2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Gasfeueranlagen zu bauen. Die Entscheidungen des deutschen Parlaments wirkten sich erheblich auf die Investitionsströme aus, mit langfristigen Folgen für die Wirtschaftlichkeit der konventionellen (fossilen) Strombranche:
Als die Wind- und Solaranlagen einmal gebaut waren, liefen sie mit so geringen Betriebskosten, dass ihr Ertrag die fossile Stromerzeugung mit Leichtigkeit überbot. Während ihrer Laufzeit sind keine weiteren Subventionen nötig.
In Zukunft werden wir viele Fälle wie diesen erleben. Ich glaube, die Welt kann in den kommenden 40 Jahren nicht gedeihen, wenn Kapital nur dort investiert wird, wo es die höchsten kurzfristigen Erträge bringt. Um eine bedeutende Reduzierung des menschlichen ökologischen Fußabdrucks und besonders der CO 2 -Emissionen zu erreichen, muss die Gesellschaft Projekte unterstützen, die nicht ganz so profitabel sind. Um noch einmal auf den deutschen Fall zu verweisen: Es wird notwendig sein, Windräder und Solaranlagen zu bauen, auch wenn das teurer ist als ein neues Heizkraftwerk. In einem anderen Kontext wird es notwendig sein, Wohngebäude zu isolieren, auch wenn es billiger ist, die Gasheizung oder die mit Kohleenergie betriebene Klimaanlage aufzudrehen. All das sind Fälle, in denen wir mit kurzfristigen Lösungen nicht weiterkommen.
Wie ich schon in meiner Prognose erläutert habe, rechne ich damit, dass die globale Gesellschaft bis zu einem gewissen Grad in den freien Markt eingreifen wird, um sicherzustellen, dass Investitionen in Projekte fließen, die öffentlich benötigt werden und nicht in Projekte, die möglichst viel Gewinn bringen. Aber das nur bis zu einem »gewissen« Grad. Und sicherlich nicht bis zu dem Grad, der eine problemlose Zukunft für die Generation ab 2052 gewährleistet. Das meiste Kapital wird weiterhin vom Markt geleitet und ein Großteil wird Zwecken zugeführt, die angesichts der großen globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht besonders hilfreich sein werden. Aber ein wachsender Anteil der Geldflüsse – ich nenne diese »gezwungen-freiwillige Sonderinvestitionen« – werden dennoch durch öffentliche Beschlüsse und nicht vom Markt gesteuert werden. Wir investieren schließlich auch in Waffen, obwohl deren volkswirtschaftlicher Nutzen weit unter null liegt.
Ich erwarte, dass die globale Gesellschaft die jährlichen Investitionen von heute 24 Prozent bis 2052 auf 36 Prozent des BIP steigern wird. Viele dieser Investitionen werden in energieeffiziente Güter fließen, die teurer sind als das Althergebrachte aus einer Ära kostengünstiger Energie. Ein weiterer Teil wird für den Übergang von Kohle zu teureren Brennstoffen wie Erdgas verwendet werden. Und wieder ein Teil wird in den Bau neuer Anlagen für erneuerbare Energie gehen und das schon in den Jahren, bevor diese wettbewerbsfähig werden. Und schließlich wird sehr viel Geld dafür eingesetzt werden, die Schäden des Klimawandels zu reparieren oder sich an zukünftige Klimaveränderungen anzupassen – zum Beispiel durch neue Deiche an den Küsten, um das ansteigende Meer zurückzuhalten.
Es würde nicht zu diesen immensen Investitionszunahmen kommen, wenn die Entwicklung dem Markt überlassen bliebe. Sie werden allein durch staatliche Intervention angestoßen, auf der Grundlage parlamentarischer Beschlüsse. Eine staatliche Intervention kann direkt erfolgen, wenn die Regierung Steuergelder in von ihr als notwendig erachtete Kapazitäten steckt, oder aber indirekt, wenn die Regierung Gesetze beschließt, welche den gewünschten Effekt attraktiver machen – zum Beispiel, indem man Emissionsgrenzen für Fahrzeuge, einen festen Anteil Biokraftstoff an den Tankstellen, einen Emissionshandel oder ganz einfach (aber politisch schwer durchsetzbar) eine Steuer auf CO 2 -Emissionen einführt.
Es wird starke regionale Unterschiede bei diesen staatlichen Verfahrensweisen geben. Offensichtlich gibt es klare Grenzen, wie viel staatliche Einmischung in westlichen Demokratien und besonders in den Vereinigten Staaten geduldet wird. So wird der Kapitalismus in den Vereinigten Staaten in reinerer Form überleben als in Europa, wo die Regierung eher als guter Helfer gesehen wird und nicht so sehr als Last, die es kleinzuhalten gilt. Bis 2052 wird China der Welt gezeigt haben, wie eine starke Regierung viel eher in der Lage ist, den Herausforderungen zu begegnen, die sich der Menschheit im 21. Jahrhundert stellen. Denn China wird die fünf Prozent seines BIP, die benötigt werden,
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