2012 – Das Ende aller Zeiten
nicht auf null ausgleichen könne, könnte man immer sagen: »Ach ja, der Rest muss wohl in ein anderes Universum abgewandert sein.« Und das ist nicht nur Drückebergerei, es gibt auch immer jemanden, der diese Gleichungen ohne ein anderes Universum löst. Deshalb verblasst der polykosmische Traum allmählich.
Das andere große Problem mit der Zeitreise ist, dass alles, was man zurückschickt, einem hundertprozentigen Risiko der Spaghettifizierung unterliegt. Genauer gesagt, ist es weniger ein Problem, ein Schwarzes Loch zu finden oder gar zu erzeugen. Und in einem Schwarzen Loch reist die Energie die ganze Zeit in der Zeit rückwärts. Oder noch genauer ausgedrückt, steht das Verstreichen der Zeit innerhalb einer Singularität in keiner eindeutigen Beziehung dazu, wie sie im restlichen Universum vergeht; tatsächlich tendiert sie dazu, rückwärts zu verlaufen, was der Grund dafür ist, weshalb Schwarze Löcher am Ende verdampfen. In diesem Augenblick speien Singularitäten, die von der Erde gar nicht so weit entfernt sind, Energie aus der fernen Zukunft aus. Nichts davon nützt uns irgendetwas. Der springende Punkt ist jedoch, dass es zwar nicht unermesslich schwer ist, etwas in ein Schwarzes Loch zu werfen und es automatisch an irgendeinem Punkt unserer Vergangenheit wieder ausspeien zu lassen, aber es wird hoffnungslos auf atomarer Ebene zerquetscht herauskommen und oft in reine Energie umgewandelt sein. Das bedeutet, dass man normalerweise keine Information senden kann. Man könnte eine ganze Enzyklopädie hineinwerfen, aber alles, was davon in der Vergangenheit ankäme, wäre jede Menge Wärme und Licht, die nichts mehr verrieten.
Trotzdem … trotzdem, trotzdem … man kann etwas verschicken, das nichts ist, das heißt, das keine Masse besitzt. Man kann Energie verschicken.
Am Superconducting Supercollider wurde der Rohdatenstrommeines SOS in ein informationsreiches Wellenbild umgewandelt. Dabei komprimierte man das Signal, wobei die Abstände zwischen den Wellen kollabierten, sodass die Information, die heute stundenlang gesammelt werden musste, innerhalb von weniger als vierzig Sekunden ans andere Ende geschossen werden konnte. Eine Gammakanone verschoss einen Energiestrom, der auf dem Wellenmuster basierte, in den Kerr-Raum-Pfad, einen imaginären idealen Kreis im Zentrum des Collider-Torus. Der Energiestrom wanderte zirka sechshunderttausendmal um den Ring und wurde dabei an den Punkt beschleunigt, wo seine Zentrifugalkraft ihn vom Ring weglenkte in den tangentialen Tunnel, wo sich eine neue elektromagnetische Analage befand, die einzig und allein zu dem Zweck entworfen worden war, Krasnikov‘sche Miniaturwurmlöcher zu erzeugen und in der Schwebe zu halten.
Bereits vor vier Jahren hatten die Forscher am Large Hadron Collider die Erzeugung eines mikroskopisch großen Schwarzen Lochs bekannt gegeben. Ein Wurmloch zu erschaffen ist auf ähnlichem Wege möglich, aber in mancherlei Hinsicht einfacher. Schwarze Löcher haben Ereignishorizonte, die einem nur Ärger machen. Wurmlöcher nicht. Wurmlöcher haben zwei Mäuler – die man beide braucht –, Schwarze Löcher jedoch nur eines. Und um ein Schwarzes Loch für einen nennenswerten Zeitraum aufrechtzuerhalten, besonders in der Nähe der Erdoberfläche, erfordert das Energieaufkommen gleich mehrerer Sonnen.
Hege und Pflege eines Wurmlochs ist viel simpler. Doch selbst für ein gewöhnliches Wurmloch – wenn man ein Wurmloch denn überhaupt gewöhnlich nennen darf – bedarf es fortgeschrittener Ingenieurskunst und sehr viel Energie. Das grundsätzliche Loch, sagen wir, vom Schwarzschild-Typ, in einer Raumzeit R 2 ∙ S 2 , sieht ungefähr aus wie ds 2 = -(1 – r S / r)dt 2 + [(1 – r S / r) – 1]dr 2 + r 2 d Ω 2 , wobei Ω den Dichteparameter darstellt und r S = 2 GM /c 2 und d Ω 2 = d θ 2 + sin 2 d φ 2 . Natürlich ist dabei M die Molekularmasse, G die Gravitationskonstante, φ der Winkel und r der Radius. Wie auch immer, wenn man die Gleichung eine ganze Weile verfeinert, dann sieht man, dass im Rachen des Wurmlochs gewaltige Gezeitenkräfte wirken, und ohnesehr viele diesen entgegenwirkenden Kräften wird es kollabieren. Tatsächlich ist es nur Teil eines Systems aus Schwarzem Loch und Weißem Loch. Doch die Krasnikov-Variante weist eine Kerr-Metrik von ds 2 = Ω 2 ( ξ )[-d τ 2 +d ξ 2 + K 2 ( ξ )(d θ 2 +sin 2 θ d φ 2 )] auf, wobei Ω und K glatte positive gerade Funktionen sind mit K = K 0 cos ξ / L bei ξ ∊
Weitere Kostenlose Bücher