2061 - Wächter des Portals
problemlos, ohne das geringste Blutvergießen. Sambarkinär.
Aber welche Folgen hätte dieser Sieg? Würde er nicht zu einer Unfreiheit führen, die viel, viel schlimmer und unerträglicher war als die, die die Ritter von Dommrath dem Land auferlegt hatten? Die Ritter verboten und verhinderten lediglich die interstellare Raumfahrt, aus welchen Gründen auch immer. Ruben kannte diese Gründe nicht, konnte über sie nur spekulieren. Er empfand sie als Unterdrückung, aber vielleicht gab es ja tatsächlich gute Gründe, die er einfach nicht verstand, genauso wenig wie die Technik der Ritter, die ihm wie Magie vorkam, weil sie seinen Horizont bei weitem überschritt.
Dann sollen sie die Gründe offen legen und kein Geheimnis daraus machen! flüsterte das Raubtier. Und sie sollen ihr Wissen mit uns teilen und ihre absolute Macht aufgeben! Du bist ein Heuchler! flüsterte der Intellekt. Was, wenn sie dir die Gründe offen legen und dich zu einem der Ihren machen würden? Würdest du das Volk dann nicht genau wie sie im Unklaren lassen, überzeugt davon, das Richtige zu tun, zum Nutzen des Volkes? Dieser Gedanke war so abwegig, dass das Raubtier brüllend auflachte. Aber der Intellekt sah das Entsetzen der Bewohner von Yezzikan Rimba, und Ruben erschrak zutiefst. Was habe ich getan? dachte er. Wozu verführt absolute Macht? Wie werde ich aus einer Laune mit meiner absoluten Macht verfahren? Bin ich nicht besser als die Ritter? Oder will ich nur genauso sein wie sie?
Das Raubtier brüllte vor Zorn, doch der Wissenschaftler behielt die Oberhand. Ich weiß nicht, was ich tue. Ich bin wie ein Kind, das zufällig auf den Auslöseknopf des Minengürtels gedrückt hat. Mein überstürztes Vorgehen hat möglicherweise eine irreparable Störung verursacht! Kinder an die Macht! schmeichelte das Raubtier. Sie leben für den Augenblick und ihr Glück, machen sich keine Gedanken um die Konsequenzen und führen eine reine, unschuldige Existenz. Auch wenn Ruben Caldrogyn in diesem Zustand keine Lappohren mehr hatte, er bewegte sie in einer eindeutigen Geste und machte die Manipulation am Portal von Yezzikan Rimba wieder rückgängig.
Die Chance ist da! lockte das Raubtier. Ohne Blut, Schweiß und Tränen, sambarkinär wie keine andere Möglichkeit. Du vermeidest einen vielleicht ewigen Krieg, bringst dem gesamten Land endlich die ersehnte Freiheit. Ist dir überhaupt klar, was du hier bewirken kannst? Oja, es war ihm klar.
Dank der Hilfe des Teleporters Startac Schroeder war es ihm möglich, das gesamte System der Portale zum Einsturz zu bringen.
Tu es! schrie das Raubtier. Tu es endlich! Doch der Ruben Caldrogyn, der er nun war, hier und jetzt und im Ätherherzen und auf Yezzikan Rimba, dachte anders. Zum allerersten Mal, seit er der Astronautischen Revolution als Hornspitze voranging, hatte er die Freiheit der Wahl. Wollte er tatsächlich alle Portale ausschalten und damit im gesamten Land Dommrath den Transmitterverkehr und somit praktisch sämtlichen Verkehr für vielleicht alle Zeiten zum Erliegen bringen?
War die vermeintliche Freiheit diesen Preis wert? Er kannte nicht einmal die Gründe, die die Ritter für das Verbot der Raumfahrt hatten. Und er hatte selbst gesehen, wie die sogenannte Freiheit der Raumfahrt von den Kolonisten der Außenlandcluster missbraucht wurde. Tu es! drängte das Raubtier.
Tu es, und du wirst auf ewig in die Geschichtsspeicher eingehen! Aber Ruben konnte es nicht.
Das Raubtier kämpfte nicht länger gegen die Niederlage an und verstummte. Ruben Caldrogyn war allein mit seinem Verstand. Du bist allein, dachte er. Letzten Endes bist du völlig allein. Deine Partnerin stirbt, und du bist allein. Die Revolution stirbt, und du bist allein. Du stirbst, und du bist dabei auch allein. Du hast vielleicht Freunde. Ihr habt mich geliebt, und ihr habt mich auf meiner Reise begleitet. Aber nicht bis Zum Ende. Das Ende erlebst du allein. Und du musst die Verantwortung für dein Tun letzten Endes allein tragen. Was willst du also? Chaos oder Stabilität?
Ruben Caldrogyn hätte sich nie im Leben eingestanden, dass in ihm ein Wandel stattfand.
Hätte er diesen Wandel erkannt hätte er ihn nicht als explizit und unumkehrbar wahrgenommen. Doch später, viel später, nachdem das Undenkbare und Unvorstellbare geschehen war und er erkannt hatte, dass er tatsächlich Freunde hatte, die ihn liebten und auf seiner Reise begleiteten, viel, viel später wurde ihm klar, dass der Wendepunkt eindeutig hier gelegen hatte,
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