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2004 - Im Bann der NACHT

Titel: 2004 - Im Bann der NACHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wurde.
    Endlich begann die Zeremonie. Croms Eltern waren in stählernen Behältern aufgebahrt, die auf Antigravschienen vor dem Tor der Konverterkammer schwebten. Einer der Eunuchen, wie die anderen in einer hellroten Kombination mit schwarzem Umhang, trat vor und nannte ihren Namen. Dann zählte er alle Dinge auf, durch die sich die beiden Toten in der Gesellschaft ausgezeichnet hatten. Bei Croms Mutter waren es aufgrund ihrer Arbeit in Nacht-Acht 2 viel mehr als bei seinem Vater, was Crom ein wenig ärgerte. War sein Vater denn weniger wert gewesen als sie?
    „Ihr kamt aus dem Kreislauf, und ihr kehrt in den Kreislauf zurück", beendete der Eunuch seine Ausführungen mit der gängigen Formel. „Hashau und Nashia Harkanvolter, ich übergebe euch dem reinigenden Feuer, auf daß ihr für die Lebenden das seid, was eure Mütter und Väter für euch waren."
    Damit trat er zurück, und auf sein Zeichen wurde das Tor der Konverterkammer geöffnet. Die Stahlsärge ruckten sanft an und wurden auf den Antigravschienen in die Kammer geführt. Hinter ihnen schloß sich das Tor wieder.
    „Nichts geht verloren, alles erneuert sich", sagte der Eunuch. Dann gingen er und seine Artgenossen.
    Die Musik verstummte, das Licht wurde heller. Die Versammlung löste sich auf. Niemand nahm mehr von Crom Notiz. Es war nicht Brauch, den Hinterbliebenen zu kondolieren - warum auch? Seine Eltern waren in den ewigen Kreislauf zurückgeführt worden, der sie hervorgebracht hatte. Nichts ging verloren, wie der Eunuch gesagt hatte.
    „Laß uns auch gehen", sagte Crom gefaßt zu Yessim.
    Die Hochdruckbahn brachte sie nach Nacht-Acht
     
    5.
     
    Kurz darauf saßen die beiden Freunde in Croms Zimmer.
    Croms Gehirntentakel zitterten leicht. Yessim sah es und schwieg. Er ahnte, was in Crom vorging.
    Crom hatte den Tod seiner Eltern beweint. Er hatte die Bestattung mit großer Fassung ertragen. Jetzt, da alles vorüber war, begann er zu begreifen, daß er nun auf sich selbst gestellt war und keinen mehr hatte, zu dem er aufsehen konnte.
    Für ihn begann ein neuer Abschnitt des Lebens. Seine Kindheit hatte aufgehört, als er zu den Indoktrinatos ging. Seine Jugend hörte jetzt bald auf - spätestens dann, wenn sich in zehn oder zwölf Segaf seine Geschlechtsmerkmale entwickelten und er zum Mann oder zur Frau wurde.
    Aber schon jetzt würde er ein Leben wie ein Erwachsener führen und seine eigenen Entscheidungen treffen. Über ihm standen nur noch die Eunuchen und der Lord-Eunuch.
    „Ich muß etwas tun, Yessim", platzte es aus ihm heraus. „Etwas, das mich ablenkt, etwas Großes.
    Kannst du das verstehen?"
    „Ja", sagte der Freund. „An was denkst du?"
    „Die Säule der Nacht! Wir haben die Finstergrenze angeflogen und auch andere Teile der NACHT, aber niemals die Säule der Nacht."
    „Aber das ist verboten!" entfuhr es Yessim. Vor Aufregung sprang er auf. „Crom, das kannst du nicht wirklich ernst meinen!"
    „Und ob es mir ernst damit ist! Wenn du nicht mitgehst, fliege ich allein. Zwingen kann ich dich nicht."
    „Tu es nicht, Crom, bitte!" schnatterte Yessim. „Denk auch an die Geschichten, die sich um die Säule der Nacht ranken. Denk an die Ungeheuer, die dort leben sollen, und an die Wächter, die jeden grausam töten, der sich nähert!"
    „Dann möchte ich diese Ungeheuer und den Wächter kennenlernen", gab sich Crom kompromißlos. „Yessim, das ist etwas, das noch kein anderer wagte. Laß es uns versuchen. Ich bin sicher, die alten Geschichten sind nichts anderes als Aberglaube."
    Yessim schwieg für eine Weile. Dann fragte er: „Wann willst du aufbrechen?"
    „Morgen", sagte Crom.
     
    *
     
    Sie benutzten wieder die Ein-Mann-Jetboote wie auf allen ihren Ausflügen seit Vollendung des fünfzigsten Lebens-Segaf. Yessim hatte zwei Segaf länger warten müssen, weil er jünger war. In dieser Zeit hatte sich Crom einen Vorsprung in der Beherrschung der Boote herausgearbeitet. Sie brauchten jetzt nicht mehr heimlich Nacht-Acht zu verlassen, schon lange nicht mehr.
    Natürlich hatte Yessim am Ende doch zugestimmt. Und nun flogen die beiden Freunde in eine Richtung, in der alles andere lag, nur nicht die Säule der Nacht. Es ging ihnen darum, soviel Abstand wie möglich zwischen sich und Nacht-Acht zu bringen, um dann die Richtung zu ändern und mit einer sehr kurzen Überlichtetappe zur Säule der Nacht zu gelangen.
    „Was werden die Eunuchen mit uns tun, wenn sie uns doch orten?" fragte Yessim.
    „Was weiß ich? Aber sie werden uns

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