Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
206 - Unterirdisch

206 - Unterirdisch

Titel: 206 - Unterirdisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
Vom Netzwerk:
zwischen Ngaai und Athikaya!
    Barah starrte in die prasselnden Flammen des Lagerfeuers.
    In ihrem Rücken drang das Brüllen von Lioons vom Fluss herauf. Es übertönte die Stimmen des Dschungels, der in der Ferne wie eine dunkle Wand aus der Ebene ragte.
    Ein plötzliches Rascheln und Knacken ließ Barah aufschauen. Hinter dem Feuer regte sich etwas. Ein Tier, das sich aus dem Dschungel hierher verirrt hatte? Die Jägerin griff nach ihrem Speer. Die Flammen blendeten sie. Sie stand auf und trat ein wenig zur Seite, um besser sehen zu können.
    Es war kein Tier, sondern die Gestalt eines Menschen, die dort aus der Dunkelheit langsam auf sie zukam: Nicht viel größer als Barah war sie, ein Tuch flatterte um ihren Kopf, und der linke Arm hing verdreht an ihrer Körperseite herunter.
    Gjorgis!, schoss es Barah durch den Kopf.
    Sie sprang auf. »Gjorgis!« Die Jägerin war fassungslos vor Freude und Staunen. Sie war gerade im Begriff, zu ihrer Gefährtin zu eilen, als diese den Lichtschein des Feuers betrat.
    Barah wich entsetzt zurück. Was da vor ihr stand, hatte tatsächlich das Aussehen von Gjorgis, war aber alles andere als ein Wesen aus Fleisch und Blut: Leib und Glieder schienen aus grauen Wurzeln und Flechten zu bestehen. Die Haut hatte die Farbe von schmutzigem, verwelkten Moos. In faserigen Fetzen flatterte sie an der Körperoberfläche des Wesens.
    Ein Geist!
    Barah hoffte inständig, das alles möge nur ein Traum sein.
    Doch vergeblich! Mit ausdruckslosen Augen kam das Geistwesen auf sie zu. Und schlimmer noch, es war nicht allein. In ihrem Rücken näherten sich noch andere schemenhafte Gestalten.
    Barah hob ihren Speer und zog mit der anderen Hand ihr Messer aus dem Gürtel. »Gefahr!«, brüllte sie in Richtung Ratshaus.
    Schon sprang das Geisterwesen auf sie zu. Es wich ihrer Speerspitze aus und krallte seine kalten Finger in Barahs Gesicht. Die Jägerin stieß mit ihrem Dolch zu. Es war, als würde sie in weiche Erde stechen. Das Wesen gab ein zischendes Geräusch von sich. Es wankte zur Seite und stürzte ins Feuer. Wie trockenes Holz ging sein faseriger Körper in Flammen auf.
    Barah atmete schwer. Vom Haus her waren Rufe zu hören.
    Sie sah Jarin, Carah und Dutzende andere Frauen mit Fackeln und Waffen auf die Feuerstelle zulaufen.
    Sie kamen nicht weit. Wie eine graue Welle glitten unzählige der Pflanzenwesen aus der Dunkelheit und stürzten sich auf die Enkaari. Ein wilder Kampf entbrannte. Die Schreie der Frauen vermischten sich mit den unheimlichen Stimmen der Geistwesen: ein Knarren und Knistern, ein Rauschen und Rascheln. Es klang nach Sturm, der durch einen Laubwald jagte.
    Barah wollte zur Hilfe eilen, aber ein dunkles Grollen in ihrem Rücken hielt sie zurück. Sie wirbelte herum. Der wuchtige Schädel eines hundeartigen Tieres schwebte vor ihrer Brust. Aus den Kiefern seiner geöffneten Schnauze ragten Doppelreihen dolchlanger Zähne. Die Fasern seines struppigen Fells wanden sich wie kleine Schlangen um seinen mächtigen Leib. Sein Schweif erinnerte Barah an einen Lianenstrang. Von seinen Lefzen hingen schleimige grüne Fäden. Es glich weder einer Hyäne, noch den Wildhunden dieser Gegend. Wie schon bei der falschen Gjorgis, wirkten die Umrisse des Körpers durchscheinend und gespenstisch.
    Barah trat einen Schritt zurück. Sie richtete ihren Speer auf den Riesenhund. Der duckte sich und sprang in die Beine der Jägerin.
    Barah spürte einen stechenden Schmerz, als sich die Zähne des Tieres – war es denn ein Tier; waren es Zähne? – in ihr Fleisch gruben. Sie schrie auf und stieß der Kreatur den Speer zwischen die Schultern.
    Ein Schaudern ging durch deren Leib. Die dunkelgrünen Fasern ihres Fells zitterten wie Farnwedel, in die eine Windböe fährt. Ächzend brach das Tier zusammen. Als Barah den Speer wieder herauszog, ertönte ein schmatzendes Geräusch. Etwas Feuchtes rann an ihrem Bein herunter. Sie blutete. Eine faustgroße Wunde klaffte in ihrer Wade.
    »Barah! Alles in Ordnung?« Jarin kam an Barahs Seite. Als sie den Kadaver des Hundes sah, pfiff sie leise durch die Zähne. »Bei Athikaya, was ist das?!« Staunend beugte sie sich über das Wesen.
    »Ein Dämon aus dem Götterberg, wie all die anderen Dinger auch!«, knurrte Barah.
    Sie schaute sich um. Der Kampf schien zu Ende. Vor dem Ratshaus hockten einige der Enkaari-Frauen auf dem Boden.
    Sie waren verletzt oder erschöpft. Andere begutachteten die erlegten Wesen. »Wo sind diese Ausgeburten der

Weitere Kostenlose Bücher