2006 - Cugarittmos Gesichter
dieser Übermacht", meinte der ansonsten stets optimistische Atlan skeptisch. „Wir können nur auf ein Wunder hoffen. Vielleicht taucht unverhofft eine Flotte der Galaktischen Krone auf und haut uns heraus."
Aber dieses Wunschdenken war nicht ernst gemeint.
Muel-Chen versuchte sein Bestes, um die SOL durch die feindlichen Linien zu manövrieren, aber es war ein schier aussichtsloses Unterfangen, ein solch gewaltiges Objekt wie das 8000 Meter lange Hantelschiff bei dauernder Kursänderung auf annehmbare Werte zu beschleunigen. Denn immer wenn die SOL auf Beschleunigungskurs ging, stellte sich ihr einer der 3000 Meter großen Kriegstürme in den Weg, dem der Emotionaut ausweichen mußte, um eine Kollision zu vermeiden.
Traktorstrahlen griffen nach dem Schiff, doch die SOL konnte sich immer wieder losreißen.
Die Mundänen bewahrten kühles Blut. Sie schienen es selbst auf Zusammenstöße mit dem viel größeren Hantelschiff ankommen zu lassen. Vielleicht verließen sie sich auch nur auf ihre größere Wendigkeit, die es ihnen erlaubte, Ausweichmanöver länger hinauszuzögern als die SOL.
Staffel um Staffel der flinken Kriegsleichter der Mundänen fegte über die SOL hinweg und entlud über sie ein Strahlengewitter sondergleichen. Hatte eine Leichterstaffel ihren Angriff abgeschlossen, traten aus dem Hintergrund die Kriegstürme in Aktion und deckten die SOL mit ihren Salven ein - bis die nächste Leichterstaffel auf den Plan trat.
Der für die Schiffsverteidigung zuständige Offizier, Major Don Kerk´radian hatte unter diesen Bedingungen einen schweren Stand. Er konnte zur Abwehr lediglich leichtere Kaliber wie Thermound Desintegratorgeschütze einsetzen. An den Einsatz von Transformgeschützen war auf diese Distanz dagegen nicht zu denken, weil deren verheerende Wirkung auf die SOL zurückgeschlagen hätte.
Der einzige Vorteil in dieser Situation war der, daß auch die Mundänen keine schwereren Geschütze auffahren konnten, falls sie über solche verfügten.
Don Kerk´radian hatte etliche Abschüsse zu verzeichnen, darunter sogar zwei Kriegstürme. Doch niemand an Bord der SOL konnte über solche Erfolge jubeln, denn angesichts der Übermacht des Feindes - gezählte achttausend schwarze Zylinderschiffe verschiedener Größenklassen -, war das nur ein Tropf en auf den heißen Stein.
Atlan ließ den Virtuellbildner einsetzen, was. anfangs recht gute Erfolge mit sich brachte. Die Mundänen fielen tatsächlich auf das virtuelle Abbild der SOL herein, das plötzlich aus der Stromschnelle kam, und konzentrierten einen Teil ihrer Feuerkraft darauf. Das verschaffte der SOL eine Atempause, und Muel-Chen bekam endlich Gelegenheit, das Hantelschiff zu beschleunigen.
Doch die Mundänen durchschauten den Trick rasch und ignorierten in der Folge die Projektionen.
Für den Emotionauten Muel-Chen ein Grund zum Verzweifeln. Denn die Chancen, die er anfangs sah, die SOL auf die nötigen fünfzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, die sie als Eintauchgeschwindigkeit für den Hypertakt-Flug benötigte, waren somit wieder dahin.
Die Schlacht verlagerte sich schlagartig zu Ungunsten der SOL. Die Situation wurde unter dem Dauerfeuer der Mundänen prekär. Die Belastungsgrenze der Paratronschirme wurde unter dem Dauerfeuer massiv überlastet. Immer wieder rissen die Salven Strukturlücken in sie und zerrten an den darunter- und dazwischenliegenden grünen HÜ-Schirmen. An verschiedenen Stellen brachen auch diese für Bruchteile zusammen, so daß das Feuer der Mundänen bis zur Carit-Hülle der SOL durchdrang.
Schließlich trat das ein, was Atlan schon lange befürchtet hatte. SENECA gab Alarm und meldete: „Paratronschirme halten nur noch kurze Zeit durch. Bei einer weiteren Steigerung des Feindfeuers muß vor dauerhaften Schäden an den Defensivsystemen gewarnt werden."
„Als ob das noch eine Rolle spielen würde, wo die SOL vor dem Untergang steht", meinte Ronald Tekener.
SENECA sprach eine weitere ernste Warnung aus: Die Paratronschirme wurden immer stärker überlastet, sie flackerten ebenso wie die HÜ-Schirme. Die SOL wurde jetzt immer öfter von Treffern erschüttert, die auf die Carit-Hülle durchbrachen. „Es erscheint mir überaus fraglich, ob das Carit dem Dauerfeuer standhält, wenn erst die Schutzschirme zusammengebrochen sind", gab Tangens der Falke zu bedenken. „Wir wissen zu wenig über die Absorptions-Spezifika des Carit, um uns darauf verlassen zu können."
Atlan nickte zustimmend.
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