2012- Die Rückkehr
endet abrupt, und plötzlich stehen sie auf einer schneebedeckten Bergspitze. Die Gipfel des Himalaja ziehen sich in alle Richtungen und scheinen sogar die Unendlichkeit auszufüllen. Als Immanuel von der letzten Stufe in eine gut einen Meter hohe Schneewehe tritt, verschwindet der steinerne Korridor hinter ihm unter der Tarnprojektion des gewaltigen holografischen Trainingsgeländes.
»Mann, ist das kalt!« Immanuels Augen füllen sich mit Tränen, sein Atem kondensiert in der Luft. »Okay, was nun? Ich hoffe, ihr Jungs habt irgendwo eine Ski-Lodge eingerichtet, denn meine Eier sind jetzt schon blau gefroren.«
Chong ignoriert ihn und stapft durch den kniehohen Schnee über den Gipfel.
Immanuel folgt ihm schwer atmend; seine Füße fühlen sich bereits taub an. Einige Minuten später erreichen sie den Eingang einer Höhle.
Davor sitzt Jacob in Lotusposition im Schnee. Sein Oberkörper ist nackt. Er trägt nur seine schwarze Kung-Fu-Hose. Seine Augen sind geschlossen.
Die Haut über den wie gemeißelt wirkenden Muskeln schimmert in einem gesunden Rosa.
»Ist er irre? Vergessen Sie meine Frage - das war er ja schon immer.« Immanuel klappert mit den Zähnen. »Wecken Sie ihn auf, bevor er erfriert. Hier draußen … äh … hier drin dürfte es unter null Grad haben.«
»Wenn man den Windchill-Faktor einrechnet, sind es etwa minus achtundzwanzig Grad Celsius. Berühren Sie seine Haut.«
Immanuel streckt die Hand aus und fasst seinen Bruder bei der Schulter - die, wie er schockiert feststellen muss, warm, ja sogar fast heiß ist. »Er brennt vor Fieber!«
»Das ist kein Fieber. Oder jedenfalls keines, das von einer Krankheit hervorgerufen wird.«
»Das verstehe ich nicht. Wie lange ist er schon hier draußen?«
»Knapp vier Stunden.«
»Vier Stunden. Wie …«
»Es handelt sich um eine Form der Meditation, die wir Ta Mu nennen und die uns von unserem Shaolin-Weisen gelehrt wurde. Indem wir die Lebenskraft, das Chi , nutzen, können wir die Funktion unserer inneren Organe beeinflussen und die Betawellen unseres Gehirns durch Alphawellen ersetzen. Jacob hat die innere Temperatur seines Körpers erhöht, um die extreme Kälte zu kompensieren. Versuchen Sie nun, den Puls Ihres Bruders zu finden.«
Der dunkelhaarige Zwilling berührt den unbedeckten Hals seines Bruders, spürt aber nichts. Er beugt sich hinab und drückt sein halb erfrorenes Ohr an Jacobs nackte Brust, und die warme Haut wärmt seine Wange. »Ich höre keinen Herzschlag. Er ist im Nexus, nicht wahr?«
»Nein. Dieser Teil seines Trainings bereitet ihn nur auf den Nexus vor. Dadurch wird es ihm möglich, mit Ihrem Vater zu kommunizieren.«
»Haben Sie ihm das beigebracht?«
»Ja, aber nicht einmal mein eigener Meister war so begabt. Wenn Jacob sich auf diese Weise konzentriert, sind seine Alphawellen mit der üblichen Skala nicht mehr zu messen.«
Noch immer klappert Immanuel mit den Zähnen. »Was ist … mit mir?«
»Finden wir’s raus. Ziehen Sie Ihre Jacke aus und setzen Sie sich vor Ihren Bruder.«
Zögernd zieht Immanuel sein Oberteil aus und lässt sich in den Lotussitz nieder. Als habe sie nur darauf gewartet, bläst eine eisige Windbö über den Gipfel des holografischen Berges und brennt sich mit ihrer ganzen Kälte in sein nacktes Fleisch.
»Verdammt!«
»Ignorieren Sie die Kälte und schließen Sie die Augen. Stellen Sie sich vor, dass sich kleine Röhren durch Ihren Brustkorb ziehen. Diese Röhren sind so heiß, dass sie rot glühen. Behalten Sie diese Röhren vor Ihrem geistigen Auge. Fühlen Sie, wie die Wärme sich durch Ihre ganze Brust hinweg ausbreitet. Fühlen Sie, wie die Hitze in Ihre Arme und Beine, in Ihre Hand- und Fußgelenke strömt und Ihre Finger und Zehen erfüllt. Atmen Sie langsam durch die Nase ein … und sanft durch den Mund aus. Jeder ruhige Atemzug schürt die heißen Kohlen, die die Röhren erhitzen. Entspannen Sie sich in dieser Wärme.«
Immanuel lässt diese Bilder auf sich einwirken. Seine angespannten Muskeln lockern sich. Er zittert nicht mehr.
»Gut. Sehr gut. Ich werde Ihnen jetzt ein Tuch um die Schultern legen. Dieses Tuch wird sich nass anfühlen. Ich will, dass Sie sich darauf konzentrieren, wie die Hitze aus den Röhren durch Ihren Körper in das nasse Tuch aufsteigt.«
Der Tibeter geht in die Höhle. Darin steht ein Holzfass, das mit Eiswasser gefüllt ist. Er greift hinein, fischt ein Bettlaken heraus, wringt es aus und legt es um Immanuels nackte Schultern.
Manny reißt die
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