2012 – Das Ende aller Zeiten
vortäuschen? Einfach Nein sagen?
Kein Wunder, dass Tony Sic nicht empört gewesen war, als er herausfand, dass ich an seiner Stelle gehen würde. Ich war reichlich verlegen gewesen, und er hatte es scheinbar mit unerschüttertem Gleichmut hingenommen. Vielleicht hatte er es sich mittlerweile anders überlegt. Jed, du bist ein Idiot, ein Vollidiot …
Schluss damit. Das führt zu nichts.
Mannomann. Okay. Sehen wir uns die Trümmer an. Zeit, den Inneren Riesen zu erwecken.
Ich kratzte mich am Fußknöchel und fand eine blaue Patagonia-Calipiline™-Socke, die während der Nacht vom Boden meiner Tasche an meinem Kopf vorbei auf meine aufblasbare Hightechmatratze gekrochen war. In der Socke war ein Bündel aus fünf kleinen Folienpackungen, das von Gummibändern zusammengehalten wurde. Ich zog den Espresso Viennese von General Foods hervor, riss den Beutel mit dem Eckzahn auf und schüttete mir das Pulver auf die Zunge. Igitt. Okay. Ich spülte es mit zwei Marshmallows herunter. Dann öffnete ich zwei große desinfizierende SuperSani-Einmaltücher von PDI – nachgewiesen wirksam gegen Tuberkulose, Salmonellen, SARS und HIV – und wischte mir damit Gesicht und Körper so weit ab, wie ich ihnerreichen konnte, ohne mir etwas zu zerren. Als Nächstes stöberte ich nach einem Päckchen, auf dem in großen, eisblauen Buchstaben stand:
Kein Zähneputzen mehr nötig!
Ich wischte mit dem Tooth Towel meine einunddreißig Zähne ab und fuhr mit mit der anderen Seite des mit Zahnpasta imprägnierten Zellstoffs über meine pelzige Zunge. Das vierte Päckchen enthielt ein 10x15-cm-Rechteck aus Gaze, das mit SkinSoSoft imprägniert war, welches die hautaustrocknende Wirkung der Desinfektionsmittel neutralisierte. Ich riss ein frisches Flohhalsband mit neu entwickeltem, fortschrittlichem 3-in-1-Schutz von Hartz aus seiner Hülle und schlang es mir um das rechte Knie. Gliederfüßerstiche und Hämophilie vertragen sich nicht allzu gut. Ich knüllte den gesamten Abfall zusammen, steckte mir den Ball in eine Tasche, drehte den Ohrstöpsel in meinen linken Gehörgang und kroch durch die untere rechte Klappe der Zeltbahn.
»Möchten Sie ’ne Tasse?«, fragte Michael, zum Glück nicht über den Ohrstöpsel. Er, Lisuarte und Boy Commando saßen auf einem Zeltboden wie beim Picknick. No Way sah ich nicht, aber er hatte angekündigt, sich ein wenig umsehen zu wollen. Ich sagte danke, ich hätte schon Kaffee getrunken. Da es wie eine Einladung klang, hockte ich mich jedoch zu ihnen. Wir befanden uns im Schatten eines langen Gebäudes, das einmal die Westseite eines quadratischen Platzes mit fünfundzwanzig Metern Kantenlänge gewesen war und von dem Michael sagte, es habe wahrscheinlich zum Männerpalast der ixianischen Ozelotsippe gehört. Die anderen Gebäude waren mit Büschen bedeckt und sahen aus wie kleine Bodenwellen, und das Haus, in dem wir uns eingerichtet hatten, wäre vermutlich gar nicht zu sehen gewesen, hätten die ES -Leute den Eingang nicht freigelegt. Die Fläche, die einmal den Platz gebildet hatte, sah aus, als wäre vor einigen Jahren Mais darauf angebaut worden. Jetzt allerdings war sie mit Nesseln und Farnen überwachsen. Die ganze Anlage befand sich auf etwa halber Höhe eines ehemals terrassierten Berghangs, einen halben Kilometer aufwärts vom Fluss und etwa hundert Meter südlich der größten Pyramide an dieser Stätte – die der große Sylvanus Morley Hügel A genannt hatte und den wir nun, dank Fortschritten in der Inschriftenkunde, als mul der Ozelots kannten. Doch durch das üppige Blattwerk konnte manweder den Fluss sehen noch die mul oder – außer stellenweise – den Himmel.
Neben Michael stand eine große offene Otter-Box mit verpacktem Wackelpudding und Honig, Saftkartons und Maischips und Proteinriegeln und allem möglichen Zeug, und ich nahm mir einen halben Liter in Folie eingeschweißten Pappziegel mit Undine heraus, vermutlich das neueste, mit Positronen angereicherte All-Sport-Super-Wasser. Mein letztes Tütchen, das mit meinen vielen bunten Pillen und Vitaminen, hielt ich noch in der linken Hand, aber es gelang mir, den kleinen Mylarstreifen von der Oberseite des Kartons abzuziehen. Man hörte ein Zischen wie von einer Puffotter, als der kleine CO 2-Behälter in dem Karton seine Ladung verschoss und die Flüssigkeit darin augenblicklich auf klirrend kalte 0 ° C abkühlte. Ich schüttete mir meine Pillen in den Mund, trank, bemerkte, dass meine Hand am gefrorenen Kondenswasser auf
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