2012 – Das Ende aller Zeiten
spricht Alexander Marning aus dem CNN All-Media News Center in Atlanta. Danke, dass Sie zugeschaltet haben«, sagte jemand, der Alexander Marning hieß. Er hielt kurz inne. »Das Grauen von Disney World markiert mit Sicherheit die seit vielen Jahrzehnten schwierigste Periode im Südosten und lässt auf der ganzen Welt die Gemüter überkochen. Die Katastrophe hat jedoch nicht nur den Einwohnern Floridas einen hohen emotionalen Preis abverlangt, sondern auch den Reportern, die über die Ereignisse berichten. Brent Warshowsky wird uns mehr darüber erzählen. Brent?«
Statt Brent kennenzulernen, ging ich auf C-SPAN .
DISNEY-WORLD-ZWISCHENFALL WAR STILLE ›SCHMUTZIGE BOMBE‹, SAGT FEMA-FORSCHER
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meldete die Schlagzeile. Diese Octavia Quentin war wieder zu sehen und sagte aus. Diesmal stand sie vor einem Senatsausschuss. Sie kam voran in der Welt.
»… forensische Analyse, dass die Freisetzung grob am Mittag des 28. erfolgt sein muss«, sagte sie. »Und es ist richtig, dass die Partikel eine Weile in der Luft schwebten, aber sie sind sehr schwer und durch ihre spezielle Beschichtung auch recht klebrig. Trotz der hohen Radioaktivität im Sperrgebiet nehmen wir an, dass in den kommenden Monaten nur sehr wenige Teilchen durch Windtransport entkommen werden.«
»Aber im ablaufenden Wasser werden auch Teilchen transportiert, ist das richtig?«, fragte eine Stimme, die klang, als gehöre sie Dianne Feinstein.
»Ja, das stimmt«, antwortete Quentin, »soweit es das aus den Seen abfließende Wasser betrifft, wird es eine großflächige Ausbreitung …«
Ich halte das nicht mehr aus, dachte ich. Ich schaltete ab und riskierte wieder einen Blick auf Marena. Sie kritzelte noch immer auf ihrem Netphone herum. Ich beugte mich näher, um einen Blick auf ihren Bildschirm zu erhaschen. Sie skizzierte eine kunstvolle architektonische Fantasie mit spiegelnden Teichen und einer reich verzierten Pyramide im Hintergrund. Nachdem sie die Pyramide mit roten und rosa Streifen versehen hatte, schien sie frustriert gewesen zu sein undhatte sich darangemacht, eine Reihe von nackten Pilgern zu malen, die auf riesigen flügellosen Vögeln durch den Vordergrund zogen. Sie sah mich an.
»Tut mir leid«, sagte ich. »Ich sollte nicht schnüffeln. Ich hatte …«
»Schon gut«, sagte sie ein wenig zu laut. Sie nahm die Kopfhörer ab.
»Sie können wirklich toll zeichnen.« Klang das etwa zu gut aufgelegt für die Begleitumstände? Wie lange muss man nach einer großen Tragödie abwarten, ehe man wieder lachen darf? Andere Menschen scheinen einen Instinkt dafür zu besitzen, aber ich trete stets ins Fettnäpfchen. Es ist beinahe so, als würde ich auf einer Beerdigung die ganze Zeit lachen. Oder auf einer Party sterben.
»Danke«, sagte Marena in einem Tonfall wie ein Schulterzucken.
»Nein, im Ernst. Ist das eine Szene aus Neo - Teo II? «
»Ja.«
»Es ist seltsam, dass Sie eine echte Künstlerin sind.«
»Wieso?«
»Na ja, seltsam ist nicht das richtige Wort, es ist nur …«
»Was?«
»Wie kam es, dass Sie sich dafür interessieren?«
»Wofür? Für das Opferspiel?«
»Ja.« Hoppla, lass das bloß sein.
»Ich habe mich immer für Spiele interessiert.«
»Hmm.«
»Und Lindsay finanziert Taro schon seit Ewigkeiten«, fuhr sie fort. »Als Neo - Teo gut lief, fand Lindsay, dass ich mir den anderen Spielekram, mit dem sie sich beschäftigten, ruhig mal anschauen sollte.«
»Okay, aber das Opferspiel ist keine Unterhaltung.«
»Das nicht, aber es könnte Teil von etwas Unterhaltendem werden. Oder anders ausgedrückt, etwas Unterhaltendes könnte eine Möglichkeit werden, etwas wie das Opferspiel zu implementieren … oder zu realisieren.«
»Das war jetzt zu schnell«, sagte ich.
»Nun, wie ich es sehe, durchläuft die Geschichte verschiedene Zustände. Seit dem 18. Jahrhundert hat das Naturwissenschaftliche das Religiöse als wichtigstes Paradigma der Welt verdrängt. Und ichglaube, dass jetzt, im 21. Jahrhundert, die klassische naturwissenschaftliche Sichtweise in eine spieltheoretische Sichtweise übergeht.«
»Hm.«
»Spiele sind eine Art dritter Kategorie. Sie liegen zwischen Kunst und Wissenschaft. Dennoch sind sie nicht nur eine Mischung von beidem.«
»Das klingt richtig«, sagte ich. »Ich meine, ich habe es selbst groß mit Spielen …«
»Genau. Aber ich will auf etwas anderes hinaus: Es gibt viele Menschen, die die ganze Zeit spielen. Bis das Spielen fast alles andere ausschließt.«
»Ja, stimmt. Das
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