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2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition)

Titel: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jorgen Randers
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guter Landwirt hat genug Land, um Feldfrüchte anzubauen und seine Tiere zu versorgen. Was die Familie nicht selbst verbraucht, wird verkauft oder gegen andere Waren und Dienstleistungen – Fernseher, Kleidung, Bücher – eingetauscht. Einige Länder arbeiten wie solch ein gut geführter Familienbetrieb, mit mehr Biokapazität als unter dem Strich für die Versorgung der eigenen Bevölkerung gebraucht wird.
    Das Gegenstück dazu ist eine Hobby-Farm mit ein paar Honigbienen, Hasen und einem Apfelbaum. Fast alles muss von außen eingekauft werden. Derzeit leben 80 Prozent der Weltbevölkerung in Ländern, die wie Hobby-Farmen geführt werden. Diese Länder verbrauchen unter dem Strich mehr, als ihre Ökosysteme nachhaltig liefern können. Der Rest wird importiert oder durch eine langfristig nicht tragbare Überbeanspruchung von Feldern und Wäldern im Land gewonnen.
    Tatsächlich ist die Welt insgesamt eine Hobby-Farm: Wir verbrauchen das 1,4-fache dessen, was die Biosphäre regenerieren kann. 6 Um die Differenz auszugleichen zwischen dem, was die Natur hergibt, und dem, was die Menschen sich nehmen, wird das Naturkapital aufgezehrt. Wir bedienen uns zu extrem günstigen Preisen bei den zukünftigen Generationen.
    Als guter Landwirt wüssten wir, dass wir uns im eigenen Interesse um unseren Betrieb kümmern müssen. Uns wäre klar, dass wir es als Hobby-Farmer sehr schwer haben würden in einer Welt, in der es immer weniger gut geführte landwirtschaftliche Betriebe gibt, die uns mit dem versorgen können, was wir brauchen. Den einzelnen Ländern wäre klar, dass sie sich um ihre Betriebe kümmern müssen, dass sie sich um Stabilität und Unabhängigkeit bemühen müssen, indem sie ihren Rohstoffbedarf senken. Dadurch würde sich auch die Lage weltweit stabilisieren. In einer solchen Welt würden wir nicht den Durchsatz maximieren (wie ein steigendes BIP nahelegt), sondern den Wohlstand pro Einwohner, und wir würden durch nachhaltige Investitionen für eine lebenswerte Zukunft vorsorgen.
    Vielleicht werden wir zur Vernunft kommen, wenn die Rohstoffpreise schneller steigen als das Wirtschaftswachstum. Es wird sich anfühlen, als versuchten wir in einem nach unten fahrenden Aufzug nach oben zu klettern. Fraglich bleibt jedoch, ob diese Erfahrung die politischen Entscheidungsträger dazu bewegen wird, schneller und entschlossener Maßnahmen zu ergreifen.
    Ich fürchte nein. Wenn das Geld knapp wird, werden Regierungen wohl eher Ausgaben kürzen, auch für Bildung und Erhaltung der Infrastruktur. Sie werden ihre Bevölkerung mit steigenden Nahrungsmittelpreisen und Energiekosten allein lassen. Immer mehr Länder werden bankrottgehen.
    Die Rohstoffknappheit wird also zu sozialen Verwerfungen führen, lange bevor es zum ökologischen Zusammenbruch kommt. Die Auswirkungen können Währungsverfall, Überschuldung, Insolvenzen, soziale Unruhen oder Bürgerkriege sein. Wie im Arabischen Frühling 2011 werden diese Ereignisse die eigentliche Ursache verschleiern: die knapper werdenden Rohstoffe. Der Aufstand gegen die Unterdrückungsregime wurde allgemein als positive Entwicklung in Richtung Demokratie gewertet. Doch die eigentliche Ursache war, dass die schnell wachsende Bevölkerung in der Region mit steigenden Preisen für Nahrungsmittel und Energie zu kämpfen hatte. Nicht einmal der zynischste Diktator kann derart explosiven sozialen Sprengstoff kontrollieren.
    In China geht man mit der Situation anders um. Chinas politische Führer wissen seit Jahrzehnten, worum es beim Wettlauf um die Rohstoffe geht, besser als alle anderen Länder. Sie haben sich für das Wettrennen in Position gebracht und sich den Zugang zu Rohstoffen im Ausland gesichert. Sie haben ihr Bevölkerungswachstum reguliert, abgeholzte Wälder wieder aufgeforstet und die zunehmende Verstädterung umsichtig geregelt. Das Reich der Mitte hat sich Zugang zu Rohstoffen im Ausland gesichert, auch wenn das eigentliche Ziel seit jeher die wirtschaftliche Unabhängigkeit ist.
    China ist keine Demokratie, aber die Bevölkerung stellt hohe Erwartungen an ihre Regierung. Die Regierung erhält sich ihre Existenzberechtigung, indem sie diese Erwartungen erfüllt. Mithilfe des Wirtschaftswachstums haben die politischen Führer Chinas Millionen Chinesen aus der Armut geführt und sich damit die Begeisterung und Loyalität großer Teile der Bevölkerung gesichert. Das wirtschaftliche Wachstum hat vielen Menschen neue Chancen eröffnet und der Mehrheit der Chinesen das

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