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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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Outfit passte wunderbar bis hin zu einer billigen Türkiskette um den Hals und einem abgegriffenen Rucksack von North Face mit einem BEFREIT-TIBET -Aufnäher. Grgur fügte sich allerdings nicht gut ein. Na ja, vielleicht ging er als türkischer Heroindealer durch. Egal. Wir kamen an ein paar herrenlosen Hunden vorbei, dann Schweinen und schließlich kleinen Grüppchen von Indianern von zwei bis vier Personen. Jeder sagte Hallo. Fremde wurden in dieser Gegend bemerkt, aber auch begrüßt. Normalerweise. Ich sah ein paar Gesichter, von denen ich glaubte, sie zu kennen, also nahm ich den Hut ab. Es fühlte sich sehr fremd an. Doch mit einem kahlen Schädel erkennt mich niemand, dachte ich. Höchstens meineeigene Mutter. Verdammt. Ich fragte mich, was No Way tat, aber ich vermutete, er hatte seine eigenen Methoden, um weiterzukommen, ohne aufzufallen. Er hatte gesagt, er sei sowieso seit fünfzehn Jahren nicht mehr hier gewesen. Ein dürrer alter Mann grinste uns mit vorwiegend silbernen Zähnen an, ein typischer Patient mittelamerikanischer Zahnärzte. Die Moskitos waren schlimm. Kinder scharten sich um uns und wollten uns Feuerwerksraketen verkaufen.
    »Aufgepasst, A-Team, rücken Sie vorsichtig vor«, sagte Ana in unseren Ohren. Ich spürte, wie wir alle uns ein bisschen anspannten und dann so unverdächtig wie möglich weitergingen. Aus dem Tal richteten sich Autoscheinwerfer auf uns, und wir traten beiseite und nickten den vier blau uniformierten Soldaten in dem mit einer Plane gedeckten Jeep zu. Sie jagten an uns vorbei, ohne auf uns zu achten. Yay. Ganz wie ich gedacht hatte. Es fiel mir trotzdem schwer, sie anzusehen und mir dabei nicht vorzustellen, wie ihre Köpfe vor dem Fadenkreuz eines Zielfernrohrs zerplatzten. Ganz ruhig, Jed. Das sind frische Rekruten, die waren damals noch nicht mal auf der Welt.
    Tonto, dachte ich. Himmel. Was hatte ich damit nur gemeint? Tonto tat was? Wahrscheinlich etwas Schlimmes. Ay gevaltarisco. Vielleicht war ich damals einfach nur krank gewesen und hatte deliriert. Vielleicht hatte ich nur gemeint: »Rosabelle believe, glaube – schließlich tat Tonto es auch?« Hatte ich gemeint, dass ich Tonto sei? Man hatte mich nicht mehr so genannt, seit ich zehn war, und selbst damals war es nur eine verbreitete rassische Herabsetzung, aber nicht mein Spitzname oder dergleichen. Hatte ich gemeint: »Mit dem weißen Mann angefreundet hat er sich, das ist, was Tonto tat?« Aber »Tonto« ist im Spanischen auch ein umgangssprachliches Wort für »Dummkopf«. Dummkopf tat was? Was, was, was denn nur?
    Die Straße bog in die Hauptstraße ein, die von Osten nach Westen führte. Über ihr waren Kabel gespannt, von denen schwache rote und weiße Weihnachtslichter sowie Girlanden aus buntem Krepppapier hingen, aber die große Lampe über der Kreuzung war aus, und da man hier gewöhnlich sehr stolz war auf diese Dinge, konnte es nur bedeuten, dass die Verdunklung nach wie vor offiziell in Kraft war. Klar, sicher, das Vereinigte Königreich steht kurz davor, mit einer Flotte wieim Falklandkrieg einen Luftschlag gegen ein Land zu führen, das sich nicht einmal Papierhandtücher leisten kann. Da schmeichelt ihr euch ein bisschen zu sehr. Auf beiden Seiten der Straße standen miteinander verbundene Wohn- und Geschäftshäuser aus Betonziegeln; jedes Haus war in einem anderen Ton von Türkis, Pfirsich, Zitronengelb oder Eierschalenblau gestrichen; darauf waren handgemalte Nachahmungen der Schriftzüge für Orange Crush, Jupina Gaseosa di Piña und Cerveza Gallo. Das letzte Gebäude war heute ein Blockeisgeschäft, aber früher war es die oficina del comisariato von United Fruit, ein firmeneigenes Ladengeschäft, bei dessen Anblick mich heiße Wut erfüllte. Ganz wie bei B. Traven. Male el Pulpo.
    Heimatorte sind eigenartig. Man denkt, sie können nicht mehr kleiner oder elendiger werden, und jedes Mal, wenn man zurückkehrt, hat es sich verschlimmert. Das ist die Unglaubliche Schrumpfende Vergangenheit. Und es war nicht mal mein richtiger Heimatort. Als ich klein war, war hierherzukommen so, als verließe man sein Haus in Far Rockaway und besuchte Manhattan. Ay yi yi. Das Krankenhaus war nur zwei Häuserblocks entfernt, falls man sie Blocks nennen konnte. Von dort, wo ich ging, konnte ich es beinahe sehen. Ich blickte die ganze Zeit auf ein zweistöckiges Gebäude auf der anderen Straßenseite. Auf der rosa Wand unter den Traufen war ein grüner schimmeliger Wasserfleck, der mir vertraut erschien. Mir

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