2082 - Ein ganz normaler Held
APFER, hatte so etwas noch nie zuvor gesehen. Ein Etwas, kaum ein Fisch, mindestens drei Meter lang, aber mit kleinen Armen und Beinen ausgestattet.
Vielleicht eine Mutation, vielleicht das Produkt eines verbotenen Genexperiments. Aber hier im mediterranen Meer? Weshalb hatte er nie davon gehört? Er verfolgte doch alle Fachberichte. Die Angelrute entglitt seinen Händen, als er vor Schreck die Kontrolle über seine Glieder verlor. Die automatische Halterung fing sie am Schaft auf. Jetzt kämpfte das Boot allein gegen das Monstrum, und es wurde herumgewirbelt wie ein Kreisel. „Der Motor!" flüsterte Richsen heiser und stieg aus dem Harpuniersitz. Hustend, von neu aufspritzender Gischt überschüttet, wankte er hinunter in die Kabine. Er rutschte schreiend aus und rappelte sich stöhnend wieder auf.
Mit zitternden Fingern startete er den Motor des' kleinen Bootes. Alles in ihm bebte. Er hatte den Kampf verloren, ganz egal, um was für eine Art Kreatur es sich gehandelt hatte. Er war nicht stark genug. Nicht einmal hierfür. „Verdammt!" brüllte Banther Richson. Das Boot nahm Fahrt auf. Der Motor wenigstens er - war stärker als das Biest am Haken. Er schleppte es mit sich. Richsen stieg wieder hoch auf die Planken und sah, wie der „Fisch" dem Boot seinen letzten Kampf lieferte. Blut färbte die See rot. Die Flossen des Ungetüms peitschten das Wasser schaumig. Seine verkümmerten Arme und Beine zuckten wie in Krämpfen. Und dann lag es tot. „Du hättest es einfacher haben können", murmelte Richsen und zog die Mütze vor seinem am Ende doch unterlegenen Gegner, auch wenn er es nicht war, der ihn besiegt hatte. Er ließ den Leichnam des Fischmonstrums an Bord hieven und genoss für ein, zwei Augenblicke das Gefühl, doch Sieger gewesen zu sein. Richsen sah sich um. Ohne dass er dies in der Hitze des Kampfes gemerkt hatte, war die Dämmerung über dem Mittelmeer hereingebrochen.
Dann hörte er den Signalton seines Bordtelekoms aus der Kabine. Er bedeutete, dass eine wichtige Nachricht eingetroffen war.
Banther Richsen konnte es nicht glauben. Er hatte zwar in den Nachrichten mitbekommen, dass sich in den letzten Tagen die galaktopolitische Lage extrem zuspitzte, aber dieser Information keine zu große Bedeutung beigemessen. Zum ersten, weil er allgemein nicht an galaktischer Politik interessiert war, und zum zweiten, weil es für ihn - wie wohl für die meisten Terraner - geradezu unvorstellbar war, dass das Solsystem tatsächlich eines Tages fallen würde. Es hatte in der Vergangenheit allen möglichen Bedrohungen aus dem All, auch aus anderen Galaxien, standgehalten. Dem Techniker fielen Begriffe aus seiner Schulzeit ein: die Dolans, der Schwarm...
Entsprechend ungläubig reagierte Richsen auf die Nachricht, dass das arkonidische Kristallimperium den Kampf um das Solsystem gewonnen und Perry Rhodan mit der Heimatflotte Sol die Flucht angetreten habe. Er wollte es nicht wahrhaben, schüttelte immer wieder ungläubig den Kopf und fluchte still vor sich hin. Perry Rhodan und ... aufgeben? Richsen konnte es sich nicht vorstellen, aber jetzt kam eine neue Nachrichtensendung herein. Die Sprecherin verlas einen kurzen Text dann wechselte das Bild, und ein Arkonide, einwandfrei erkennbar an seinem weißen Haar und den roten Augäpfeln, kam ins Bild. Er sprach offiziell im Auftrag der Invasionsstreitkräfte zu den Terranern und Bewohnern der anderen solaren Planeten und Monde und erklärte das Solsystem für okkupiert. Die Terraner hätten sich in die neue Situation zu fügen und auf weitere Anweisungen der Arkoniden zu warten. „Das darf nicht wahr sein ...", krächzte Richsen und schloss einen Schrank auf. Er nahm eine Flasche mit Rum heraus und setzte sie an den Mund. Nach zwei Schlucken durchströmte ihn eine wohlige Wärme, und der Schock saß nicht mehr ganz so tief. Das Solsystem erobert ...! Das konnte einfach nicht stimmen. Alles musste sich aufklären. Banther Richsen trank noch einmal, dann setzte er die Flasche ab und verschloss sie, verstaute sie in einer der Taschen seiner dicken Jacke. Er torkelte nach oben, aufs Deck. Das Fischmonstrum lag vor ihm. Die Planken waren vom Blut überspritzt. Das Wesen hatte sich in seinem Kampf den Haken immer tiefer ins Fleisch gerissen. Banther sah den monströsen Leib und empfand auf einmal Mitleid mit der Kreatur. Er hatte sie gar nicht umbringen wollen, sie hatte sich in ihrem Kampf um die Freiheit selbst getötet.
Er hatte nur angeln wollen, ganz normale
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