2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)
Sicht das positivste sei. Am Tisch gab es nervöses Gelächter.
Die Diplomatin war überraschend ehrlich. Sie gab zu, dass sie sich für Pakistan gar keine positive Zukunft vorstellen konnte. Sie stand offen zu einer Ansicht, die viele Spitzenpolitiker teilen, die sie aber nur selten zugeben: Die Menschheit steuert unaufhaltsam auf eine Auszehrung der Rohstoffvorräte zu. Die Regierungen können es nicht verhindern. Also ist es ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass ihre Bevölkerung das Rennen als letzte verliert. Sie müssen für ihre Bevölkerung einen ausreichend großen Anteil an den schwindenden Ressourcenvorräten der Erde sichern, um sicherzustellen, dass ihr Land noch oben schwimmt, wenn andere bereits untergehen.
In diesem Zusammenhang kann Geld eine Bevölkerung davor bewahren, als erste zu verlieren. Regierungen, die diese Ansicht vertreten, werden noch energischer ein stärkeres Wachstum des BIP anstreben: Der finanzielle Vorteil verschafft ihren Wählern einen kleinen Vorsprung im Wettlauf um die letzten Ressourcen bis 2052.
Was die Ressourcen betrifft, sind die Aussichten Pakistans alles andere als rosig. Die winzige Biokapazität des Landes von 0,6 globalen Hektar pro Person (etwa ein Drittel des globalen Durchschnitts) steht einem schnell wachsenden Bedarf gegenüber. 5 Pakistans Bedarf übersteigt die Biokapazität des Landes bereits um 80 Prozent. Man muss kein Rechengenie sein, um zu sehen, dass bei dem aktuellen Bevölkerungswachstum und zunehmenden materiellen Ansprüchen – in Verbindung mit begrenzter Biokapazität und steigenden Preisen für fossile Brennstoffe – Pakistan lange vor 2052 die Ressourcen ausgehen werden. Höchstwahrscheinlich wird der Mangel an Biokapazität die internen Konflikte verstärken. Die Konflikte werden zu weiter steigenden Preisen und einer deutlich kürzeren Lebenserwartung in der Bevölkerung führen. Dieser Zerfall könnte katastrophale Auswirkungen haben, nicht zuletzt aufgrund des nuklearen Arsenals von Pakistan. Im Jahr 2052 wird Pakistan wohl ein zersplitterter, gescheiterter Staat sein mit Hunderten lokalen Machthabern, mittelalterlicher Kindersterblichkeit und einer extrem hohen Zahl Analphabeten.
Natürlich könnte Pakistan alle benötigten Rohstoffe importieren. Aber in einer Welt der globalen Grenzüberziehung, in der die weltweite Nachfrage die vorhandene Biokapazität übersteigt, wird es für das finanzschwache Pakistan schwer werden, sich gegen die wirtschaftlichen Interessen anderer Länder im Wettbewerb um dieselben Rohstoffe durchzusetzen.
Aber Pakistan könnte auch eine andere Richtung einschlagen. Es könnte akzeptieren, wie sich ein Mangel an Rohstoffen auf das Leben seiner Bürger jetzt und in Zukunft auswirken wird. Die Pakistanis könnten nach einem gesellschaftlichen Konsens darüber suchen, wie mit den sozialen Auswirkungen zunehmender Rohstoffknappheit umgegangen werden soll. Das wäre eine schwere Aufgabe, vor allem weil dazu ein völlig neues Entwicklungskonzept gebraucht würde, in dem Frauen eine zentrale Rolle spielen. Aber im Idealfall könnten dadurch innerhalb bestehender ökologischer und finanzieller Grenzen deutlich bessere Lebensbedingungen für die Pakistanis gesichert werden.
Leider wird Pakistan, wie die meisten anderen Länder, wahrscheinlich nicht diesen Weg einschlagen, weil man dort von zwei falschen Annahmen ausgeht: erstens, dass die langsamen, aber stärker werdenden ökologischen Veränderungen weder von Angebotsnoch Nachfrageseite aufgehalten werden können, und zweitens, dass selbst wenn etwas getan werden könnte, es viel zu teuer wäre und nur durchführbar, wenn sich alle Länder weltweit daran beteiligten.
Beide Annahmen lähmen und sind grundlegend falsch. Ja, Rohstoffentwicklungen sind enorm träge. Aber sie beruhen auf vergangenen und aktuellen gesellschaftlichen Weichenstellungen. Der Verbrauch von Ressourcen wird überwiegend bestimmt durch Bevölkerungszahl und bestehende Infrastruktur – Städte, Kraftwerke, Straßen und Flughäfen. Wenn man die Bevölkerungsentwicklung umkehrt und die Infrastruktur umgestaltet, kann eine Abhängigkeit von importierten Rohstoffen verhindert werden. Aber wie? Pakistan, und auch jedes andere Land, könnte damit anfangen, seine Umweltgüter so zu verwalten, wie es jeder gute landwirtschaftliche Familienbetrieb tun würde.
Ein gut geführter landwirtschaftlicher Familienbetrieb produziert unter dem Strich mehr, als die Familienmitglieder selbst verbrauchen. Ein
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