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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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müssen sich umschauen, wie es ein Beutetier tut, und in jedem Schatten ein Raubtier sehen. Und wenn Ihr Feld des Begreifens sich erweitert, fühlen Sie sich nicht etwa mächtiger, sondern Ihre Furcht nimmt zu. Sie wird zu einer Furcht nicht nur um Sie selbst, sondern auch um Ihre Mitbeutetiere, die Angehörigen Ihrer Herde, die Sie nun überall um sich erblicken und die unzählbar zahlreich sind. Statt Fluchtwege zu entdecken, begreifen Sie, wie viele Beutetiere Sie umgeben und wie weit es zu irgendeiner sicheren Zuflucht ist. Sie müssen erkennen, wie unwahrscheinlich und zufällig es ist, dass Sie ein Bewusstsein entwickelt haben, und je weiter Sie diese Leiter erklimmen, desto mehr verstärkt sich das Gefühl der Dürftigkeit. Sie sehen mehr von der Gegenwart und mehr von der Vergangenheit, sogar etwas von der Zukunft, und dann mehr mögliche Zukünfte und mögliche Vergangenheiten – all die Billiarden Male, wo Sie nicht geboren wurden, zum Beispiel –, und dann sogar Gegenwarten, die den Tatsachen widersprechen, nichtexistente Zukünfte und unmögliche Welten, Universen, in denen zwei plus zwei gleich eins ist, oder sogar, wo zwei plus zwei gleich, sagen wir, Pampelmuse ist. Und das ist nicht faszinierend. Es ist Furcht einflößend.
    Aber wenn Sie diesen Schwindel überstehen, dann fallen Ihnen ein paar Regelmäßigkeiten auf. Ich minimierte das Spielbrettfenster an der Videowand und warf einen Blick auf die scrollenden Schwärme nicht umgesetzter Information. Im Augenblick ging LEON Daten durch, die mit Menschen gleichen Namens zusammenhingen, und vergewisserte sich, dass sie mit der korrekten Einzelperson verknüpft waren. Und mit Daten meine ich alle Daten – Berufe, Stammbäume, Bekanntenkreis online und im wirklichen Leben, Einträge bei Kreditsicherungsgesellschaften, Käufe, Schulakten, Geburtstage, Fotos, offen erklärte und aus dem Profil gefolgerte Hobbys, Browser-Chroniken, Haplotyp-Abschätzungen, Querverweise, medizinische Daten … ein Iguaçu an Tatsachen, Beinahe-Tatsachen und Lügen in jeder Spracheder Erde, ob sie von Mensch oder Maschine stammte. Ich erblickte das Nächstverfügbare zu dem, was Gott sehen würde, aus größerer Nähe, als Google es sieht, denn was Google sieht, wird davon bestimmt, was all die nicht sonderlich hellen menschlichen Wesen suchen. Jedes wirklich sinnvolle Data-Mining muss erheblich selektiver vorgehen. Man muss sich konzentrieren. Damit meine ich nicht die Konzentration auf irgendeine kleine Einzelheit wie in einer Wortsuche. Eher wäre es mit diesen Magisches-Auge- Bildern zu vergleichen, wo man auf einen Punkt hinter der Ebene aus Papier schauen muss, und wenn man sich von den kleinen Kritzeln nicht ablenken lässt, sieht man allmählich einen Umriss – oder vielleicht ist es genauer, wenn man ihn einen Raum nennt und keinen Umriss, denn man sieht wirklich nur den Raum, und das heißt, wenn man nur ein Auge benutzt, sieht man es gar nicht. Schafft man es, die Konzentration auf diesen Umriss aufrechtzuerhalten, wächst er im optischen Rauschen zusammen, wird runder und tiefer und glatter, und irgendwann begreift man dann, was es ist. Als das Tzam lic in mein Nervensystem strömte, war es für mich, als öffnete ich langsam mein zweites Auge, und könnte im Osten allmählich einen Umriss ausmachen. Die Muskeln meiner Iriden stellten sich langsam ein auf etwas hinter dem Katarakt aus Namen und Daten und Anzahlen und all den anderen Trillionen Stäubchen aus Müll, die unsere monströse Welt bilden, und ich konnte beinahe erkennen, was es war, etwas, das aus all diesen Dingen bestand und dann doch wieder nicht, etwas Schreckliches, das vor mir drohte.



(68)
    LEON zog. Ich zog. Er zog. Ich zog zu dem Umriss hin. Mir kam es vor, als könnte es sich um eine eingestürzte Pyramide handeln oder einen erloschenen Vulkan, doch es war stark erodiert, von Rissen durchzogen und voller Schutt. Knapp unterhalb der Spitze war etwas Ungewöhnliches zu sehen, ein Höcker wie eine gigantische Warze. LEON zog.
    Hmm.
    Ich zog, stapfte durch den Datenblizzard. So viel Rauschen und so wenig Signal, dachte ich. Wie ein verschneites Fernsehbild direkt in den Augen. Er zog. Hmm. So nicht. So auch nicht. Mir fiel es immer schwerer, meinen Weg zu finden. Immer weniger feste Stellen gab es im Sumpf. Ich zog.
    Er zog. Hypothetische Züge erschienen klar und deutlich vor mir und verschwanden wieder. Ich zog. Mittlerweile erschien es mir, als stiege ich hohe, ungleichmäßige,

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