2012 - Die Neue USO
größten - wenn auch berüchtigtsten - Sehenswürdigkeiten von Orbana und ..."
„Laß es gut sein. Wir wissen es!"
„Ich sagte es ja: Kunstbanause", grollte Sonthrax, beendete aber das Zitat und sah sich genau wie ich um. Entlang der Rundtheke reihte sich Hocker an Hocker. Ich grüßte Frauen und Männer, die, durchaus eine Rarität, als menschliche Bedienungen in der Folterkammer arbeiteten. Herzliche Begrüßungen, die mich sofort ins Ambiente einbezogen, flössen mir virtuell entgegen. Icons erschienen am Rand meines Blickfelds und verschwanden wieder.
Sechs große Freiflächen waren rund um den Zentralbereich gruppiert - nutzbar für Tanz und sonstige Darbietungen von mehr oder weniger starker Extravaganz -, und kurze Treppen und Rampen verbanden verschiedene Raumebenen mit ihren gemütlichen Sitzgruppen aus fester Materie. Frei projizierte Möbel aus plastischer Energie wurden erst bei Hochbetrieb herangezogen und schufen dann flirrende Spinnennetze bis zur Decke. „Ob mal jemand eine Thekenrunde schafft?" überlegte Sonthy halblaut. Seine Fasern verknoteten sich erwartungsvoll.
Ich schüttelte mich. „Hundertfünfzig Meter? Bist du närrisch? Sogar Umweltangepaßte vertragen übermäßige Alkoholmengen nur dank ihrer überragenden Konstitution - und die schließt du sicher aus bei deiner Idee, oder?"
Er lachte dröhnend.
Ich sah nach oben: Filter, Polarisatoren, Prismen, Leitfasern und Kraftfelder veränderten das durch die Decke fallende Licht der thermonuklearen Ballung und konnten die Folterkammer in einen schimmernden Sonnenpalast verwandeln, dessen Formen, Farben und Gestaltungen dem Rhythmus der Musik angepaßt waren. Kraftfeldmembranen der Akustikfelder sorgten überall für optimale Klangqualität. „Sytam schwebt ein!" Sonthrax lenkte meine Aufmerksamkeit nach links, von wo sich die Dreiviertelkugel näherte. Hildaal Sytarn steuerte mit ihr sämtliche Funktionen, die Musik und Lichtspiel betrafen. „Hallo, Arto", grüßte der Turm-Moderator und Hobbydichter. „Herzlichen Glückwunsch!"
„Hallo, Sytam." Ich hob den Arm. „Man dankt."
Sonthrax' schrecklicher Baß dröhnte: „Und ich? Wo bleibt meine Begrüßung?"
Sytarn verdrehte ein Auge und seufzte abgrundtief in der Ahnung von Unheil; sein Gesicht wurde düstergraugrün und verzog sich mißmutig. „Nein, nicht du! Nicht schon wieder! Keinen Quidal-Tanz heute, ja?"
Sonthrax korrigierte laut: „Quirilianischer Pflanzentanz!"
„Bei Shabazza, dem Untoten Gestalter, von mir aus auch dieses. Hallöchen, Sonthy, alter Nervtöter. Verrätst du mir heute, welches Herbizid dir die Blüte abfallen läßt?"
Sonthrax kreischte empört, sprang von meiner Schulter und verschwand Richtung Rundtheke.
Sytam lachte verhalten; die Schwebeblase, im Turm-Jargon „Schießbude" genannt, schwankte leicht. Der Pflanze nachblickend, sagte der Moderator ironisch: „Der hat es aber eilig, an die Quelle zu kommen."
„Ich vergaß, ihn heute morgen zu gießen."
Er lachte noch lauter. Anschließend schielte er mit einem Auge nach dem über dem holographischen Steuerpult schwebenden Glas: Es war leer. „Keine Angst", sagte ich lächelnd. „Du wirst nicht übersehen, Alter."
Er nickte beruhigt und erkundigte sich mit Verschwörermiene: „Hast du die Übertragung im Trivid gesehen? Tolles Spektakel, nicht wahr? Die Kommentatoren sparten nicht mit Lob."
„Nein."
„Mußt du unbedingt ansehen! Ich habe es gespeichert."
Ich sagte sarkastisch: „Hey, du Troll - vielleicht hab' ich teilgenommen und sogar gewonnen?"
„Oh." Sytarn gab sich zerknirscht. „Habe ich glatt vergessen."
Der Manoler besaß eine nur hundertvierzehn Zentimeter kleine hominide Gestalt, diese war allerdings mit vier Armen ausgestattet, und einen verschrumpelt aussehenden Kopf. Soweit es nicht von der Kutte verdeckt wurde, war das fahle Grün der Haut zu erkennen. „Sind die anderen schon eingetrudelt?"
„Nein. Du bist der erste. Entwickelst du diesbezüglich ... hm, besonderen Ehrgeiz?"
„Bestimmt nicht", sagte ich grimmig. „Heute werde ich als letzter gehen! Ehrenwort."
Ein Stoßseufzer blieb die einzige Entgegnung. Sytarn konzentrierte sich kurz und gab der Turm-Maschinerie neue Befehle. Fahle Lichtblitze, blau und türkis, huschten im Sekundentakt über die Decke. Verästelungen züngelten auf mich zu.
Und während sich die Blitze zum goldenen Flammenlohen vereinten, erklang die mildorische Siegeshymne, in die hinein Hildaal Sytarns Botschaft schmetterte:
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