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206 - Unterirdisch

206 - Unterirdisch

Titel: 206 - Unterirdisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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über Wände, Boden und Decke. Alles glänzte feucht, und überall das gleiche Bild: Ausstülpungen, Schwellungen, Gewebslappen und Wucherungen. Alles wogte und bebte, blähte sich auf, sackte zusammen oder zitterte. So hatten sich die BBC-Redakteure sicherlich nicht ihre animierten Pilzwälder vorgestellt. Aber sie hatten ja auch nicht mit unerwarteten Mutationen rechnen können. Hatten vielleicht die Daa’muren den Urvater dieses Pilzmonstrums einst erschaffen?
    Von fern hörte er es schmatzen und blubbern. Nach dreihundert Metern fiel der Lichtkegel auf einen knöchelhohen und vielleicht einen Meter durchmessenden Haufen. Er war gelblich-braun, dampfte und verbreitete einen entsetzlichen Gestank.
    Wieder vernahm Matt das seltsame Schmatzen, und plötzlich wölbte sich ein Gewebsstrang rund um die Anhäufung. Es brodelte und schlürfte, der stinkende Haufen wurde kleiner, bis sich schließlich etwas wie ein Maul über ihm schloss.
    Matt Drax starrte die zitternde graue Fläche an – keine Spur mehr von dem ekelhaften dampfenden Stoff. Dort, wo sich eben noch ein Schlund geöffnet hatte, faltete sich das zitternde Pilzgewebe, glättete sich wieder, zitterte stärker und faltete sich erneut.
    Der Ekel schnürte Matt die Kehle zu. Weg hier, schnell weiter! Nur wenige Sekunden hatte er still gestanden, und schon wieder umgab ihn ein dichtes, Fäden verschießendes Gespinst wie ein Spinnennetz voller Staubfladen. Er zerriss es mit Lampe und Blaster und hastete im Laufschritt den leicht abwärts führenden Gang hinunter.
    Dann, vielleicht dreihundert Meter weiter, fiel der Lichtstrahl nach einer leichten Biegung auf einen Mammutwurm. Sein weißgrauer Leib schimmerte feucht im künstlichen Licht. Seine Kauscheren machten sich an einem undefinierbaren und ganz und gar in Fäden und schimmelpilzartigen Flocken eingesponnenem Bündel zu schaffen. Als er Matt Drax bemerkte, gingen peristaltische Wellen durch seinen Walzenleib, und rascher, als Matt es ihm zugetraut hätte, bewegte er sich auf ihn zu.
    Der Mann aus der Vergangenheit hob den Blaster und drückte auf den Auslöser. Es war, als würden die lebendigen Gangwände zurückzucken. Der Laserstrahl fuhr in den Schädel des Wurms. Das grauweiße Fleisch kochte und platzte.
    Dampfende Flüssigkeit und Blut ergossen sich schwallartig über den Blasen werfenden Boden. Wie eine Welle fuhr es durch den Riesenleib des Wurmes, dann lag er still und rührte sich nicht mehr.
    Matt Drax überwand seine Abscheu und drängte sich zwischen Wurmkadaver und Pilzwand an dem toten Hindernis vorbei. Der Pilz versuchte ihn mit Fäden und Tentakeln festzuhalten; vergeblich.
    Als er das Ende des Mammutwurms erreichte, stank es entsetzlich und auf bekannte Weise. Matt blickte zu Boden: Gelblich-brauner Brei strömte dampfend und gurgelnd aus der Afteröffnung des toten Wurms. Matt wandte sich schaudernd ab und machte, dass er weiterkam.
    Verwesungsgestank traf ihn wie ein Faustschlag. Vor dem eingesponnenen Bündel, das der Wurm mit seinen Kauscheren zerkleinert hatte, stockte sein Schritt und sein Atem: Hinter dem Gespinst aus Fäden und Flocken erkannte er die untere Hälfte eines teilweise skelettierten menschlichen Torsos. Matt Drax stieß einen Fluch aus und eilte weiter.
    Er stampfte mit den Stiefeln auf, als wollte er den pilzigen Belag des Bodens zertreten. Die wütenden Bewegungen halfen ihm, sein Entsetzen und seinen Ekel in Schach zu halten.
    Nach etwa einem Kilometer verbreiterte sich der Pilztunnel nach allen Seiten. Seltsame Gebilde jeder Größe hingen hier von der Decke. Matt Drax fühlte sich auf einmal wie in einer lebendigen Stalaktitenhöhle. Vorsichtig näherte er sich den grauen, schleimhäutigen Blasen. Einige erinnerten ihn an Eidotter, in dem junge Vögel heranreiften, andere an Filmaufnahmen von Embryonen im Mutterleib.
    Fassungslos stand der Mann aus der Vergangenheit zwischen halb durchsichtigen Gewebssäcken. Sie bebten oder zitterten, vielleicht weil die Decke, an der sie hingen, bebte und zitterte. In ihnen schien es zu pulsieren, und was da pulsierte, hatte menschliche Gestalt! Was um alles in der Welt geschah hier?
    Er trat an einen der schleimigen Pilzhautbeutel heran und versuchte die Gestalt darin genauer zu identifizieren. Der Sack hing etwa anderthalb Meter weit von der lebendigen Decke herab. Matt sah ganz genau hin und glaubte die Gestalt eines Enkaari zu erkennen. Die filigraneren Körperformen, die Gesichtszüge und das Haar wirkten irgendwie

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