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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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mich für die Meeresbiologie. Ich verließ L. A. und zog nach Miami. Die Meeresbiologie gab ich rasch wieder auf, weil es mich zu sehr deprimierte, all die verschiedenen Sorten Giftmüll in den Wasserproben zu protokollieren. Ich beschloss, Biologie zu studieren und mich auf Chemosensation zu spezialisieren. Das Cellobauen gab ich wegen der Lacke, Firnisse und Klebstoffe auf. Dann beschloss ich, auf Olfaktologie umzusatteln. Auch das hängte ich rasch wieder an den Nagel, weil das Gebiet dermaßen industrialisiert war, dass man bei der Geschwindigkeit, mit der sich alles entwickelte, schon großes Glück haben musste, auch nur ein einziges brauchbares Duftstoffmolekül zu finden. Ich beschloss, den Naturwissenschaften den Rücken zu kehren und einen Roman zu schreiben. Ich zog nach Williamsburg in Brooklyn. Ich schrieb ein paar Artikel über Computerspiele und dergleichen für Zeitschriften wie Wired , Artforum und sogar Harper’s Bazaar . Der Redakteur erklärte mir, ein flotter, respektloser Ton sei Pflicht. Ich zog herum, trank Single-Malt-Whisky und riss Mädchen für Dummies auf. Diese Phase hielt nicht lange an. Ich begann, im Internet mit Optionen zu handeln. Die Idee, Romanautor zu werden, gab ich auf, denn als ich mehr über dieses Gebiet lernte, stellte sich heraus, dass selbst hier und heute von Romanautoren erwartet wurde, sich mit einer recht schmalen Bandbreite von Themen zu befassen. Man sollte sich für bestimmte Dinge interessieren, sagen wir, Gefühle, Motive, Selbstdarstellung, Beziehungen, Familien, Liebe, Verlust, Liebe und Verlust, Geschlechterfragen, Rassenfragen, Erlösung, Frauen, Männer, Frauen und Männer, Identität, Politik, die Politik der Identität, Schriftsteller, Brooklyn, in Brooklyn lebende Schriftsteller, Leser, die sich wünschten, sie wären in Brooklyn lebende Schriftsteller, das Ich, den Anderen, das Ich gegen den Anderen, die akademische Welt, den Postkolonialismus, das Aufwachsen, die Vorstädte, die Siebzigerjahre, die Achtzigerjahre, die Neunzigerjahre, das Aufwachsen in den Vorstädten der Siebzigerjahre, Achtzigerjahre oder Neunzigerjahre, Persönlichkeit, Orte, Menschen, Menschen, die Menschen brauchen, Charakter, Charaktere, das Innenleben der Charaktere, Leben, Tod, Gesellschaft, das Menschsein und wahrscheinlich auch für Irland. Und natürlich interessieren mich all diese Dinge genau null. Wer möchte denn etwas über das Innenleben von Romanfiguren lesen? Ich interessiere mich nicht einmal für mein eigenes Innenleben. Ich beschloss, professioneller Pokerspieler – genauer, Texas-Hold’em- Spieler – zu werden. Ich zog nach Reno, Nevada. Damals saßen so viele Fische an den Tischen, dass fast jeder, der zu zählen verstand, Geld verdienen konnte. Ich verdiente ein bisschen Geld. Ich stellte ein paar Berechnungen für Casinos in den Indianerreservaten von Utah, Arizona und Florida an und fand ein paar neue Methoden, dem weißen Mann das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ich verdiente mehr Geld. Ich gab die Idee mit dem Profi-Poker wieder auf, weil der Optionenhandel mir bereits mehr Geld einbrachte, als ich es an Spieltischen online oder in der wirklichen Welt je gewinnen könnte, und ich hatte es dabei viel weniger mit Menschen zu tun. Meine Kolumne im Magazin Strategy schrieb ich aus purer Gefühlsduselei weiter. Ich verdiente noch etwas mehr Geld.
    Geld. Richtig. Das sollte ich wohl erwähnen.
    Bis 2001 hatte ich genügend Geld, um zu tun, was ich wollte, solange es mir nichts ausmachte, meine Jacken von der Stange zu kaufen. Ich spürte No Way auf, meinen cuate víejo aus T’ozal – der noch immer zu der Widerstandgruppe Enero 31 gehörte, die nach dem Waffenstillstand von ’96 in den Untergrund gegangen war –, und verbrachte vier Jahre in Guatemala. Ich arbeitete für seine Freunde bei den »Dörfern in Widerstand« und versuchte im Stillen herauszufinden (todo por mi culpa) , was aus meinen Eltern geworden war. Außerdem zog ich herum und befragte viele Sonnenaddierer zum Spiel. Ich kam zu dem Schluss, dass Taros Leute recht hatten: Es musste eine komplette, komplexere Version des Opferspiels gegeben haben, doch heute war es nur noch eine undeutliche kollektive Erinnerung. Die meisten alten h’menob benutzten die gleiche, stark gekürzte Version und arbeiteten selbst dann hauptsächlich vom Instinkt geleitet, ähnlich wie Alzheimer-Patienten, die kein Duplicate Bridge mehr spielen können, aber noch immer Spaß haben am Go Fish, wo sie Pärchen

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