2053 - Der neue Tato
Widerstandskämpfer hat demnach die Möglichkeit, sich und seinesgleichen bei bester Gesundheit zu halten."
„Mit Verlaub, Mascant, die veränderten Lebensbedingungen für Millionen Ertruser lassen das Aufflackern von Epidemien erwarten. Unser Ziel muss sein, die Wirtschaftskraft des Planeten zu stärken." Kraschyn schwieg dazu. Aus zusammengekniffenen Augen blickte er den jäh beschleunigenden Katsugos hinterher. Die Kampfroboter stoppten einen ertrusischen Bodengleiter, der sich zielstrebig dem nächsten Neubaugebiet näherte. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass die Rebellen ein Fahrzeug mit hochbrisantem Sprengstoff voll packten und gegen arkonidische Einrichtungen steuerten. Subeat atmete auf, als das Fahrzeug ohne jeden Zwischenfall, der seine Position Kraschyn gegenüber weiter geschwächt hätte, abdrehte. „Die Dezentralisierung der ertrusischen Zivilisation ist für uns ein Problem", sagte der Tato. „Leider bildete sie die Grundlage der planetaren Wirtschaftskraft. Noch sind die Eingeborenen auf Nahrungsmitteltransporte bis in die entlegensten Gebiete angewiesen. Aber wir stellen bereits geeignete landwirtschaftliche Maschinen zur Verfügung."
„Und?" Kraschyns Stimme klang unbewegt. „Wie sind die Erfolge dieser Maßnahmen zu beziffern?" Natürlich wusste er Bescheid. Über alles, was auf Ertrus geschah. Mit seinen Fragen legte er gezielt den Finger in die Wunde. Subeat empfand die Situation als beginnenden Affront. Weil der Mascant nach einem Verantwortlichen suchte, dem er den anhaltenden Widerstand anlasten konnte? „Die Erfolge liegen in greifbarer Nähe", behauptete der Tato. „Mit anderen Worten: Bisher waren alle Bemühungen vergeblich. Die Ertruser geben sich nicht mit Vergünstigungen zufrieden, sondern fordern das Ende der Besetzung. Ein Narr, der das nicht absehen konnte." Subeat dom Cyllken antwortete erst nach einer Weile. „Nach wie vor herrscht in weiten Bereichen Kriegszustand zwischen unseren Truppen und dem ertrusischen Widerstand. Es gelingt nicht, die Auseinandersetzungen einzudämmen. Dennoch bin ich zuversichtlich, dass wir den Durchbruch bald schaffen." Die arkonidischen Truppen, vor allem Kolonialsoldaten und Spezialtruppen der Naats, hatten für die Besetzung der Extremwelt einen hohen Blutzoll gezahlt. Sie standen mit dem Rücken zur Wand. Nicht nur gegen Ertruser, sondern ebenso gegen Flora und Fauna, scheinbar den Planeten selbst, der mit seiner Schwerkraft, heftigen Stürmen und Unwettern trotzte. Dass terranische Siedler einst auf dieser Welt Fuß gefasst hatten, die noch heute wie eine Hölle erschien war mehr als unverständlich.
In der Flotte galt eine Abkommandierung nach Ertrus inzwischen als potentielles Todesurteil. Nur Sterben ist ein schöner Tod. Niemand sprach den Satz laut aus, aber als Flüsterparole zog er weite Kreise. Kein Wunder, dass ins Schussfeld geratene Guerillas oder gar Gefangene den schwer zu bändigenden Zorn der Truppen zu spüren bekamen. Der Tato hatte schnell erkannt, dass hier eine Spirale in Gang gesetzt worden war, die auf Dauer nur gegenseitigen Hass begründete. Auf seine Weise versuchte er sie zu durchbrechen. „Bald ...?" echote Mascant Kraschyn. „Für wirkungsvolles Vorgehen bleibt nicht mehr viel Zeit." Ein zwischen Spott und Besorgnis liegender Zug hatte sich um seine Mundwinkel eingegraben. Mit einer unmissverständlichen Geste ließ er die Hand über seinen Hals wandern. „In drei Wochen wird der Begam das Kreit-System anfliegen", verkündete er pathetisch. „Seine Erhabenheit Imperator Bostich I. will für wenige Stunden Ertrus besuchen - um sich persönlich von den Fortschritten in der neuen Kolonie zu überzeugen. Es wäre besser, Tato, dann sichtbare Erfolge vorzuweisen." Die verborgene Drohung war unverkennbar: Nichts Hasste der Imperator mehr als Untergebene, die unfähig waren, seine Befehle auszuführen. Auch die unausgesprochenen. „Seine millionenäugige, alles sehende und alles wissende Erhabenheit wird mit dem Erreichten zufrieden sein", stieß Subeat dom Cyllken hervor. Kraschyns Miene blieb unbewegt. „Das hoffe ich - das hoffe ich sogar sehr, Tato. Die imperialen Verluste waren nicht unerheblich. Und Ertrus sehe ich nur als eine von vielen Bastionen terranischer Dekadenz."
Subeat wusste, wann er besser schwieg. Für ihn als erbberechtigten Nachfolger seines gräflichen Vaters war der Lebensweg frühzeitig vorgezeichnet gewesen. Auf Arkon II hatte er eine vorzügliche Ausbildung in den Bereichen
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