2073 - Welt der Kralasenen
Erhabenheit, hoffnungsschwanger und gleichzeitig von Zweifeln geplagt. Es mußte wohl so sein, wie Colteyn on Jartis es darstellte. Alles andere wäre Selbstbetrug.
Aber der Bekümmerte konnte an diesem Ort, angesichts der verwaisten Pracht von Gaumarol da Bostichs Gemächern, nicht anders, als mit den Möglichkeiten zu spielen: Was wäre, wenn ... Dennoch würde er sich mit der Tatsache abfinden müssen, daß Seine Millionenäugige Erhabenheit nie mehr wieder seine Gemächer aufsuchen konnte.
Die Einrichtung der Räumlichkeiten war auf eine unaufdringliche Weise prachtvoll, auch wenn sie Schlichtheit vortäuschte. Denn der Prunk präsentierte sich ohne Protz, versteckt und unaufdringlich, in einigen Dutzend ausgesuchten Stücken. Etwa in den Intarsien der Gleittüren, die die einzelnen Räumlichkeiten untereinander und mit den Korridoren verbanden. Bei diesen Einlegearbeiten handelte es sich um Versteinerungen von Fremdwesen, die auf dem Planeten Zyonaku entdeckt worden waren. Diese versteinerten Überreste der Zyonakuta schienen unter bestimmtem Lichteinfall und Betrachtungswinkel zu geheimnisvollem Leben zu erwachen, als würden sie sich zu rätselhaften Kulthandlungen im Reigen vereinen.
Und dann gab es das Rodonna-Psychod, das von den legendären Zwottern aus der Provcon-Faust stammte. Einst sollte es psionische Aussagekraft besessen haben, doch seine magische Kraft hatte das Psychod längst verloren. Ein Prunkstück war diese Skulptur aber immer noch.
Und da war der bis zur Decke reichende und fünf Meter breite Spiegel aus khygischem Kristall im Schlafgemach des Imperators. Das war ein so kostbares Material, daß Kucurrt kaum seine Oberfläche zu berühren wagte, um die einmalige Brillanz seiner Reflexion nicht zu trüben oder die selbstreinigende Oberfläche nicht ihrer Kraft zu berauben. Aber gelegentlich riskierte er einen Blick.
Die besondere Eigenart des Spiegels war, daß er den gesamten Raum, der hinter dem Betrachter lag, wie durch ein extremes Weitwinkelobjekt reflektierte, aber dies ohne die geringste Verzerrung. Dadurch bekam man das Gefühl, daß das Schlafgemach hinter den khygischen Kristallen eine reale, nur eben spiegelverkehrte Entsprechung habe, in die man eintauchen, die man betreten könne.
Kucurrt war bekannt, daß so manche der Einrichtungsgegenstände Mehrfachfunktionen hatten, die weit über das hinausgingen, was sie darstellten. Das Geheimnis des Schlafzimmerspiegels, so er ein solches hatte, war ihm jedoch nicht bekannt. Es reichte ihm, seine kristalline Oberflächenstruktur zu bewundern und die unglaubliche Tiefenwirkung seiner Spiegelung.
Und manchmal, wenn er voller Ehrfurcht in diesen Spiegel aus khygischem Kristall blickte, passierte es, daß ihm daraus Bostich I. entgegensah. Da wurde ihm stets ganz warm ums Herz.
Nicht etwa, daß er sich selbst als Imperator sah, o nein, ein solches Sakrileg würde er nie begehen. Nicht einmal daran denken! Es war bloß ein Zeichen dafür, wie nahe ihm der Tai Moas stand.
Doch an diesem Tag hatte er keine Vision Seiner Millionenäugigen Erhabenheit. Er sah bloß sein Ebenbild, das lebensechte Bildnis eines gebeugten Bekümmerten. War das ein schlechtes Omen?
Es würde schon so sein, wie es in der offiziellen Version hieß: Bostich I. weilte nicht mehr unter den Lebenden. Und doch würde er für Kucurrt unsterblich bleiben. Für ihn war der Imperator mit den She'Huhan-Sternengöttern gleichzusetzen. Das war schon zu seinen Lebzeiten so gewesen.
Der Bekümmerte Kucurrt war überzeugt, daß Bostich I. dereinst als Sternengott wiedergeboren würde. Und er wird aus gleißendem Licht herabsteigen und seine treuen Diener im Diesseits besuchen und sie aus seinem Füllhorn reichlich mit Geschenken überschütten. Er wird es in dieser oder jener Gestalt tun, vielleicht auch in der des Drachen.
Vogus ter Morgur würde das nicht hören wollen. Denn auf der Kralasenenwelt Trumschvaar war kein Platz für Aberoder Wunderglauben, auch wenn sie schon seit bald zehntausend Jahren immer wieder den Kralasenen und anderen Organisationen als Stützpunkt diente, obwohl es uralte Relikte in den Wäldern gab, die keiner erklären konnte. Was Kucurrt zelebrierte, war aber kein Aberglaube, es war Ausdruck seiner Verehrung für einen großen Arkoniden.
Während er diesen erhebenden Gedanken nachhing, empfing Kucurrt urplötzlich die Impulse des Drachen. Auf einmal war das Wesen präsent. Und Kucurrt war es, als räkele er sich, strecke sich nach dem Erwachen
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