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2084 - Noras Welt (German Edition)

2084 - Noras Welt (German Edition)

Titel: 2084 - Noras Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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Respekt vor unseren eigenen Nachkommen kommt. Aber vielleicht hab ich auch nur angerufen, weil ich kurz vorher ein Bild von Ester Antonsen gesehen hatte. Es muss mich an ein Foto erinnert haben, das in Benjamins Sprechzimmer steht. Das Foto war dann allerdings eins von seiner Frau, als sie noch jung war. Die beiden, Mutter und Tochter jetzt, müssen sich sehr ähnlich sehen …«
    »Nora … lass uns nachher in den Bergen darüber reden … Ich meine, natürlich können wir dort auch die Nachrichten verfolgen. – Also, kommst du?«
    Sie zierte sich noch.
    »Unter einer Bedingung«, sagte sie.
    »Ja?«
    »Bis zur Hütte läufst du ja acht Kilometer Ski, da hast du genügend Zeit zum Nachdenken.«
    »Worüber denn?«
    »Du musst mir eine Aufgabe lösen helfen.«
    »Jetzt sag schon! Du weißt doch: Für dich tu ich alles.«
    »Was meinst du, wie können wir es schaffen, tausendundeine Tier- und Pflanzenart zu retten?«
    »Wie bitte? Hat das jetzt was mit unserer Umweltgruppe zu tun?«
    »Nicht direkt. Aber es gibt da etwas, das ich in Ordnung bringen muss … Es geht um etwas, das ich geträumt habe, heute Nacht erst, Jonas.«
    »Typisch. Und warum ausgerechnet tausendundeine?«
    Sie lachte.
    »Es ist eine runde Zahl. Wie in Tausendundeine Nacht. Kinder sagen tausend, wenn sie unendlich viel meinen, und ich sag eben tausendundeins.«
    »Du spinnst.«
    »Kann schon sein – ein bisschen befürchte ich das übrigens selbst. Aber Benjamin hat mich ja für gesund erklärt.«
    »Und das müssen wir ihm natürlich glauben.«
    »Bis wir uns treffen, hast du dir bitte einen glaubwürdigen Plan überlegt, wie wir tausendundeine Tier- und Pflanzenart vor der Ausrottung retten können. Wenn du das schaffst, lieb ich dich, und wenn du’s nicht schaffst, mach ich Schluss.«
    »Dann werd ich’s schaffen. – Dass du Schluss machst, kommt nämlich nicht infrage.«
    »Ich glaube auch nicht, dass ich’s könnte, Jonas. Dazu hab ich dich viel zu lieb.«
    »Du siehst mich erleichtert. – Dann also bis in zwei Stunden auf der Hütte!«
    »Halt, warte!«
    »Ja?«
    »Glaubst du, es gibt parallele Wirklichkeiten?«
    »Nora!«
    »Aber ich hab wieder genau dieses Gefühl, dass ich in zwei verschiedenen Welten lebe. Oder jedenfalls, dass ich mit einer anderen Dimension in Kontakt bin. Dass es auf der anderen Seite etwas gibt … und dass da etwas ist, was ich von dort empfange.«
    »Darüber haben wir doch schon gesprochen.«
    »Ja.«
    »Und es macht mir Angst, wenn du so redest.«
    »Angst, dass es eine andere Dimension geben könnte, oder davor, was auf der anderen Seite ist?«
    »Es macht mir Angst, dass du mehrere Wirklichkeiten auf einmal im Kopf haben könntest.«
    »Davor brauchst du keine Angst zu haben. Bis nachher!«
    »Pass unterwegs auf dich auf! Und Nora … könntest du nicht versuchen, dich auf die Wirklichkeit zu konzentrieren, die du mit mir teilst?«
    »Versuchen kann ich’s. Also bis dann!«
    »Bis dann!«
    Nora blieb noch einen Moment im Zimmer stehen und überlegte, und dann geschah es wieder: Ihr fiel ein kleiner Ausschnitt dessen ein, was sie für sich als eine ganze Ewigkeit erlebte, eine alltägliche Szene aus einem anderen Leben, ein winziger Bruchteil, ein Promille eines anderen Universums …

DIE LUFTBALLONS
     
    Sie kommt in den Garten und hat ein Bündel an Schnüren hängender, mit Gas gefüllter Luftballons in der Hand. Es sind rote Ballons, und auf jeden ist der Umriss eines ausgestorbenen Tieres gezeichnet. Sie will zur Karawanserei, um die Ballons zu verkaufen. Sie braucht Geld, denn sie spart für ein neues Terminal. Sie hofft, dass viele der Flüchtlinge ihren Kindern einen Ballon mit dem Bild eines Löwen oder Gorillas kaufen.
    Im Garten stehen ihre Eltern auf Leitern, um die Obstbäume von Hand zu bestäuben. Es gibt keine Hummeln oder Bienen mehr. Die Bestände begannen schon vor hundert Jahren zurückzugehen. Es gab verschiedene Gründe dafür, und eines Tages waren überhaupt keine Bienen und Hummeln mehr da. Die mühselige Arbeit, die sie früher zu Milliarden verrichteten, müssen die Menschen jetzt selbst erledigen.
    Die Eltern winken ihr von den Leitern herunter zu. Beide tragen blaue Overalls. Nova findet ihre Mutter hübsch und ihren Vater ziemlich attraktiv.
    »Tolle Ballons«, sagt ihr Vater.
    »Fast zu schade, um sie zu verkaufen«, sagt die Mutter.
    Die Urgroßmutter kommt mit einem großen Tablett in den Garten. Sie hat einen Auflauf zubereitet. Nova weiß, dass es synthetische Nahrung

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