2035 - Exodus der Herzen
„Unseren Meßgeräten zufolge haben die psionischen Entladungen, die von den Inzaila ausgingen, nur zu einem Teil den S-Zentranten getroffen", führte SENECA aus. „Die innere Struktur des Planeten wurde ebenfalls tief erschüttert. Unterseeische kontinentale Gräben sind aufgebrochen, an zahllosen Stellen treten bereits Magmamassen empor. Überdies entlud sich ein großer Teil der Schutzschirmenergien des S-Zentranten in den Planeten, schlug genau in die Wunden ein, die die psionische Explosion gerissen hat. Es wurden so gewaltige Energiemengen freigesetzt, daß sie den Planeten minimal aus seiner Umlaufbahn geschoben haben, was zu weiteren Stabilitätsverlusten führen wird. Eine Naturkatastrophe kündigt sich an, die von der Oberfläche des Planeten Auroch-Maxo-55 mit hoher Wahrscheinlichkeit nur wenig übriglassen wird. Die innere Struktur der Welt wurde zertrümmert. Es steht zu befürchten, daß Auroch-Maxo-55 über kurz oder lang auseinanderbrechen wird."
Das, dachte Tekener, mußte es sein, was Jamaske mit Hauchmén Zovirasch gemeint hatte, dem Ende der Welt: Sollten jemals alle Inzaila mit ihrer psionischen Ladung am Südpol gemeinsam aufeinandertreffen, würde Auroch-Maxo-55 den psionischen Schlag nicht überstehen. „Atlan!" sagte er. „Was ist mit Atlan?"
Dann wurde ihm noch etwas klar. Die Inzaila hatten ihren Untergang absichtlich herbeigeführt. „Ich kann nicht glauben", vernahm er wie aus weiter Ferne seine eigenen Worte, „daß die Pflanzenwesen ihrer Existenz ein Ende bereitet haben, nur um die Besatzung des S-Zentranten auszuschalten. Das wäre völlig sinnlos. Hinter ihrem Vorgehen muß etwas anderes stecken. Sie müssen einen Plan haben ..."
„Atlan befindet sich bei Paumyr in Sicherheit", versicherte Jamaske emotionslos. „Die letzte Inzaila hat den S-Zentranten gezielt angegriffen."
Tekener starrte wieder auf die Holos. Die Botin hatte die Wahrheit gesprochen. Von den Inzaila war einzig und allein Paumyr nicht in Flammen aufgegangen. Sie trieb weiterhin auf den Südpol zu.
Die Rautak wußte offenbar genau, was dort unten geschah, wenngleich sie es der SOL-Besatzung nur schwer vermitteln konnte. „Der riesenhafte Zackenzylinder stellt zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Gefahr mehr dar", bestätigte sie seine Vermutung. „Paumyr ist dabei, die vollständige Kontrolle über den S-Zentranten zu übernehmen. Alle anderen Inzaila sind gestorben, sie haben ihre Energien freigesetzt, um einer einzigen von ihnen das Überleben zu ermöglichen - Paumyr." Sie verstummte kurz. „Das ist der Exodus der Herzen", fügte sie dann hinzu. „Was ist mit der blauen Walze, SENECA?" fragte Tek. „Ihre Abschirmung wurde nicht beschädigt", antwortete das Bordgehirn. „Unsere Ortung kann sie nicht durchdringen. Wir müssen also davon ausgehen, daß das Schiff noch einsatzfähig ist."
„SENECA", befahl Tekener, „wir brauchen so schnell wie möglich Manövrier- und Kampfbereitschaft! Wähle dementsprechend die Besatzungsmitglieder aus, die zuerst von den Medorobots versorgt werden sollen!"
Jetzt war nicht mehr der S-Zentrant das vordringliche Problem war, sondern das blaue Walzenschiff, das über diese besondere Isolation verfügte. „Die Inzaila haben die Walze mit dem psionischen Schlag nicht angreifen können", bestätigte Jamaske.
Tekener fluchte leise. Sobald man in der blauen Walze die Ereignisse verarbeitet und auf die neue Lage reagiert hatte, genügte eine einzige Salve, um die Inzaila Paumyr sowie Atlan zu vernichten!
Oder aber ... es handelte sich um ein Robotschiff, das ausschließlich von künstlichen Intelligenzen gesteuert wurde.
Ganz abgesehen davon, wie Paumyr die aufkommende Naturkatastrophe überleben wollte. Selbst wenn Auroch-Maxo-55 nicht auseinanderbrach, würde ungeschütztes Leben an der Oberfläche nicht mehr existieren können, und die SOL konnte Paumyr allein schon aufgrund ihrer Größe nicht an Bord nehmen.
Tekener sah keine andere Wahl. Die SOL mußte die Walze angreifen, bevor man auf der anderen Seite reagierte.
*
Die Dunkelheit hatte ein Gesicht.
Es war sein eigenes und doch wieder nicht. In winzigen Nuancen unterschied es sich von dem, das er jeden Morgen sah, wenn er in den Spiegel schaute.
Seine Gedanken verliefen quälend langsam. Er wußte genau, mit was für einem Antlitz die allumfassende Dunkelheit sich präsentierte. Der dazugehörende Name lag ihm auf der Zunge. Doch er bekam ihn nicht zu fassen, konnte ihn nicht aussprechen. Etwas zu
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