2004 - Im Bann der NACHT
alle verschlossen, wie sie bald feststellten, und Eingänge schienen nicht zu existieren. Es gab keinerlei Anzeichen für das Vorhandensein von Leben in Port Emaranve.
„Ich fühle mich unwohl hier", klagte Yessim. „Ich habe das Gefühl, daß wir hier unerwünscht sind - obwohl sich uns niemand entgegenstellt."
Diesmal mußte Crom ihm recht geben. Er hatte den gleichen instinktiven Eindruck.
„Wir fliegen bis zum Zentrum der Stadt", funkte er. „Wenn wir dann nichts entdeckt haben, verschwinden wir wieder."
Er gab sich keine Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Aber was hatte er eigentlich erwartet?
Geheimnisvolle Lebensformen, mit denen sie Kontakt aufnehmen konnten? Technische Wunderwerke, deren Geheimnisse sie zu enträtseln vermochten?
Crom wußte es selbst nicht. Er war schon bereit, vorzeitig umzukehren, als ihm etwas auffiel.
Er sah unter sich, im Bodengeschoß eines Hochhauses, ein offenes Fenster!
Sofort zeigte er es Yessim und ließ sich hinabsinken. Er landete weich und näherte sich mit langsamen Schritten dem Fenster. Sein Herz schlug noch wilder. Endlich, so ahnte er, würde er eines der Geheimnisse der Stadt und der Säule kennenlernen.
Alle anderen Fenster waren verschlossen, nur dieses eine stand auf. Crom blieb vor der Öffnung stehen und spähte vorsichtig hinein.
Was er sah, ließ ihn zurückzucken. Es ließ ihn sofort abheben und zu den verankerten Jetbooten fliegen. Yessim bestürmte ihn mit Fragen, aber erst als sie die Boote erreicht hatten, gab Crom Antwort.
„Ich... ich habe etwas gesehen", schnatterte er verstört. „Oder doch nicht? Ich weiß es plötzlich nicht mehr. Aber ich bilde mir ein, daß ein... ein formloses, schockiert glotzendes Wesen auf der anderen Seite des Fensters war. Der Blick ging mir durch Mark und Bein, Yessim. Ich..."
„Beruhige dich doch", unterbrach ihn der Freund. Plötzlich herrschten vertauschte Rollen. Yessim mußte Crom Mut zureden. „Vielleicht sind alle Räume in dieser Stadt bewohnt, und die Bewohner dürfen die Fenster nur nicht öffnen. Und vielleicht war dieses eine Wesen, das du zu sehen geglaubt hast, eines wie wir, das die Gebote und Verbote mißachtet. Komm zu dir, Crom!"
Croms Tentakel zitterten heftig. „Ich muß noch einmal zurück", sagte er. „Ich muß Gewißheit haben! „Schon hob er ab und flog wieder in die Stadt, zu dem Haus, in dem er das offene Fenster gesehen hatte. Aber jetzt war es verschlossen wie alle anderen.
„Komm jetzt!" bat Yessim. „Kehren wir nach Nacht-Acht zurück und erzählen wir nie jemand etwas von dieser Begegnung - falls es eine solche gegeben hat."
„Ja, Yessim", sagte Crom. „Du hast recht. Wir hätten vielleicht niemals hierherkommen sollen."
„Für Reue ist es zu spät. Vielleicht waren wir die ersten Mom'Serimer, die in Port Emaranve gelandet sind, vielleicht waren auch schon andere hier und redeten genausowenig darüber, wie wir es tun werden.
Wir werden es wohl niemals erfahren."
„Nein", sagte Crom.
Sie kletterten in die Liegegestelle ihrer Jetboote, entankerten sie und flogen los.
Crom hatte den Eindruck, etwas Unheimlichem gerade noch entkommen zu sein. Und er hatte jetzt seine eigene Schauergeschichte zu erzählen - wenn er dies auch niemals tun wollte. Es sollte sein und Yessims Geheimnis bleiben.
Falls es wirklich so gewesen war.
8.
SOL
Mondra Diamond hatte den Sprung durch den Mega-Dom im PULS von DaGlausch mit ihrem Kind in ihrer Kabine verbracht. Sie war davon überzeugt gewesen, daß der Sprung an sich ungefährlich sein mußte, denn immerhin hatte ES sie auf diese Mission geschickt, die Superintelligenz.
Aber der Sprung war zu einer surrealen, furchtbaren Erfahrung für sie geworden, die eine Ewigkeit gedauert und sich von jedem normalen Transfer durch den Hyperraum unterschieden hatte. Mondra war in ein grelles Licht gebadet gewesen, aus dem ihr Schlangenwesen ihre zuckenden Köpfe entgegengereckt hatten. Sie hatte geschrien und getobt.
Die Schlangenköpfe verschwanden, aber dafür entstand ein Wirbel, der sie zu erfassen und in die Unendlichkeit zu schleudern drohte; ein Mini-Black-Hole, das sie verschlingen wollte. Und Stimmen, alles war voller Stimmen gewesen, die sie lockten. Mondra war dem Wahnsinn nahe gewesen, als es endlich vorbei war.
Für einige Augenblicke hatte sie Ruhe gehabt, aber dann ging der schreckliche Alptraum weiter. Sie wußte nicht, wo die SOL herausgekommen und was geschehen war. Sie hatte noch keinen Kontakt zur
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