2012 - Schatten der Verdammnis
Armentrout heran. »Wir haben den Kontakt mit dem PKE verloren!«
»Was ist mit den Notfallsystemen?«
»Alles ist außer Funktion.«
»Verdammt.« Armentrout reibt sich die Schläfe. »Zuallererst müssen wir natürlich den Kontakt wiederherstellen. Abgesehen davon müssen wir die Sonde aufspüren und weiterverfolgen, bevor zu viel Zeit vergeht und wir sie im Raum verlieren.«
»Haben Sie einen Vorschlag?«
»Erinnern Sie sich an den Sommer ’98, als wir einen Monat lang den Kontakt mit SOHO verloren hatten? Bevor wir den Kontakt wiederherstellen konnten, haben wir die Sonde lokalisiert, indem wir von der großen Schüssel in Arecibo Funksignale in ihre Richtung ausgestrahlt haben, deren Reflexion von der NASA-Station in Kalifornien aufgefangen wurde.«
»Ich spreche gleich mit Arecibo.«
Amerikanisches Zentrum für Astronomie und lonosphärenforschung Arecibo, Puerto Rico
»Verstanden, Jon.« Robert Pasquale, Einsatzleiter in Arecibo, legt den Telefonhörer auf und schneuzt sich zum wiederholten Mal, bevor er seinen Assistenten anpiepst. »Arthur, kommen Sie mal bitte zu mir.«
Der Astrophysiker Arthur Krawitz betritt das Büro seines Chefs. »Mensch, Bob, Sie schauen ja furchtbar aus.«
»Das sind meine verfluchten Nebenhöhlen. Jetzt haben wir gerade mal den ersten Herbsttag, und schon sprengt es mir fast den Kopf. Arbeiten die russischen Astronomen noch mit der großen Schüssel?«
»Die sind seit zehn Minuten fertig. Was ist denn?«
»Ich hab gerade eine dringende Anfrage von der NASA bekommen. Offenbar haben Sie den Kontakt mit Pluto-Kuiper verloren und wir sollen ihnen helfen, das Ding wieder aufzuspüren. Sie übermitteln unserem Computer gerade die letzten bekannten Koordinaten der Sonde und bitten uns, mit der großen Schüssel ein Funksignal in den Raum zu strahlen. Wenn wir Glück haben, wird das Signal von der Sonde zurückgeworfen und kann von der großen Schüssel der NASA in Goldstone aufgefangen werden.«
»Alles klar. Ach, was ist mit SETI? Bestimmt wird Kenny Wong mit dem SERENDIP-System mithören wollen. Macht es was aus, wenn...«
»Ach, Arthur, das ist mir doch piepegal. Wenn der Knabe sein Leben damit vergeuden will, auf einen Anruf von E.T. zu warten, lassen Sie ihn doch. Falls Sie mich brauchen - ich bin in meinem Zimmer und vergnüge mich mit einer Überdosis Nasenspray.«
Als an der Cornell University der Plan entstand, das stärkste Radioteleskop der Welt zu bauen, suchte man jahrelang nach einem Standort, an dem eine natürliche Mulde den ungefähren Dimensionen einer riesigen Reflektorschüssel entsprach. Der Standort sollte zum Hoheitsbereich der USA gehören, und da die Schüssel sich nicht bewegen würde, musste er sich so nah wie möglich am Äquator befinden, damit der Mond und die Planeten fast direkt darüber standen. Bei ihrer Suche stie-βen die Wissenschaftler auf einen verkarsteten Bergzug im Norden Puerto Ricos. Die mit dichtem Urwald bestandene, abgelegene Region wies tiefe Täler auf, umgeben
von Hügeln, die das Teleskop von Interferenzen abschirmen konnten.
1963 erbaut und in den Jahren 1974, 1997 und 2010 modernisiert, sieht das Teleskop von Arecibo auf den ersten Blick wie ein gewaltiger Weltraum-Flughafen aus Beton und Stahl aus. Die mit fast vierzigtausend perforierten Aluminiumplatten verkleidete Schüssel hat einen Durchmesser von dreihundertfünf Metern und ist in der Mitte einundfünfzig Meter tief. Wie eine riesige Salatschüssel füllt sie eine kraterförmige Karstmulde. Hundertdreißig Meter über der Mitte der Schüssel hängt die Detektorfläche samt sekundären und tertiären Schüsseln. Diese sechshundert Tonnen schwere Apparatur wird von zwölf Stahlseilen gehalten, die an drei gewaltigen, obeliskförmigen Türmen befestigt und an zahlreichen Betonblöcken rund um die Mulde verankert sind.
In dem felsigen Hang, der das Teleskop überragt, steht das Forschungszentrum, ein mehrstöckiger Betonbau mit den Computern und der sonstigen Apparatur für den Betrieb der Anlage. In dem vierstöckigen Gebäude daneben befinden sich die Privaträume der Wissenschaftler, eine Cafeteria und eine Bibliothek. Zur Erholung dienen ein beheizter Swimmingpool und ein Tennisplatz.
Das gewaltige Teleskop von Arecibo wurde zu vier unterschiedlichen Forschungszwecken erbaut. Radioastronomen benutzen die Schüssel, um die natürliche Radioenergie zu analysieren, die von Galaxien, Pulsaren und anderen bis zu zehn Millionen Lichtjahre entfernten
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