2046 - Neun Stunden zur Ewigkeit
vertrauenerweckenden Stimme. Der Arkonide zeigte das eiförmige Behältnis, so dass Mondra es sehen konnte. Sie kannte das Behältnis sehr gut, und sie ahnte einen Zusammenhang.
„Es geht um den Kym und das Schicksal der Menschheit", sagte Atlan. „Öffne uns die Kabine."
„Und du lässt Delorian wirklich in Ruhe?"
„Ehrenwort!"
Mondra entriegelte die Tür und ließ sie aufgleiten, den Thermostrahler schussbereit. Vor ihr standen Atlan und Myles Kantor und hinter den beiden ein weißbärtiger alter Mann, den sie noch nie an Bord der SOL gesehen hatte und der auf eine unerklärliche Art zeitlos wirkte. Mondra ließ es widerstandslos geschehen, dass Atlan ihre Hand mit der Waffe beiseite schob und mit Myles Kantor in die Kabine trat. „Ich bleibe besser draußen", hörte sie Icho Tolot sagen. Der Haluter fletschte sein mörderisches Gebiss wie zu einem freundlichen, wohlmeinenden Lächeln, und sie nickte gedankenverloren dazu. Aber in Wirklichkeit hatte sie nur Augen für den Weißbärtigen. Sie hatte das Gefühl, dass sie ihn von irgendwoher kannte, als ob sie ihn tatsächlich kennen müsste. Sie blickte ihm forschend in die Augen, als könne sie darin lesen und Antworten finden.
Einen kurzen Moment lang erwiderte der weiße Alte ihren Blick, und das verursachte ihr einen seltsamen Schauer. Aber dann schlug er wie schuldbewusst die Augen nieder und trat an ihr vorbei in ihre Kabine. „Tolotos wird dafür sorgen, dass uns niemand stört", sagte Atlan zu Mondra. „Was wollt ihr eigentlich bei mir, wenn es nicht um Delorian geht?" fragte Mondra Misstrauisch, als sie sich wieder gefasst hatte. Atlan hob das eiförmige Behältnis in Augenhöhe, öffnete es und holte vorsichtig den Kym hervor. „Zuerst einmal wäre es sehr freundlich, wenn du den Strahler weglegen würdest, Mondra", sagte Atlan sanft. „Wir wollen ja nicht, dass du ungewollt jemanden von uns verletzt, oder?"
„Aber ja, natürlich", sagte sie und legte den Thermostrahler auf den Tisch. „Es geht um ein wichtiges Experiment", erläuterte Atlan, den Kym in den hohlen Handflächen haltend. „Wir müssen den Kym mit dem Ableger des Pflanzenvaters Arystes zusammenbringen, in der Hoffnung, dass dadurch eine Initialzündung stattfindet und ein Kym-Jorier schlüpft."
„Das ist unmöglich", sagte Mondra mit heftigem Kopfschütteln. Sie deutete auf das Kinderbett, in dem Delorian mit dem Kopf neben der Tonschale des miniaturisierten Pflanzenablegers lag. Mit einem Lächeln registrierte sie den Herzschlag und den Atem ihres Kindes. Ihr Sohn lebte! „Du siehst, dass Delorian den Ableger von Arystes zum Überleben braucht", argumentierte sie. „Er würde ohne dessen Ausstrahlung sterben. Nur die Kraft des Pflanzenvaters hält ihn am Leben."
„Nun denn ...", sagte Atlan überlegend und sah den Weißbärtigen an.
Dieser sagte, ohne dabei Mondra anzusehen: „Das macht überhaupt nichts. Der Ableger von Arystes kann beide Aufgaben simultan übernehmen. Es ist sogar eine wünschenswerte Konstellation, dass..."
Der Weißbärtige unterbrach sich, so als ertappe er sich dabei, etwas Falsches zu sagen. Wieder blickte er Mondra an, wieder schlug er wie schuldbewusst seine Augen nieder. Dann fügte er nur noch hinzu: „Leg den Kym nur bedenkenlos in die Tonschale, Atlan." Der Arkonide kam der Aufforderung augenblicklich nach, wobei die Misstrauischen und besorgten Blicke Mondras jeder seiner Bewegungen folgten, und deponierte das grün und golden gesprenkelte Ei vorsichtig zwischen den dreistämmigen, lilafarbenen Orchideenblüten. Mondra blickte zu dem Weißbärtigen. „Wer bist du denn eigentlich?" fragte sie ihn in der Hoffnung, dass seine Antwort ihrem Gedächtnis nachhalf. „Ich bin der Chronist von ES", kam die nüchterne Reaktion. Aber diese Antwort half Mondra überhaupt nicht weiter.
„Jetzt können wir nur noch hoffen, dass etwas passiert", sagte Atlan, nachdem er den Kym dem Ableger des Pflanzenvaters Arystes zugeführt hatte.
Der Arkonide hatte sich diese Aufgabe aus dem Grund eigentlich schwieriger vorgestellt, weil in seinen Augen zu befürchten war, dass Mondra Schwierigkeiten machen würde. Nach ihrem spektakulären Auftritt in der Intensivstation hatte er als Expeditionsleiter mit dem Schlimmsten rechnen müssen. Zum Glück erwies sich dieser Gedankengang als Trugschluss. Mondra war in diesem Fall einfach eine Mutter, die um das Leben ihres Kindes bangte. Unter diesem Aspekt war ihr Tun sogar sehr verständlich.
Und wie es aussah,
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