Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis

2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis

Titel: 2012 - Folge 3 - Tödliches Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei
Vom Netzwerk:
hereinfluten. Staub flirrte in den schräg einfallenden Lichtbahnen. Sie leckten über die Tischkante, brachen sich glitzernd auf einem handbreiten Streifen der Intarsienplatte …
    … und versickerten der Schwärze, die schwer über dem Tisch lastete. Ein Dunkelfeld! Pechschwarz im Zentrum und nach außen hin heller werdend. Das Licht der Sonne schien gegen die Dunkelheit anzukämpfen – bis es nach etwa zwanzig Zentimetern den Kampf verlor.
    Eigentlich ein falscher Eindruck, ging es Ericson durch den Kopf. Das Licht hört nicht auf zu existieren – die Lichtteilchen werden verschluckt. Von etwas, das unsichtbar bleibt.
    Denn dort in der Mitte war – nichts.
    Anders ließ es sich nicht beschreiben.
    Eine Art Schwarzes Loch, aber ohne Gravitation, das jegliche Helligkeit an sich riss und nicht wieder freigab.
    »Es kann einem schon Angst machen – besonders, wenn man nicht auf den Anblick vorbereitet ist«, sagte Tirado. Er streckte einen Arm aus, bewegte die Hand langsam auf die Schwärze zu. Tom ging jetzt auf den Tisch zu, blieb erst unmittelbar davor stehen. Tirados Hand berührte die Schwärze und tauchte darin ein. Der Anwalt lächelte. Bis über den Ellenbogen verschwand sein Arm in dem Dunkelfeld, am Rand noch gut sichtbar, dann zunehmend von Schwäre überlagert. Deutlich war zu erkennen, dass er nach etwas tastete.
    »Es ist so gut wie gewichtslos … Können Sie sein Aussehen beschreiben, Mister Ericson?«
    Aussehen? Man sah gar nichts. Aber natürlich konnte man es ertasten.
    »Nicht besonders groß …«, begann Tom vage.
    »Etwa so groß wie ein Gänseei, um genau zu sagen«, fuhr Víctor Javier fort. »Ich kann Ihnen aber nicht einmal sagen, ob es sich kalt anfühlt oder warm. Haben Sie eine Erklärung dafür?«
    »Ich bin Archäologe, kein Physiker.«
    »Ja, Sie sagen es treffend. Aber abgesehen davon, dass dieses Ding eine physikalische Unmöglichkeit ist, verblüfft mich vor allem die Form. Wussten Sie, dass es dreizehn gleichflächige Seiten hat? Das ist geometrisch unmöglich; eine Figur mit dieser Oberfläche kann es nicht geben.«
    »Vielleicht haben Sie sich verzählt …?«
    »Keineswegs«, behauptete Tirado. Er beugte sich ein wenig weiter vor. Bis zur Schulter verschwand sein Arm. Sekunden später erklang ein dumpfes Geräusch, als schlage Holz auf Holz. Gleichzeitig erlosch die Schwärze.
    Tom blickte auf eine hölzerne Schatulle, die mitten auf dem Tisch stand. Das dumpfe Geräusch war entstanden, als Tirado den Deckel über dem Artefakt geschlossen hatte. Man konnte das Dunkelfeld also abschirmen!
    Der Anwalt richtete sich wieder auf. »Glauben Sie mir, ich habe das Artefakt mehr als zwei Dutzend Mal vermessen – das Ergebnis blieb sich immer gleich. Und das macht mir, ehrlich gesagt, mehr Angst als die Schwärze, die es verbreitet. Wie kann man einen unmöglichen Körper ertasten? Auf Bildern wie denen von M. C. Escher ist das lösbar, die besitzen nur zwei Dimensionen … Sie können sich denken, worauf ich hinauswill?«
    Tom durchfuhr die Erkenntnis wie ein Schlag. »Sie meinen … es wäre ein vierdimensionales Objekt?«, stieß er hervor.
    Tirado zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht, denn es gibt keine Vergleichsmöglichkeit. Aber vielleicht erzeugt es nur deshalb ein Dunkelfeld, damit man nicht wahnsinnig wird, wenn man versucht, seine Form zu begreifen.« Er stützte sich schwer auf seinen Stock und fixierte Tom mit schräg gelegtem Kopf. »Sagen Sie mir, Mister Ericson: Was ist das für ein Ding? Woher stammt es wirklich? Das sind die Fragen, auf die ich mir eine Antwort von Ihnen erhoffe.«
    »Ich habe den Hinweis darauf in einer Ruine auf Yucatán gefunden«, sagte Tom tonlos, noch ganz unter dem Eindruck des Erlebten. »Die Maya müssen es einst gefunden haben – aber es stammt ganz sicher nicht von ihnen …« Er schmälte die Augen, als er etwas entdeckte, das unter der Schatulle lag. »Gehört diese Kladde zu dem Artefakt?«, fragte er überrascht.
    Tirado zog den zwei Finger dicken, offenbar handgebundenen Folianten unter dem Behältnis hervor. Der dicke, aus Leder gefertigte Einband war fleckig, deutlich abgegriffen. Die Seiten schienen nicht aus normalem Papier zu sein, eher aus einer Art Pergament.
    »Sie dürfen sich das ruhig ansehen«, sagte der Anwalt. »Ich hoffe sogar, dass Sie mehr damit anzufangen wissen als ich.«
    Zögernd nahm Tom die Kladde an sich und blätterte darin. Dass Tirado ihn nicht aus den Augen ließ, entging ihm keineswegs. Der

Weitere Kostenlose Bücher