Himmelsfeuer

2001 Himmelsfeuer

Titel: 2001 Himmelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Bescheid zu wissen. Denn darüber in Unkenntnis zu verweilen konnte dazu führen, dass man unwissentlich ein Tabu brach. Deshalb versuchte sie, sich Wanchems Abstammung zurechtzubasteln. Da der Rabe sie zu ihm geführt hatte, ordnete sie ihn kurz entschlossen dem Raben-Clan zu, seine zweite Familie wurde zu dem Volk, das mit dem Kaktus lebt, und seine erste Familie Marimis neue: »Das Volk, das Eicheln isst.«
    Die kleine Familie gedieh und wurde größer. In ihrem vierten Winter in den Bergen fiel Schnee und bedeckte Bäume und Gewässer. Ein Bärenjäger, der sich verirrt hatte, suchte Zuflucht in Marimis Höhle, wo sie ihn fand. Er blieb bis zum Frühjahr in der Familie, dann zog er weiter. Im Sommer gebar Marimi die Babys, die sie von ihm empfangen hatte, wiederum Zwillingsmädchen.
    Als die Kinder größer wurden und sich dem heiratsfähigen Alter näherten, fing Marimi an, sich Gedanken um Tabus und Familienbande zu machen. Nach den geltenden Regeln, die nicht von ihr stammten, sondern zu Anbeginn der Zeit von den Göttern ergangen waren, durfte ein Bruder nicht seine Schwester heiraten, genauso wenig wie die ersten Cousins mütterlicherseits untereinander. Wurden diese Gesetze gebrochen, konnte ein Stamm krank werden und sterben. Aber Marimi wusste, dass diese Regel nicht für erste Cousins mütterlicherseits und erste Cousins väterlicherseits galt, und was die Familie brauchte, war neues Blut. Deshalb suchte sie in der Höhle um Rat nach, und der Geist des Raben bedeutete ihr, sich in einem benachbarten Stamm nach einem Ehemann umzuschauen und ihn zurückzubringen.
    Mit ihrem Speer und einem Korb Eicheln zog Marimi ostwärts, zu einem Dorf, durch das sie vor längerer Zeit gekommen war. Dort bot sie Perlen an, die sie in Muscheln gefunden hatte und die sehr geschätzt waren; dem zukünftigen Ehemann versprach sie große Mengen Eicheln und reiche Fischgründe. Er müsse jedoch, sagte sie, nach Art der Topaa leben und zu einem der Ihren werden. Seine Familie stimmte zu, denn es schien klug, mit einem Stamm an der Küste, wo es viel Otterfell und Walfleisch gab, eine Verbindung einzugehen. Der erwählte Ehemann war vom Hirsch-Clan, dem Volk, das auf schwankendem Boden lebt, »Bewohnern der Sümpfe«. Jetzt schloss er sich dem »Volk, das Eicheln isst« an.
    Als Marimis erstgeborene Töchter zu Frauen wurden, heirateten sie Payat und Wanchem. Auch eine Tochter des Bärenjägers heiratete Payat, den Marimi zum Häuptling ihres kleinen Stamms erhoben hatte, als dem, dem mehr als nur eine Frau zustand. Die zweite Tochter des Jägers fand einen Gatten in einem Mann aus dem Osten, der ursprünglich Otter jagen wollte und sich dann zum Bleiben entschlossen hatte. Marimis Ehemannn aus dem Hirsch-Clan schenkte ihr drei Söhne und vier Töchter, die zu gegebener Zeit heirateten und den Stamm vergrößerten.
    Im Laufe der sich abwechselnden Jahreszeiten unterwies Marimi ihre Töchter und Enkelinnen im Flechten von Körben und wie man dazu sang, damit dem Korb Leben und auch Geist eingehaucht wurde. Sie lehrte die Heranwachsenden die Regeln und Tabus der Topaa: dass man Heuschrecken und Grillen nur dann essen durfte, wenn es genug davon gab; dass bei der Eichelernte immer ein paar liegen gelassen werden mussten, um auch für das nächste Mal eine reiche Ernte sicherzustellen; dass ein Mann seiner Frau während der fünf Tage ihres Mondes nicht beiliegen durfte; dass der Jäger nicht von dem von ihm erlegten Wild aß, sondern vom erlegten Wild eines anderen Jägers. Ohne Verhaltensregeln und ohne die Tabus zu kennen, sagte sie, fände man sich im Leben nicht zurecht. Dass es Verhaltensregeln gab, hatte die Natur die Topaa gelehrt: Katzen paarten sich nicht mit Hunden, Wild aß kein Fleisch, die Eule jagte nur nachts. Und so wie die Tiere sich an bestimmte Regeln hielten, sollten es auch die Topaa tun.
    In einem Herbst wurden die Eichen von einer Dürre heimgesucht; ihre Früchte fielen wie Asche zu Boden, und alles an kleinerem Getier verschwand, sodass sie nicht einmal mehr ein Eichhörnchen braten konnten. Die Familie litt zusehends Hunger, bis Marimi sich darauf besann, dass sie dereinst den Mond um Hilfe angefleht hatte. Jetzt betete sie abermals zu ihm, respektvoll, versprach, sich dankbar zu erweisen. Und das Wunder geschah: Eine Nacht später wurden Fische ans Ufer gespült, quicklebendige Fische. Sogleich ordnete Marimi an, mit Körben den Strand abzusuchen und die Fische einzufangen, die, wenn sie getrocknet waren,

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