2066 - Der Thronfolger
den Khasurnmeister und die Adligen aus dem Hintergrund heraus unter Druck zu setzen und zu einer raschen Lösung zu zwingen. Nur so konnte das Machtvakuum sehr schnell gefüllt werden, nur so war das Göttliche Imperium sehr rasch wieder handlungsfähig. Und Marchanys Aufgabe war, den Gremien auf die Finger zu schauen und mit ihren Aufnahmen notfalls die Beweise zu liefern, mit deren Hilfe möglichen Manipulationen ein Riegel vorgeschoben werden konnte.
Der Geheimdienstler machte die Journalistin zu seinem Instrument und sie hatte keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren. Nun war auch klar, weshalb er die Besuche bei ihrer Mutter angesprochen hatte. Sargor hatte ihr zu verstehen gegeben, dass es durchaus Chancen gab, der Mutter zu helfen. Etwas anderes kam nicht in Frage, da ihr Schicksal nicht mehr zu verschlechtern war. Falls sie sich weigerte, würde sie alles verspielen und die vielleicht letzte Chance ihrer Mutter zunichte machen. Sargor da Progeron war ihr noch nie so unsympathisch gewesen wie in diesen Minuten.
6.
In einer der prunkvoll ausgestatteten Hallen des Kristallpalastes kamen die führenden Adligen Tiga Rantons zusammen. Es war unglaublich schnell gegangen - per Transmitter eilten sie aus allen Teilen des Reiches zur Kristallwelt. Nur wenige der hochrangigen Persönlichkeiten hatte man nicht erreichen können, die meisten kamen zur Versammlung. Marchany da Camqoa und ihr Team filmten das Treffen der großen Familien, zu denen die Ragnaaris, die Zoltrals, die Gonozals, die Quertamagins, die Orcasts, die Monotos', die Orbanaschols, die Tutmors, die Tereomirs, die Anlaans, die Metzats, die Thetarans, die Arthamins, die Arigas und viele mehr gehörten.
Das Team wurde Zeuge eines erbitterten Kampfes um Ruhm, Einfluss und Macht. Jede der Familien war bemüht, ihren eigenen Kandidaten durchzubringen. Jede hatte den Ehrgeiz, den neuen Imperator zu stellen. Mit dem Aufstieg zur Spitze des Göttlichen Imperiums waren handfeste Interessen verbunden, die sich nicht allein in dem nicht zu übertreffenden Ansehen erschöpften, sondern in erheblichem Maße im wirtschaftlichen. Bereich zu suchen waren. Die Familie, die den Imperator stellte, erhielt direkten Zugang zu schier unermesslichem Reichtum und damit auch zu wirtschaftlicher und finanzieller Macht. Grund genug, mit allem Einsatz um die Kandidatur zu kämpfen und dabei alle Möglichkeiten der Intrige zu nutzen.
Für Marchany da Camqoa war eine solche Veranstaltung neu und voller Überraschungen. Sie erlebte die Vertreter der angesehensten Adelsfamilien in einer Art und Weise, die sie sich bis dahin nicht hatte vorstellen können und die nicht gerade dazu betrug, ihnen mit vermehrter Hochachtung zu begegnen. Im Gegenteil. Zu Beginn ihrer Arbeiten hatte sie noch mit Hemmungen zu kämpfen, die durch die. hohen Erwartungen hervorgerufen wurden. Ihre Familie war buchstäblich aus dem Kreis des Hohen Adels hinausgeworfen worden. Seit sie sich mit dem Makel der Ausgestoßenen versehen wähnte, sah sie die Welt, zu der sie nicht mehr gehören durfte, mit besonderen Augen mit einer gewissen Eifersucht, vor allem aber mit Bewunderung. Sie wertete diese Welt und jene, die in ihr lebten, mit anderen Maßstäben. Geflissentlich hatte Marchany bislang fast alles Negative übersehen und überwiegend die goldenen Seiten in den Vordergrund gerückt.
Nun aber tauchte sie in eine Gesellschaft ein, die in großen Teilen von purem Machtstreben, nackter Gier und hemmungsloser Rücksichtslosigkeit bestimmt war. Die Männer und Frauen kämpften teils lautstark und in einer Sprache miteinander, die nicht gerade von vornehmer Erziehung und höchstem Bildungsstand zeugte. Sie gingen in einer Art und Weise miteinander um, die Marchany als stillos, unwürdig und dem festlichen Rahmen keineswegs angepasst empfand. So verloren sich ihre Hemmungen rasch, und sie sprach einige der prominentesten Adligen an, um sie zu befragen.
Angesichts der Bedeutung der Veranstaltung hatte sie befürchtet, abgewiesen zu werden, doch ihre Bedenken erwiesen sich rasch als unnötig. In ihrer Eitelkeit und dem Verlangen, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren, drängten sich viele der Männer und Frauen förmlich um sie. Ein großer Teil von ihnen war darauf bedacht, ein paar Worte zu den Medien zu sagen und zu unterstreichen, wie wichtig die Familie und man selbst im Rahmen der Suche nach einem Kandidaten für das Amt des Imperators sei.
Das Oberhaupt der Tereomir-Familie verstieg sich
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