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2012 – Das Ende aller Zeiten

2012 – Das Ende aller Zeiten

Titel: 2012 – Das Ende aller Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian D’Amato
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sich mädchenhafte Gedanken um das eigene Überleben zu machen.
    Wir hörten wieder die Stimme des Einsatzleiters.
    »…nus zwanzig Sekunden«, sagte er. »Alles klar?«
    In unserem Konferenzzimmer war es still. Aus Anas Lautsprecher war zu hören, dass in ihrem Anhänger ebenfalls alles schwieg. In den Videofenstern wirkte 820 Marguerite Avenue wie das Sinnbild des irdischen Friedens. Jemand hatte einen Audiokanal zu einem der Parabolmikrofone auf der Straße geschaltet, und man hörte gurrende Tauben und einen leisen Wind in den kahlen Ästen, sonst nichts.
    »Halt, abwarten«, sagte der Einsatzleiter. »Countdown wird unterbrochen.«
    Stille breitete sich aus. Zu Anfang war sie unangenehm und wurde noch unangenehmer, dann unerträglich. Ringsum regten sich die Leute. Ich roch Schweiß. Neben mir hörte ich ein eigentümliches leises Geräusch und bemerkte, dass A 2 die Zähne klapperten. Sollte ich einen Arm um sie legen? Nein, lass es. Wenn sie jetzt von irgendetwas berührt wird, bekommt sie wahrscheinlich einen Herzanfall.
    »Fenster sechs«, sagte Ana. »Nichts Schlimmes, nur eine Nachbarin.« Ihr Cursor wies auf jemanden mit viel aufgeplustertem rotem Haar in grauem Bademantel. Die Frau kam aus Nummer 814, dem Haus nebenan. Auf wackligen Beinen ging sie zu ihrem Auto, das wie immer in der Garagenauffahrt parkte, öffnete langsam und bedächtig die Tür, suchte auf dem Vordersitz nach etwas, fand es nicht und trippelte auf die Fahrerseite. Ich glaubte, ich würde mir den eigenen Skalp abreißen. Zwölf Sekunden vor dem für die Erde entscheidendsten Augenblick seit dem Chicxulub-Meteoriten, und wir mussten abwarten, dass Endora ihr Dulcolax fand. Die alte Dame öffnete die Fahrertür, entdeckte, wonach immer sie suchte, nahm es, schloss die Tür und schlurfte in ihren Plüschpantoffeln zurück zum Haus. Mittlerweile war ich sicher, dass jemand von uns vor Anspannung kotzen müssteoder die Kontrolle über seine / ihre Schließmuskeln verlor oder zumindest in Ohnmacht fiele. Doch niemand erfüllte meine Prognose. Wahrscheinlich waren wir eben doch alle hammerhart. Oder hatten hinreichend Medikamente genommen.
    Ganz allmählich schloss sich die Tür von Nummer 814.
    »Also gut«, sagte die Stimme des Einsatzleiters. Sogar er klang ein wenig zittrig. »Jeder noch auf Position? Okay. Wir gehen zurück auf T minus zwanzig Sekunden.«
    Ein Tropfen irgendwas fiel mir auf die Wange, und ich bemerkte, dass es Schweiß von meiner Stirn war. Ich wischte mir das Gesicht mit dem Jackenärmel ab – es war die graue Varvatos, die ich angehabt hatte, als ich mit Marena und Max nach Florida gefahren war, vor siebzig Millionen Jahren –, nahm den Hut vom Kopf, fuhr mir mit der Hand durchs Haar, das immer noch nicht nachgewachsen war, und setzte den Hut wieder auf. Puh. De todos modos.
    »Sieben, sechs«, sagte der Einsatzleiter. »Bereit. Drei, zwo, los!«
    Auf Fenster 5 überquerten die zehn Angehörigen der Elemente A und B den Rasen wie die Schatten von Krähen, die das Dach überflogen. Sie schienen passende Schlüssel für beide Türen zu haben, denn diese öffneten sich ohne jedes Geräusch, das wir gehört hätten – und dann waren die Elemente auch schon drinnen. Sie brauchten vier Sekunden, um den Hausflur zu durchqueren, in Wohn- und Esszimmer auszuschwärmen und die mit Acryl ausgelegte Treppe hinaufzustürmen. Eine Helmkamera erhaschte einen Blick auf Fotos in goldfarbigen Plastikrahmen an der Wand, alte Schulabschlüsse, noch ältere Hochzeiten und Madison, wie er auf der Grundschule einen Naturkundepreis einheimste. Normalerweise machen Sondereinsatzkommandos so viel Lärm wie möglich beim Zugriff, doch bei dieser Razzia waren sie angewiesen worden, davon auszugehen, dass Madison bereits einen Finger am Zünder hatte. Deshalb hörte man nur das Knarren der Dielen und das Röcheln des alten Kühlschranks in der Küche, sah zuckende Schatten, als wäre das Haus eine große Voliere, und alle Krähen flögen zu ihren kleinen Nestern. Stürmer brachen gleichzeitig in alle drei Zimmer des Obergeschosses. O Himmel! Ein Gesicht. Ein entsetzliches, reißzahnbewehrtes Raubtiergesicht, das uns aus Helmkamera 6ansprang. Ringsum schnappten die Leute nach Luft, und ausgerechnet Lisuarte zuckte zurück. Es war eine der Kampfkatzen der Czerwicks. Sie verschwand aus dem Bild. Als wir den Schrecken verdaut hatten, sahen wir über anderen Helmkameras von Element A, dass Mom und Pop sanft im Bett festgehalten wurden. Ein

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