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2046 - Neun Stunden zur Ewigkeit

Titel: 2046 - Neun Stunden zur Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hatte sie zudem absolut richtig gehandelt. Delorian schien unter der Aura des Pflanzenablegers von Arystes ins Leben zurückgekehrt zu sein. Atlan benötigte nicht die Aussagen aufwendiger technischer Gerätschaften, um dies konstatieren zu können. Delorian wirkte lebendiger denn je, seit er ins Koma verfallen war. Es war jedoch die Frage, wie sich die Präsenz des Kym letztlich auf das Kleinkind auswirken würde. Aber da der Chronist von ES keinerlei Bedenken geäußert hatte, konnte auch Atlan nichts dagegen einwenden. Zumal es selbst Mondra geschehen ließ, wenngleich mit einiger Skepsis.
    Der Chronist hatte sogar von einer wünschenswerten Konstellation gesprochen. Wie mochte er das wohl gemeint haben? Zusammenhänge zwischen Delorian und dem Pflanzenvater Arystes hatten sich bereits bei der Landung auf dem Planeten Orllyndie erwiesen. „Seht nur, der Pflanzenableger scheint zu reagieren!" rief Myles Kantor. „Ja", sagte der Chronist von ES mit Erleichterung in der Stimme. „Es scheint noch nicht zu spät zu sein für den katalytischen Kreislauf."
    Die kleine dreistämmige Orchideenstaude von Arystes erbebte unter einer Reihe von innerlichen Erschütterungen so heftig, dass sich von ihr eine Wolke aus Blütenstaub löste. „Das ist nichts Ungewöhnliches", sagte Mondra Diamond unbeeindruckt. „Es ist unter Delorians alleinigem Einfluss schon mehrfach passiert." Diesmal war es jedoch ein wenig anders. Denn die erste Wolke aus Blütenstaub durchsetzte immer noch die Luft, als bereits eine zweite und in rascher Folge eine dritte ausgestoßen wurde. „In dieser Heftigkeit habe ich den Ausstoß von Blütenstaub allerdings noch nicht erlebt", gestand Mondra mit belegter Stimme. „Wie lange wird das so weitergehen?"
    Bei diesen Worten sah sie fragend zu dem Chronisten von ES, der ihr als einziger die Antwort hätte geben können. Doch der Weißbärtige blieb stumm. Er starrte fasziniert, ergriffen geradezu, auf das Ei des Kym, als erwarte er eine ungewöhnliche Reaktion. Aber noch änderte sich nichts an dem Kym, sowohl was die Form als auch die Größe betraf. Doch welche Prozesse mochten inzwischen innerhalb der grün und golden gesprenkelten Eischale ablaufen? Atlan wartete auf einen Einwand seines Extrasinns, doch es kam keiner.
    Der Ausstoß an Blütenstaub ging weiter. In immer kürzeren Abständen emittierten die' Orchideenstämmchen Wolken aus Blütenstaub, eruptierten sie förmlich. Und dieser Prozess schien kein Ende zu nehmen. Der Blütenstaub durchsetzte bereits die Luft in der gesamten Kabine, die tanzenden Partikel konnten nicht zur Ruhe kommen, kaum dass sie sich dem Boden zu senkten, fuhr eine neue Ladung durch ihre Reihen und wirbelte sie erneut durcheinander. Die Luft war geschwängert von dem schweren, süßlichen Duft des Blütenstaubes. Die Luft war bald dermaßen davon gesättigt, dass man das Geschehen in der Kabine nur noch wie durch Nebelschleier sehen konnte. „Es ist unglaublich, was hier abläuft", sagte Myles Kantor aufgeregt. „Der Ableger von Arystes hat bereits ein Vielfaches seiner eigenen Masse ausgestoßen. Das ist ein wahrhaft katalytischer Prozess, dessen Zeuge wir werden." Mondra Diamond presste die Hände gegen den Kopf und massierte sich die Schläfen. „Ich habe auf einmal Kopfschmerzen", klagte sie und sah nach ihrem Kind, das hinter den dichten Wolken des Blütenstaubes kaum zu erkennen war. „Was bedeutet das? Hat es irgendetwas mit den momentanen Abläufen zu tun?" Atlan stellte ebenfalls fest, dass sich ein stärker werdender Druck auf seinen Geist legte. Er war jedoch alles andere als schmerzhaft, nicht einmal besonders unangenehm. „Das ist eine natürliche - und absolut positive - Begleiterscheinung bei der Geburt eines Kym-Jorier", erläuterte der Chronist von ES. „Und völlig ungefährlich."
    „Ich empfinde den mentalen Druck als nicht störend", meinte Myles Kantor. „Die Faszination des Geschehens überwiegt alles andere." Atlan war von dem Geschehen ebenfalls überwältigt. Allerdings hielt sich sein Staunen in Grenzen. Ihm war längst klar, dass er hier der Wiedergeburt einer Superintelligenz entgegensah - oder zumindest der Wiederherstellung ihrer verbliebenen Reste. Da musste man mit psionischen Strahlungen und übernatürlichen Phänomenen rechnen. Was ihn tatsächlich bewegte, war einfach die Tatsache, dass dieser Vorgang überhaupt stattfand, dass es trotz aller Widernisse offenbar doch zu einer Rekonstitution der Rest-ESTARTU kommen

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