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207 - Weg eines Gottes

207 - Weg eines Gottes

Titel: 207 - Weg eines Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Aktion nicht zerstört wurde. Die Versuchsanlage war direkt in den Karisimbi, den mit rund viertausendfünfhundert Metern höchsten Vulkan der Gebirgskette hineingebaut und vollkommen unterirdisch angelegt worden. Zudem hatte Bizimungu dafür gesorgt, dass das Karisoke Research Center, einst von Dian Fossey zum Schutz der Silberrücken gegründet und zwischenzeitlich ein paar Mal zerstört, wiederaufgebaut und finanziell großzügig unterstützt wurde. Die dadurch ausgelösten schlechten Zeiten für Wilderer hatten Bizimungu schließlich das Leben gekostet. Ein solcher hatte ihn nämlich erschossen.
    Die Poulains luden den Stammesführer und dessen drei Frauen zum Yassa Poulet ein. An einem Campingtisch wurde gegessen. Danach hingen alle wie paralysiert vor den wenigen Radio- und Fernsehgeräten, die es im Dorf gab. Mit sich überschlagenden Stimmen meldeten Reporter, dass der Beschuss des Kometen mit Atomraketen nichts gebracht hatte, kurz darauf war zu hören, dass »Christopher-Floyd« vollständig zerstört und die Gefahr gebannt sei. Freudenschreie ertönten, laute Dankesgebete zu Allah schwirrten durch den Äther. Die Harat jubelten und tanzten. Männer nahmen ihre Gewehre und schossen in die Luft. Habib umarmte seine Mutter, schrie ebenfalls vor Freude und hüpfte mit den Harat mit. Niemand wollte mehr hören, dass der Komet soeben in etwa sechshundert Kilometer Höhe in die äußersten Schichten der Thermosphäre eindrang.
    ***
    Gegen drei Uhr fünfzehn nachmittags veränderte sich das Firmament urplötzlich. Ein orangeroter Schein zog über den Horizont, verdrängte das Blau und füllte plötzlich den ganzen Himmel. Die Sonne wurde seltsam blass. Die Harat starrten nach oben. Manche fielen auf die Knie und beteten mit ausgebreiteten Armen. Ausgelassene Freude verwandelte sich wieder in tiefe Angst. Schafe, Ziegen und Kühe waren längst in die Schluchten geflohen. Die Pferde trabten nervös auf einer Koppel hin und her und wieherten. Abdelkrim ibn Ziyad stieg auf ein Plateau oberhalb des überhängenden Felsens, um das Schauspiel besser beobachten zu können. Fast alle Harat folgten ihm, auch die Poulains schlossen sich an.
    Das Plateau bot eine atemberaubende Aussicht. Der schroffe, wilde Gebirgsfuß des Rifs ging in eine weite grüne Ebene über, die sich bis zum Meer zog. Die Straße von Gibraltar war deutlich zu sehen. Auf der afrikanischen Seite erstreckten sich, an einen Berg gebaut, die weißen Häuser Tangers. Hinter der Meerenge konnten die Menschen gerade noch den spanischen Küstenstreifen mit dem Felsen von Gibraltar wahrnehmen. Allerdings undeutlicher als sonst. Dafür sorgte das orangefarbene Leuchten, das jetzt zu pulsieren begann.
    »Papa, was ist das für ein Licht?«, fragte Habib und drückte sich verstört an seine Eltern, die sich fest umarmten. »Ist das doch der Komet?«
    »Ich weiß es nicht, Sohn«, murmelte er.
    Der Franzose schluckte schwer. Er merkte gar nicht, dass sich Medior regelrecht in seiner Hüfte verkrallte. Mit weit aufgerissenen Augen stierte er auf das unheimliche Schauspiel. Das orangefarbene Leuchten pulsierte immer stärker.
    »Papa, hat der Komet ein Herz?«, fragte Habib weiter. Poulain lief es eiskalt über den Rücken. Ja, es sah tatsächlich so aus, als pulsiere dort über dem Horizont ein gigantisches Herz. Besaß dieser verdammte Totmacher, wie sie ihn nannten, tatsächlich eines? Kam das Ding nun wirklich runter? Die ursprüngliche Selbstsicherheit des Franzosen verflog mit jeder Sekunde mehr.
    Seltsame Erscheinungen in allen möglichen Farben irrlichterten über den Himmel. Sie erinnerten Poulain an die Polarlichter, die er einmal in Schweden gesehen hatte. Am Horizont ging das Orange allmählich in dunkles, feuriges Rot über, das sich langsam über den Himmel schob und die sonnige Helle des Nachmittags weiter dämpfte. Haratfrauen weinten laut und umarmten sich in größeren Trauben. Die Männer standen stumm für sich und beteten. Einer verdrehte plötzlich die Augen und sank zusammen. Seine Frau eilte zu ihm und tätschelte ihm laut klagend die Wange. Er ächzte leise. Niemand sonst kümmerte sich darum.
    Abdelkrim ibn Ziyad trat zu den Poulains. »Keine Angst, meine Freunde«, sagte er, und es klang seltsam gepresst. »Wir werden es überstehen. Der alte Bouhlarouz hat sich noch niemals getäuscht.«
    Poulain bemerkte die Schweißtropfen auf Abdels Stirn. Er nickte nur.
    Habib stieg ins Dorf hinunter. Er wollte Radio hören, bekam aber keinen richtigen

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