2012 - Schatten der Verdammnis
uns genauer anschauen.«
Die Barnacle verringert ihre Geschwindigkeit und bleibt über einem dunklen Loch von etwa sechs Metern Durchmesser stehen. Aus der Mündung perlen unablässig Luftbläschen. Dominique richtet einen der Scheinwerfer des U-Boots in den steil abfallenden Schlund. Eine lange Röhre wird sichtbar, die in einem Winkel von fünfundvierzig Grad in den Meeresboden führt.
»Na, was hältst du davon?«
Mick starrt in die Röhre. Das vertraute Angstgefühl in seinem Bauch wird stärker. »Ich weiß nicht recht.«
»Ich meine, wir sollten uns das mal näher anschauen.«
»Du willst in diesen Höllenschlund reinfahren?«
»Deshalb sind wir doch hier, oder etwa nicht? Ich dachte, du wolltest die Weltuntergangsprophezeiung der Maya untersuchen?«
»Aber nicht so. Es ist wichtiger, dass wir nach Chichen Itzä kommen.«
»Wieso?« Er hat Angst.
»Die Rettung ist in der Kukullcan-Pyramide verborgen. Das einzige, was uns in diesem Loch erwartet, ist der Tod.«
»Hör mal, ich hab nicht sieben Jahre an der Uni in den Wind geschrieben und riskiert, ins Gefängnis zu kommen, bloß damit du irgendeiner blödsinnigen Prophezeiung hinterherlaufen kannst. Wir sind hier, weil Edie und ich etwas abschließen müssen, weil wir herausbekommen müssen, was Iz und seinen Freunden wirklich zugestoßen ist. Ich gebe dir keine Schuld am Tod meines Vaters, aber da du uns in dieses kleine Abenteuer reingelockt hast, wirst du es auch beenden.«
Dominique neigt das Steuer und lenkt das kapselförmige Mini-U-Boot direkt ins Zentrum der Röhre.
Mick greift nach einer Leitersprosse, um sich festzuhalten, während die Barnacle mit zunehmendem Tempo durch den pechschwarzen Schacht schießt.
Ein glucksendes Geräusch erfüllt die Kabine.
Dominique blickt aus ihrem Fenster. »Das Geräusch kommt von den Wänden dieses Tunnels. Offenbar verhalten sie sich wie ein riesiger Schwamm. Mick, links von dir ist die Steuerung für das Spektrophotometer...«
»Ich seh schon.« Er schaltet das Gerät ein. »Wenn ich dieses Ding richtig interpretiere, ist das Gas, das aus diesem Loch gefiltert wird, reiner Sauerstoff.«
Ein tiefes Trommeln hallt durch das U-Boot und verstärkt sich, je tiefer die beiden kommen. Mick will gerade etwas sagen, als plötzlich ein Ruck durch die Barnacle geht. Das Boot beschleunigt.
»He, langsamer!«
»Das war ich gar nicht. Eine Strömung hat uns erfasst.« Mick hört die Panik in ihrer Stimme. »Die Außentemperatur steigt an. Mick, ich glaube, wir werden in eine Lavaröhre gesaugt!«
Er packt die Leiter fester, während das tiefe, pulsierende Geräusch das Glas der Monitore vor seinem Gesicht vibrieren lässt.
Sich drehend, rast das Mini-U-Boot blindlings in das Loch hinab wie ein Käfer, der durch den Abfluss gespült wird.
»Mick!« Dominique schreit auf, als sie endgültig die Herrschaft über das Fahrzeug verliert. Sie presst die Augenlider zusammen und klammert sich an die Sitzgurte, als die Elektrizität ausfällt. Nun sind sie von völliger Dunkelheit umgeben.
Sie spürt ihren hektischen Atem und wartet auf den Stoß, der das Boot zerbersten lässt und sie dem erstickenden
Meer ausliefert. O Gott, das ist das Ende. Hilf mir, bitte...
Mick klammert sich mit Armen und Beinen an die Leiter. Seine Hände krallen sich um die stählernen Stangen. Wehr dich nicht dagegen, lass es einfach kommen. Wenn dieser Wahnsinn nur zu Ende geht...
Ein heftiges Schwindelgefühl erfasst die beiden, als sich das Mini-U-Boot wiederholt um seine eigene Achse dreht, als sei es in einer riesigen Waschmaschine gefangen.
Ein gewaltiger Knall und ein markerschütternder Stoß. Mit dem Bug voraus prallt die Barnacle auf ein unsichtbares stationäres Objekt. Mick fliegt blind durch die Finsternis und spürt, wie ihm alle Luft aus der Lunge gepresst wird, als er mit Gesicht und Brust schmerzhaft an die Wand mit den Steuerelementen kracht.
17
Golf von Mexiko 2185 Meter unter der Wasseroberfläche
D as unablässige Pochen in seinem Kopf bringt Mick dazu, die Augen aufzuschlagen.
Stille.
Er liegt auf dem Rücken. Seine Beine ragen in die Luft, sein Oberkörper ist von einem knisternden Wirrwarr aus elektrischen Drähten und Geräteteilen umgeben. In der Kabine ist es feucht und stockdunkel bis auf das trübe, orangefarbene Leuchten eines Monitors, der irgendwo weit weg vor sich hin flackert.
Mick dreht sich mühsam um und spuckt einen Mund voll Blut aus. Ihm schwirrt noch immer der Kopf. Als er feststellt, dass
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