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2066 - Der Thronfolger

Titel: 2066 - Der Thronfolger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Anspruch auf die Nachfolge des ermordeten Imperators hatte. Diese Tatsache ließ einige andere Ereignisse in einem anderen Licht erscheinen. Sie ließ weitere Zweifel in ihr aufkommen. Und sie erfüllte sie mit Angst.
    Marchany arbeitete an vorderster Front. Durch die Reportagen und die Interviews hatte sie unmittelbaren Kontakt mit den wichtigsten Persönlichkeiten des Imperiums, und nun fragte sie sich, wer außer ihr noch wusste, dass der Imperator unfruchtbar gewesen war. Angst kroch in ihr hoch wie ein filigranes und unsichtbares Ungeheuer, das sich in ihr eingenistet hatte, um allmählich und unaufhaltsam Besitz von ihr zu ergreifen, sich mit seinen abstoßenden Tentakeln von Nervenfaser zu Nervenfaser vorzuarbeiten, bis es die absolute Herrschaft über sie errungen und zur Untätigkeit verdammt hatte. Niemand durfte erfahren, was sie wusste. Niemand durfte auch nur ahnen, dass sie den Betrug durchschaut hatte. Sie musste vorsichtig sein. Wenn sie sich verriet, stand ihr Leben auf dem Spiel. Verzweifelt überlegte sie, ob sie sich irgendjemandem anvertrauen konnte. Sie hatte das Verlangen, sich alles Belastende von der Seele zu reden und das Geheimnis mit irgendjemandem zu teilen. Was geschah, war zu schwerwiegend, um von ihren Schultern allein getragen werden zu können.
    Doch wem konnte sie vertrauen? Bei wem konnte sie wirklich jeden Zweifel ausschließen, dass er sein Wissen nicht augenblicklich an Sargor da Progeron weitergab? Yinkall? Vermutlich. Oltra Rimeiyke? Könnte sein. Mercarit? Sicherlich nicht. Wer blieb noch? Ihr fiel niemand mehr ein. Doch. Möglicherweise noch Astimaf. Die Mutter Ollynans würde sie nicht verraten. Ihre eigene Mutter! Natürlich! Dass sich nicht schon früher an sie gedacht hatte. Bei ihr konnte sie absolut sicher sein, dass sie ihr Wissen nicht weiterreichte. Ihre Mutter konnte sich nicht mehr äußern. Sie konnte sich niemandem mehr verständlich machen.
    Sie spürte ein Signal an ihrem Handgelenk. Als sie den entsprechenden Impuls gab, baute sich ein Holowürfel über ihrem Handrücken auf. Das Gesicht Yinkalls zeichnete sich darin ab. „Der Cel'Mascant will dich sprechen", berichtete er. „Du sollst zu ihm kommen. Sofort!" Sie war so erschrocken, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Die Angst wurde allumfassend. Obwohl sie sich immer wieder sagte, dass Sargor da Progeron nichts wissen konnte, fürchtete sie doch, dass er sie entlarvt hatte. „Nun geh schon!" forderte Yinkall sie auf. „Es ist wichtig."
    Sie nickte nur stumm, und dann folgte sie den Hinweisen, die ihr der Holowürfel gab. Er führte sie aus der Halle und über verschiedene Gänge zu einem geräumigen Büro, in dem Sargor da Progeron hinter einer schwebenden Arbeitsplatte auf sie wartete. „Ich habe nicht viel Zeit", eröffnete er das Gespräch. „Es sind unglaublich viele Vorbereitungen zu treffen. Noch heute soll die Bestattung Bostichs I. stattfinden. Die Reste, die wir bergen konnten, werden verbrannt. Du wirst mit deinem Team einen Bericht über die Feierlichkeiten erstellen und alles minuziös festhalten."
    Der Geheimdienstchef blickte sie auf die ihm eigene Art an, die sie als besonders unangenehm empfand. Die Journalistin konnte nicht anders. Sie wich seinen Blicken aus. „Alles klar?" fragte er. „Ja, alles klar", antwortete sie mit stockender Stimme. „Stimmt etwas nicht?" forschte er, wobei er sich auf eine für sie erschreckende Weise veränderte. Ihr war klar, dass sein Extrasinn ihn alarmiert hatte. Marchany kämpfte mit ihrer Fassung, um sich nicht zu verraten. „Es ist die Trauer um den Imperator", schwindelte sie. „Und es fällt mir nicht leicht, mich in den Kreisen des Hochadels zu bewegen." Vor allem der letzte Satz überzeugte ihn. Ein boshaftes Lächeln glitt über seine wächsernen Lippen. „Du und deine Familie gehören nicht mehr dazu", stellte er fest. „Schon lange nicht mehr. Doch das kann sich ändern. Ich gebe dir eine weitere Chance. Unmittelbar nach der Bestattung wird die Inthronisation des neuen Imperators beginnen. Du wirst auch dieses Ereignis in allen seinen Einzelheiten festhalten und einen Bericht darüber anfertigen." Sargor da Progeron gab ihr mit einer knappen Geste zu verstehen, dass das Gespräch noch nicht zu Ende war. „Danach werde ich mit dem Khasurn-Laktrote reden", versprach er. Marchanys Herz machte einen jähen Sprung, und ihre Stimmung schlug plötzlich um. Als sie wenig später durch die Gänge des Palastes eilte, musste sie daran

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