2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
kämpfen haben und nicht in der Lage sein, ihren Anteil an der Klimabelastung zu senken oder sich vor klimabedingten Gefahren zu schützen. Die Durchflussmenge der Flüsse und die Grundwasserpegel werden sinken, Salzwasser wird ins Grundwasser eindringen und alles zusammen wird dazu führen, dass die Wasservorräte zur Neige gehen. Schwere Niederschlagsereignisse werden verbreitet zu Überflutungen und Erdrutschen führen, die wiederum eine Unterbrechung der öffentlichen Wasserversorgung, der Stromversorgung, der Abwasserentsorgung und der Verkehrssysteme zur Folge haben werden. Durch den Anstieg des Meeresspiegels wird sich die Erosion an den Küsten verstärken und zu schweren Schäden an Wohn- und Geschäftsgebäuden führen. Durch die höheren Temperaturen, Niederschläge und Feuchtigkeit wird sich das Verbreitungsgebiet ansteckender Krankheiten vergrößern, ihre Lebensdauer wird sich verlängern und die Ansteckungsrate erhöhen. Längere Hitzewellen werden immer mehr Todesopfer fordern. Auf dem Land werden die Auswirkungen des Klimawandels noch dramatischer sein und Hunderte Millionen Menschen werden vom Land in die klimagebeutelten Städte strömen. Gleichzeitig werden Arbeitgeber (und mit ihnen die Arbeitsplätze) und wohlhabendere Bewohner aus diesen Städten fliehen, auf der Suche nach einem sicheren Ort zum Leben oder um ihre Geschäfte zu führen. Meist wird sie diese Suche in neu gegründete Städte oder in die Ferne führen. Daher werden diejenigen, die nicht die Mittel für einen Umzug haben, unverhältnismäßig stark unter den negativen Auswirkungen des Klimawandels zu leiden haben. Die am meisten vom Klima gefährdeten Städte werden in einen Teufelskreis geraten aus immer größeren Beschädigungen, immer geringeren Anpassungsmöglichkeiten und dadurch wachsenden Gefahren.
Im Jahr 2052 kann man endgültig von der Spezies Homo sapiens urbanis sprechen. Der Anteil der Stadtbewohner an der gesamten Weltbevölkerung wird bei etwa 80 Prozent liegen (im Vergleich zu 50 Prozent im Jahr 2010), in den derzeitigen Industriestaaten bei 90 Prozent und in wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern bei 75 Prozent. Die Prozentzahlen liegen über denen früherer Prognosen, bei denen die verstärkte Abwanderung in die Städte aufgrund wechselhaften Wetters, Ressourcenknappheit, teurer Pendelfahrten zur Arbeit und des Drangs der Menschen, aus vom Klimawandel gefährdeten Städten in sicherere Städte abzuwandern, nicht berücksichtigt wurden.
Die Welt wird ein sehr gefährlicher Ort sein. Der Globale Norden wird Billionen von Dollar in Sicherheitsmaßnahmen investieren, um unerwünschte Einwanderung zu verhindern und sich gegen die Bedrohung durch kriminelle Banden und Terroristen zu wappnen, die die zunehmend vom Klimachaos betroffenen Städte des Globalen Südens kontrollieren werden.
Thomas N. Gladwin (Amerikaner, geboren 1948) ist Max-McGraw-Professor für Nachhaltigkeitsmanagement und stellvertretender Direktor des Erb Institute for Global Sustainable Enterprise an der Universität von Michigan. Im Mittelpunkt seiner Lehre, Forschung und Beratertätigkeit stehen Systemdynamik, globaler Wandel und nachhaltige Unternehmensführung.
Die Situation, die in »Flucht in die Großstadt« beschrieben wird, wird wohl leider so eintreffen. Immer mehr Menschen werden Zuflucht hinter den Mauern moderner Großstädte suchen, während ein kleiner Rest von Landbewohnern auf sich selbst gestellt sein wird bei dem Versuch, mit immer drastischeren Wetterereignissen und einem sich wandelnden Ökosystem zurechtzukommen.
Diese und weitere negative Auswirkungen der globalen Klimaerwärmung werden in den nächsten 20 Jahren immer offensichtlicher werden, allerdings in so kleinen Schritten, dass die kriegsähnlichen Anstrengungen, die notwendig wären, um die Emissionen der Treibhausgase zu reduzieren, nicht eingeleitet werden. Falls Geld zur Verfügung steht, wird es wohl vor allem für Anpassungsmaßnahmen an die Gefahren verwendet werden, die bereits beobachtet werden können. Die reichen Länder werden sich langfristig besser an die neuen Wetterkapriolen anpassen. London wird seine Flutbarriere an der Themse ausbauen. In Deutschland werden die Bauvorschriften weiter verschärft und nach diesen hohen Standards gebaut werden. Die armen Länder werden seltener Gelder zur Verfügung haben und daher wird sie die Gefahr durch den Klimawandel mit voller Wucht treffen.
Auf lange Sicht wird sich in den 2030er-Jahren ein Bewusstsein
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