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2004 - Im Bann der NACHT

Titel: 2004 - Im Bann der NACHT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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dagegen.
    „Öffnet!" schrie er. „Öffnet mir doch! Ich will sehen, was Crom gesehen hat! Bitte macht auf!"
    „Nein!" schrie Crom. „Laß das sein, Yessim! Du weißt nicht, was du vielleicht zerstörst!"
    Yessim fuhr zurück und drehte sich zu ihm um. „Komm nicht näher, Crom!" rief er. „Kehre um! Dies hier ist allein meine Angelegenheit!"
    „Das ist sie nicht! Was willst du beweisen? Willst du mir Schuld einreden, weil ich dich vernachlässige?
    Muß unsere Freundschaft im Streit enden?"
    „Das wäre das letzte, was ich wollte!" beteuerte Yessim. „Aber es gibt keinen Ausweg. Ich will dich nicht belasten in deinem neuen Amt! Du sollst frei sein, Crom. Warum mußtest du mir folgen! Jetzt gibt es für mich nur noch eine Möglichkeit!"
    „Nein!" schrie Crom, aber da war es bereits zu spät.
    Yessim hatte den Falthelm zurückklappen lassen und starb innerhalb eines Augenblicks - vor Croms entsetzten Augen. Crom war so nahe herangekommen, daß er ihn fast hätte greifen können. Jetzt fing er den in sich zusammensackenden Körper auf und legte ihn sich auf die Arme.
    „Yessim, du armer, lieber Narr - was hast du getan?" flüsterte er. „Wir hätten uns immer sehen können, und wenn nur über die Interkoms. Ich hätte dich vielleicht sogar nach Nacht-Acht 1 holen können, als meinen Sekretär oder was auch immer. Du hast alles zerstört."
    Hatte er das? Oder lag die Schuld bei ihm, Crom, weil er die Berufung zum designierten Lord-Eunuchen nicht abgelehnt hatte?
    War das der Anfang einer Laufbahn, die noch gar nicht richtig begonnen hatte? War es das wert?
    Crom ließ seinen Tränen freien Lauf und trug Yessim zu Fuß den langen Weg bis zu den Jetbooten zurück. Er sah nicht nach links und nicht nach rechts. Diese Stadt wollte ihn nicht, das wußte er. Ein Leben hatte sie schon genommen.
    Bei den Booten hob er Yessim in sein Liegegestell und schnallte ihn an. Dann stieg er auf sein eigenes Fahrzeug, entankerte es und nahm Yessims Boot in Fernsteuerung. Yessim sollte in Nacht-Acht 3 eine würdige Bestattung finden. Auch er sollte dorthin zurückkehren, woher er gekommen war.
     
    *
     
    Nach der Zeremonie wurde Crom von zwei Eunuchen gebeten, mit ihnen zu kommen. Er konnte sich denken, wohin sie ihn führten. Die Hochdruckbahn brachte sie nach Nacht-Acht 1.
    Vom dortigen Bahnhof ging es auf geradestem Weg zum Lord-Eunuchen selbst. Die beiden Rotgekleideten warteten rechts und links vor der Tür, die sich vor Crom entstofflichte. Crom betrat die Gemächer des höchsten Mom'Serimers.
    Hinter ihm schloß sich die Tür wieder.
    Er war bereits hiergewesen. Doch die Pracht und die technische Einrichtung beeindruckten ihn immer wieder. Der Lord-Eunuch hätte sich mit ihm ohne weiteres über Interkom unterhalten und Crom als lebensgroßes Holo erscheinen können. Daß er das persönliche Gespräch wählte, zeigte ihm, daß es ernst werden würde.
    Der Lord-Eunuch empfing Crom mit freundlichem Lächeln, aber ernsten Augen. Crom wußte spätestens jetzt, worum es ging.
    „Du hast das Gesetz übertreten, das weißt du", begann der Herrscher. „Und es war nicht das erste Mal. Du und dein Freund, ihr habt das Verbot mißachtet und seid auf der Säule der Nacht gelandet.
    Kannst du mir den Grund nennen?"
    Crom hatte gehofft, daß diese Frage kommen würde.
    „Darf ich etwas ausholen?" fragte er.
    Der Lord-Eunuch gestattete es ihm.
    Crom atmete tief ein und begann, eine Geschichte zu erzählen. Es war die Geschichte von zwei jungen Mom'Serimern, die gemeinsam durch dick und dünn gegangen und langsam älter geworden waren, unzertrennlich und einer immer für den anderen da. Der Lord-Eunuch hörte geduldig zu, als Crom von ihren Abenteuern in der NACHT berichtete und wie sie schließlich ihre Geschlechter gefunden hatten.
    Crom erwähnte ihr Kind, von dem er noch immer nicht wußte, wem Yessim es anvertraut hatte, und schloß mit Yessims Tod auf der Säule der Nacht.
    „Hoher Lord-Eunuch", sagte er dann. „Bin ich schuldig, weil ich einen Freund retten wollte - den einzigen wahren Freund, den ich in meinem Leben hatte? Oder bin ich schuld an seinem Tod, weil ich mich für deine Nachfolge entschieden habe? Ist es das Amt, das diese Opfer verlangt? Oder bin ich der Falsche für dieses Amt?"
    Der Lord-Eunuch sah ihn lange nachdenklich an. Für einen Mom'Serimer war es eine halbe Ewigkeit.
    Dann sagte er: „Das Amt kann einsam machen, Crom. Auch ich habe meine Familie dafür aufgeben müssen. Denn das Amt verlangt alles

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