2058 - Im Land Dommrath
aufbäumen zu wollen. Beide beruhigten sich sofort wieder, wirkten danach wie schlafend. Und selbst Hermigo hatte seine unruhige Wanderung eingestellt; der winzige Mauskörper war auf Keifans Schulter erschlafft und in sich zusammengesunken. „Ich habe mich schon gefragt, wann du eigentlich schläfst, Hermigo", sagte Startac. Er seufzte. „Nur schade, dass du nicht sprechen kannst, seltsamer Mäuserich. Du hättest mir sicher viel zu erzählen." Startac unterbrach sich. Eigentlich war es ihm zu dumm, Monologe an ein Tier zu richten, von dem er keine Antwort zu erwarten hatte.
Er begann allmählich Langeweile zu verspüren. Für ihn gab es in den nächsten sechs Stunden nichts zu tun, denn Keifans Sitzung mit Trim würde mindestens so lange dauern, wie der Druide mit ihm gebraucht hatte. Startac ging ans Fenster und blickte auf das nächtliche Rangkonrabat hinaus.
Statt hier tatenlos herumzusitzen, konnte er genauso gut das Nachtleben der Stadt erkunden...
Harim Katinkarut war noch immer sauer. Der Reinfall mit diesem Bengel von einem loffkin, wie sie die Touristen bei sich abfällig bezeichnete, belastete sie immer noch schwer. Der hatte sie doch glatt ausgetrickst! War einfach davongerannt! Das war ihr noch nie passiert. Ihre Methode, loffkins angeblich gratis herumzuführen und ihnen im Nachhinein einen Lohn abzupressen, indem sie ihnen öffentliche Bloßstellung androhte, hatte bisher immer funktioniert. Und sie war damit stets gut gefahren, konnte von ihrer Tätigkeit als Fremdenführerin recht gut leben.
Aber bei aller curmiose hatte sie einen strengen Ehrenkodex. Sie nahm ihren Kunden nie - oder nur selten - mehr ab, als sie meinte, wert zu sein. Sie war ja keine Halsabschneiderin, nur eben ein wenig curmios. Sie hatte sich über ihren Reinfall so geärgert, dass sie eine Pause einlegen musste. Und hatte auch noch den Spott ihrer Freunde über sich ergehen lassen müssen. Nun hatte sie sich wieder einigermaßen beruhigt und war wieder unterwegs auf Kundenfang. Wie meist trieb sie sich in der Nähe des Jeensboog herum. Der weite Platz vor der Pilgerherberge war ein guter Boden. Ihre scharfen Augen taxierten mit professionellem Blick jeden Passanten, der an ihr vorbeikam.
Plötzlich traute sie ihren Augen nicht. Sie sah auf einmal wieder ihren üblen Kunden vom vergangenen Tag, der sie so schändlich blamiert hatte.
Doch dann erkannte sie, dass es nicht derselbe war. Es war nur sein Artgenosse, der größere Freund dieses Trim Marath. Harim Katinkarut kannte die beiden. Sie hatte sie beobachtet, wie sie mit dem Druiden im Jeensboog eingecheckt hatten, und dabei schon gedacht: Schade, dass sie sich in Begleitung eines Ehrwürdigen befinden, die beiden wären eine gute Kundschaft. Von wegen! Der Stachel des Trim Marath saß immer noch tief, aber nun sah sie die Chance, sich ihre Sons doppelt zurückzuholen. Diese Schmach konnte sie nicht auf sich sitzen lassen!
Aber sie wollte nichts überstürzen, musste einige Vorsicht walten lassen. Es war gut möglich, dass dieser Trim seinen Freund über sie informiert hatte. Andererseits ... wenn es so gewesen wäre, hätte sich „der andere" nicht so unbekümmert unters Volk gemischt. Er spazierte unentschlossen durch die Menge, offenbar uneins mit sich, wohin er sich wenden sollte. Während sich Harim Katinkarut ihm von hinten näherte, rief sie einige ihrer Freunde an. Sie teilte ihnen triumphierend mit, dass sie die Chance auf soddece hatte und dafür freundschaftliche Hilfe brauche. Ihre Helfer hätten nichts weiter zu tun, als sich zum gegebenen Zeitpunkt vor dem Jeensboog zur Verfügung zu halten.
Nachdem dies geregelt war, machte sich Harim an den loffkin heran. Sie stürzte sich gestikulierend auf ihn und deckte ihn mit ihrem schier nicht enden wollenden Redeschwall ein. Aber wie schon dieser Trim hatte auch „der andere" eine lange Leitung, und es dauerte eine geraume Weile, bis er mit ihrer Sprache zurechtkam.
Als sie ihn dann fragte, ob sie ihm das Nachtleben von Rangkonrabat zeigen dürfe, sagte er: „Das wäre eine feine Sache, aber ich habe keine Do'Sons, um einen Fremdenführer zu bezahlen." Das kam ihr mehr als bekannt vor! „Wer redet hiervon Rathischen Sons, me viu ledosi?" sagte sie ihr Sprüchlein auf. „Ich mache das alles aus reiner Fremdenfreundlichkeit. Mir geht es einzig darum, dir die Sehenswürdigkeiten meiner Heimat zu zeigen. Vila huidose gaba?" Es wirkte auch diesmal. „Na schön, wenn das so ist, dann vertraue ich mich dir
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