2012 - Tag der Prophezeiung: Roman (German Edition)
den Graben zu strömen. Das war’s, dachte ich. Das Spiel ist aus. Les jeux sont totalement faits, copains . Furcht, Furcht, Feind, Fuck …
Vier von Kohs Rassler-Gardisten drangen zwischen den Knäueln aus sich windendem Fleisch auf das Feld zu uns durch und nahmen Hun Xoc und mich, so gut es ging, in die Mitte, wie eine Amöbe zwei Pantoffeltierchen einschließt. Am Ende hoben sie uns auf ihre Schultern. Ich schaute wieder hoch und entdeckte endlich Koh. Genau wie wir war sie komplett abgeschnitten, völlig von den Massen der Harpyien getrennt. Sie machte eine Geste zu mir: Geh zum Brunnen. Ich kletterte auf die Schultern eines Gardisten und schaute über all die Kopfputze hinweg nach Westen. Das V, das die Dammwände des Spielfelds bildeten, sah einladend offen aus, und darin ragte das smaragdgrüne ∆ der Mul der Ozelots auf. Du kannst das schaffen, sagte ich mir. Es ist ja keine echte Heldentat; zu neunundneunzig Komma vier vier Prozent bist du sowieso am Arsch, warum also verbringst du deine letzten paar Minuten in Freiheit nicht mit etwas wirklich Verrücktem? Außerdem ist es nicht so weit. Wir brauchen nur zwei Minuten Ablenkung.
Ich sah Koh wieder an. Sie gab mir weiterhin das Zeichen: Geh zum Brunnen. Geh zum Brunnen. Sie fügte ein drängendes »bitte« hinzu. Kannst du schön bitteschön sagen? Ko’ox tuun! Los. Los. Los. Losloslos LOSLOSLOSLOS!!!!!!
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Kohs Gefolge schloss einen Ring um seine Göttin, wie ein Bienenvolk einen Ball um seine Königin bildet. Rechts über uns versuchten mehrere Gardisten des Todes-Hauses durch die Menge zu brechen, um uns anzugreifen, aber sie verhedderten sich in den Capes und Schals und dem Schmuck der Zuschauer wie die Opfer bei dem Bombenanschlag auf Harrods. Die Musikuntermalung wurde noch immer gespielt; sie imitierte die Kampfgeräusche. Vielleicht spielten die Musikanten einfach weiter, damit sie Musikanten blieben und keine Kombattanten wurden.
Kohs Gardisten trugen Hun Xoc und mich nach Westen über die Endzonenlinie der Ozelots. Was aus Rote Schnur geworden war, wusste ich nicht. Halt den Kopf oben, dachte ich. Siege durch Einschüchterung. Die Ozelot-Geblüte und -Anhänger teilten sich vor uns, aber nicht wie das Rote Meer, sondern eher so, als wollten sie noch einen Blick auf uns erhaschen, ehe sie entschieden, ob sie uns in Stücke rissen oder nicht. Wir kamen am Umkleideraum vorbei und gelangten auf den kleinen Zócalo zwischen der Ozelot-Endzone und dem Anfang der drei Ebenen von Treppen, die zu den Rasiermesserstufen ihrer Mul hinaufführten, nur vier Seillängen entfernt. Die lange, smaragdgrün verputzte Wand des Ozelot-Sippenhauses lag links von uns; dahinter befanden sich zwei teilweise bewohnte Gebäudekomplexe aus Holz und Gips, die sich die Erhebung hochzogen. Der nähere war für Frauen, der höhere, heiligere für Männer. Dahinter wiederum sah ich die Krone einer prächtigen Zeremonienmauer mit Flechtverzierungen und dreieckigen Zinnen, und jenseits davon einen lang gezogenen, rot-grünen Schmierstreifen: die manikürten und gekappten Baumwipfel im Giftgarten der Ozelots, umgeben von einem Dornenwall. Er lag wirklich nicht fern.
Ich befahl den Geblüten, uns abzusetzen. Sie gehorchten. Ich riss meinen Helm und die Armschützer herunter. Aus dem Arsenal der Ozelots kam ein großer, gemein aussehender Kerl und vertrat uns mit einer Miene, die fragte, was wir hier zu suchen hätten, den Weg. Ich warf ihm meinen ausgestopften Nager ins Gesicht, und er duckte sich erschrocken, weil ein magischer Talisman mit spitzen kleinen Krallen auf ihn zuflog. Ich fischte ein kleines Muschelschalenmesser aus dem Beutel in meinem Schritt, zerschnitt die Schnüre meines Gerödels an der Stepppolsterung und warf den ganzen Kram einem der jüngsten Ozelot-Geblüte in der Menge zu, als wäre es eine huldvolle Gabe, die es vermutlich auch war.
»Ich bin Schakal!«, rief ich. Alles starrte mich an. »Ich bin in Xib’alb’a gewesen und habe den Rasierklingenball zurückgebracht! Pitzomob pay-ee! «, rief ich meinen alten … Schakals alten Schlachtruf. Ich war so erregt, dass ich ins Englische verfiel. »Bei den Knochen Croms, ihr seid alle Schweinefutter! Shoppt smart – shoppt bei S-Mart!« Ich wollte noch hinzufügen, dass ich die United Fruit Company auf sie hetzen würde.
Smaragd-Sturmschritt war noch immer hinter uns auf dem Spielfeld und brüllte seinen Brüdern zu, sie sollten uns packen, aber die Harpyien-Unsichtbaren konnten ihn nach wie vor
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