2012 Keine Panik (German Edition)
die Häuser wackeln und jagen uns einen ordentlichen Schrecken ein. Von ihnen gibt es jedes Jahr etwa 13.000, also fast 36 jeden Tag. Die Erde ist aber weitgehend unbewohnt (so überraschend dies für uns sein mag). Die allermeisten Erdbeben ereignen sich mitten im Ozean oder anderen menschenleeren Gegenden. Selbst wenn die Erde in besiedelten Regionen bebt, erfährt der Rest der Welt nur dann davon, wenn der Schaden groß ist und Menschen dabei zu Tode kamen. Als im Februar 2011 in Neuseeland die Erde mit einer Stärke von 6,3 bebte, starben fast zweihundert Menschen. Medien auf der ganzen Welt berichteten intensiv darüber. Wenige Wochen später gab es in Papua-Neuguinea sogar ein Beben der Stärke 6,5 – in unbewohntem Gebiet, niemand kam zu Schaden und außer ein paar Geophysikern hat sich kaum jemand dafür interessiert. Wenn wir beurteilen wollen, ob es heute mehr Erdbeben gibt als früher, dann dürfen wir uns nicht auf Informationen verlassen, die wir aus Zeitung und Fernsehen bekommen. Dort erfahren wir nur von den „interessanten“ Beben; den Beben, die schlimme Folgen haben. Alle anderen sind keine Nachricht wert. Sieht man sich hingegen die echten geophysikalischen Daten an, in denen alle gemessenen Beben verzeichnet sind, 25 dann wird klar, dass es keine Häufung gibt. Es kann zwar durchaus sein, dass es in solchen Statistiken bei schwächeren Beben einen leichten Anstieg der Häufigkeit gibt. Das liegt aber nicht daran, dass es immer mehr Beben gibt, sondern, dass wir immer mehr davon messen können, weil es immer bessere Messgeräte gibt, die an immer mehr Orten der Erde platziert werden. Es gibt also keinen Anstieg der Erdbebenhäufigkeit und damit auch keine Anzeichen für irgendeine kommende große Katastrophe.
Wenn aber die Daten zeigen, dass schwache genauso wie starke Erdbeben nicht häufiger werden, warum haben dann trotzdem viele Menschen diesen Eindruck, es wäre so? Ein Grund dafür ist sicher die Veränderung in der Berichterstattung. Wenn heute irgendwo auf der Welt eine Katastrophe passiert, dann sind wir live dabei. Dutzende Fernsehsender berichten direkt vor Ort und teilweise rund um die Uhr. Das Internet, vor allem Dienste wie Facebook und Twitter, bringen ständig neue Infoschnipsel in Echtzeit; wir können uns bei YouTube Minuten nach dem Ereignis die ersten Videos von Augenzeugen ansehen. Wir fühlen uns nicht mehr nur als passive Beobachter einer Katastrophe; wir fühlen uns selbst betroffen; wir können live mitverfolgen, wie sich die Dinge entwickeln; wir bekommen jede Spekulation sofort über unterschiedliche Nachrichtenkanäle übermittelt. Vor ein paar Jahren war die Situation eine völlig andere. Computer mit Internetzugang gibt es in fast jedem Haushalt erst seit wenigen Jahren. Nachrichtenverbreitung via Twitter ist noch jünger – aber so wie alle erfolgreichen neuen technischen Entwicklungen, werden sie für uns so schnell zum Alltag, dass wir uns kaum noch an die Zeit erinnern, als es anders war. Heute nicht sofort und live im Internet und Fernsehen informiert zu werden, wenn sich irgendwo eine Naturkatastrophe mit dramatischen Folgen ereignet, ist für uns kaum mehr vorstellbar – früher aber war das normal. Und genau diese Allgegenwärtigkeit der Information, das Unmittelbare und das „Mitten-Drin-Sein“ ist der Grund, warum wir einen viel stärkeren Bezug zu diesen Katastrophen aufbauen als es früher der Fall war. Auch die entlegensten Ereignisse „betreffen“ uns; und weil auf der Erde immer etwas passiert (Naturkatastrophen, Revolutionen, Kriege, Flugzeugabstürze, Unfälle, etc.), und wir dank Internet und Medien immer mittendrin stecken, beschleicht einen hin und wieder das Gefühl, es würde alles immer schlimmer und schlimmer werden. Wenn wir aber unsere subjektiven Eindrücke ausblenden, und uns auf die objektiven Daten konzentrieren, ist völlig klar, dass es heute nicht mehr Erdbeben gibt als früher.
Hinzu kommt: Es gibt auch gar keinen Grund, warum sich die Anzahl der Beben häufen sollte. Auch wenn einige Weltuntergangspropheten behaupten, der nahende Planet X oder eine besondere Planetenkonstellation ließe die Erde öfter beben. Aber wie wir in den vergangenen Kapiteln schon gesehen haben: Es existiert weder ein Planet X , noch hat die Position der Planeten irgendeinen Einfluss auf die Erdbebentätigkeit der Erde. So wie alle anderen Behauptungen der Weltuntergangspropheten sind auch die Aussagen über Polsprünge, Vulkanausbrüche oder
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