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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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natürlich sollte ich niemandem in die Augen sehen.
    12-Kaimans Kantor sang ein Begrüßungslied. Ein Herold sprang ins Wasser und überreichte dem Diener des weißgesichtigen Kerls ein rotes Bündel aus Tabak, Jade und Schokoladenpulver.
    Schweigen senkte sich herab. Im Laufe der Jahre hatte Ix in einem Krieg, der nur ein Faden im ewigen Netz der Rache war, unter dem die Welt stillstand, Hunderte Geblüte an diese Leute verloren. Wenigstens war es ein begrenzter Konflikt, ein personenbezogener Krieg ohne Generalmobilmachung. Wenn Sie dabei gewesen wären, hätten Sie sich eher sorgen müssen, ob jemand geschworen hätte, Sie zu kriegen, Sie ganz gezielt, oder ob Sie irgendwohin gegangen wären, wo Sie nichts zu suchen hatten. So, als ob am helllichten Tage Banden durch die Stadt streiften und jeder die Straßenseite wechselte, um der anderen auszuweichen. Man könnte auch sagen, dass es wie im Nahen Osten war, wo ständig ein Krieg im Gange sein kann oder vielmehr im Gange ist und trotzdem Verkehrsflüge ganz normal starten und landen, reihenweise Touristenbusse ins Land kommen und überall im Kampfgebiet Zivilisten herumlaufen.
    Die Wasserwege jedoch glichen Kirchen, ebenso die Marktplätze und Börsen. Sie waren seit tausend Jahren die einzigen echten öffentlichen Orte. Auf dem Wasser stand man unter dem Schutz der Jadehexe, die zur Zeit der dritten Sonne, bevor 7-Ara kam, das Flussbett gegraben hatte. Ein Angriff auf dem Fluss war so selten und so verachtenswert wie der Angriff der Pazzi auf Giuliano de’ Medici im Duomo. Wer hier eine Gewalttat unternahm, lief Gefahr, zerrissen zu werden, und zwar nicht nur von den wachsamen Einheimischen, sondern auch von den eigenen Leuten. Außerdem ist das Klischee, wonach der Besuch in einem traditionellen Dorf dasselbe ist, als würde man ein fremdes Wohnzimmer betreten, absolut wahr. Hier war man überall jemandes Gast, und man war zusammen mit dem Gastgeber in ein Netz gegenseitiger Gastlichkeit eingebunden. Anstatt Pässe, Bestechungs- und Fahrgelder gab man Geschenke und bekam seinerseits billigere Geschenke. Und wenn die Geschenke nicht gut genug waren oder man irgendwelchen Ärger machte, merkten sich die Leute das, und es fiel später und irgendwie schlimmer auf einen zurück.
    Schließlich sang jemand in einem der Jaguar-Boote die Antistrophe des Begrüßungsliedes, und ein anderer gab uns ein Bündel mit irgendeinem Plunder, und weg waren wir.
    »Er hat dich angesehen«, berichtete mir Hun Xoc mit unbewegten Lippen wie ein Bauchredner. Sobald wir außer Sicht waren, ließ er mich eine leichte Maske aufsetzen, und meine fünf Doppelgänger taten dasselbe. Dass wir mit einer Maske herumliefen, kommt Ihnen sicher komisch vor. Aber Tatsache ist, dass in Europa bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein Masken getragen wurden. Männer und Frauen trugen sie auf Reisen, teils wegen des Straßenstaubs und teils, um sich wie heute mit Atemschutzmasken vor Krankheiten zu schützen, aber hauptsächlich, um nicht belästigt zu werden. Selbst in den Vereinigten Staaten trugen Frauen noch bis in die Fünfzigerjahre hinein Hüte mit Schleier. Das ist gar nicht so extravagant. Übrigens ging es bei den Maya gar nicht um Tarnung. Wenn man sich eine Maske aufsetzte, hieß das nicht, dass man etwas verbarg, sondern dass man das Wesen, das die Maske darstellte, verehrte oder sogar verkörperte. Die Maske machte einen erst zu dem, was man wirklich war.
    Für die Karawane lag die größte Gefahr nicht in einer Entdeckung, sondern in Trennung oder Überfall oder beidem zusammen, oder dass jemand etwas an einen Feind verriet, das irgendwann den Ozelots zu Ohren käme. Natürlich wussten alle Geblüte in der Karawane und auch ein paar Diener, dass Schakal am Ende der Hirschjagd nicht getötet worden war, aber man hatte ihnen zu verstehen gegeben, dass zwei der Seelen Schakals, wie man sie nennen könnte, sein Uay und sein geheimer Name, beim Exorzismus seinen Körper verlassen hätten. Jetzt gab es nur noch seinen Atem, und seine anderen Seelen waren durch meine ersetzt worden.
    Bezeichnenderweise hatte 2 JS die Situation als positive Entwicklung gesehen. 10-Skink war vom Berg des Harpyien-Hauses herabgekommen, ehe es die Zeit seiner Geburt war, um die Sippe zu warnen, dass sie in Gefahr sei, und um zu ihrem Erhalt beizutragen.
    Der Kopf unserer Nachhut wartete an der nächsten Portage. 12-Kaiman, 18-Toter-Regen und Hun Xoc sonderten sich ab und gingen zu ihm. Sie luden mich nicht ein

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