2066 - Der Thronfolger
denken, dass sie die Chance erhalten hatte, einen Adelstitel zu erwerben und somit in den Kreis jener zurückzukehren, aus dem ihre Familie verstoßen worden war. Es war nur ein bescheidener Beginn, aber er eröffnete ihr die Möglichkeit zum weiteren Aufstieg.
Der offensichtliche Betrug, dem sie auf die Spur gekommen war, schien nun nicht mehr gar so gravierend zu sein. Arkon war groß und mächtig, ein ungeheuer in sich gefestigtes Gebilde. Es würde die Tatsache unbeschadet überstehen, dass jemand unter einem gefälschten Siegel inthronisiert werden sollte. Der Betrug war nur eine kleine Episode in der langen Geschichte Arkons, in der ihre Familie nun bald wieder eine Rolle spielen würde.
Sie hatte als einzige die Genehmigung erhalten, Mikrokameras in den Kristallpalast zu bringen und - mit Ausnahme bestimmter Bereiche überall Aufnahmen zu machen. Sie beschloss, Sargor da Progeronden großartigsten Bericht zu liefern, den sie je erstellt hatte. Sie wollte zum Ruhme Arkons beitragen. Überall in der Galaxis sollte man einen Report sehen, der beeindruckender von der Macht des Göttlichen Imperiums zeugte als alles andere, was jemals zuvor produziert worden war.
Vor allem die barbarischen Bewohner von Larsaf In sollten begreifen, dass sie sich mit einer Macht eingelassen hatten, der sie nie und nimmer gewachsen waren und die schon gar nicht durch einen Mord an ihrem Imperator ins Straucheln gebracht werden konnte. Huhany'Tussan - ich liebe und verehre dich!
7.
Trauerredner bei den Feierlichkeiten der Bestattung Bostichs I. war Aktakul da Ertrus, der Ka'Marentis des Huhany'Tussan, ein langjähriger Weggefährte und Jugendfreund des Imperators. Er war durch die Übertragung des Kreit-Lehens mit dem Planeten Ertrus geadelt worden. Marchany und ihr Team nahmen alles auftragsgemäß auf, und sie sprach den Kommentar dazu. Allerdings übte sie keine Kritik, wie sie es unter anderen Umständen bei einem vergleichbaren Anlass wohl getan hätte. Die Feierlichkeiten fanden unter einem deutlich spürbaren Zeitdruck statt. In nicht weniger ungebührlicher Eile schloss sich danach die Thronbesteigung an. Als Oltra Rimeiyke äußerte, man hätte sich doch aus Respekt und im Gedenken an Bostich I. wenigstens einen Tag Zeit mit der Inthronisation lassen können, schwieg Marchany.
Sie hasste sich dafür, weil sie wusste, dass sie sich selbst korrumpierte, um ihr hohes Ziel nicht zu gefährden. Sie wollte geadelt werden. Sie schwor sich, später und bei günstigerer Gelegenheit nachzuholen, was sie jetzt versäumte, doch tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es bei dem Vorsatz bleiben würde. Marchany tröstete sich mit dem Gedanken, dass die Verantwortlichen ganz sicher wussten, was sie taten. Sie mussten gute Gründe für diese Eile haben. Zudem ging die Journalistin davon aus, dass sie darüber hinaus Informationen hatten, die sie nicht der Öffentlichkeit zugänglich machten und die selbst den Betrug mit dem angeblichen Enzon rechtfertigten. Wenn Arkon in Gefahr war, musste man zu ungewöhnlichen Mitteln greifen, um der Bedrohung Herr zu werden.
Marchany schloss die Augen vor den sich ihr bietenden Problemen und erledigte ihre Arbeit so gut, wie sie konnte. Sie ignorierte den Bruch mit jeglicher Etikette, und sie versuchte, nicht daran zu denken, dass fast immer nach dem Tode eines Imperators Wochen oder gar Monate vergangen waren, bis der Nachfolger ausgerufen worden war. In dieser Zeit hatte es stets die heftigsten Kämpfe und Intrigen gegeben, die manchmal sogar zu blutigen Auseinandersetzungen geführt hatten. Es gab allerdings stundenlange Pausen in dem Zeremoniell, und diese nutzte Marchany, um die nötigen Recherchen anzustellen. Sie suchte Informationen über die maßgeblich beteiligten Persönlichkeiten wie etwa den Khasurnmeister Optar da Ragnaari und seinen Clan, um ihre Berichte aufzuwerten. Dabei forschte sie in den Archiven auch nach Unterlagen über Enzon. Ihr Team unterstützte sie, und die gesamte Redaktion des Senders arbeitete fieberhaft daran. Gefunden wurde 'in den Archiven überhaupt nichts.
Enzon schien im Nichts existiert zu haben, denn aus dem Nichts heraus war er aufgetaucht. Marchany konnte noch nicht einmal klären, ob er überhaupt die ARK SUMMIA-Prüfung bewältigt hatte und ob sein Extrasinn aktiviert worden war. Ob also die Grundvoraussetzung für die Inthronisation gegeben war. Viel Zeit für Recherchen blieb Marchany allerdings nicht, denn nun trafen aus allen Teilen der
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