21 - Die achte Flotte
von Kabelkanälen in den Schotten, Anstriche, Anbringen von Leuchtkörpern und Ähnliches −, aber sie bezweifelte, ob sie so fröhlich gewesen wäre wie Armstrong, wäre sie Kommandantin eines Schiffes gewesen, das in weniger als einer Woche in ein potenzielles Kriegsgebiet auslaufen sollte und in dem es dennoch von Werftarbeitern nur so wimmelte.
Dieser Gedanke führte sie an die Luke, und Michelle umschloss die geräumige, schwach beleuchtete Kühle ihres Flaggdecks.
Vier Personen erwarteten sie, und alle vier nahmen Haltung an, als sie eintrat.
»Regel Nummer eins«, sagte sie freundlich. »Solange wir nicht einen ausländischen Potentaten beeindrucken oder irgendeinen Reporter überzeugen wollen, dass wir uns unseren fürstlichen Sold wirklich verdienen, haben wir alle Besseres zu tun, als unsere Zeit mit Verbeugungen und Kratzfüßen ob meiner erlauchten Gegenwart zu verschwenden.«
»Jawohl, Mylady«, sagte eine schlanke Blondine, die über zehn Zentimeter kleiner war als Michelle.
»Regel Nummer zwo«, fuhr Michelle fort und schüttelte der kleineren Frau die Hand. »Es heißt ›Ma’am‹ und nicht ›Mylady‹, es sei denn, vorher erwähnter ausländischer Potentat oder Reporter ist anwesend.«
»Aye, aye, Ma’am«, sagte die andere Frau.
»Und ich freue mich, Sie zu sehen, Cindy«, sagte Michelle zu ihr.
»Danke, Ma’am. Allerdings«, fügte Captain Junior-Grade Cynthia Lecter hinzu, »nach dem, was bei Solon geschah, hätte ich nicht gedacht, dass ich Sie so bald wiedersehe.«
»Damit sind wir schon zu zweit«, stimmte Michelle ihr zu. »Das«, fuhr sie fort, indem sie Archer nach vorn winkte, »ist Gwen Archer, mein Flaggleutnant.« Sie grinste, als Lecter bei dem Vornamen eine Augenbraue kräuselte. »Lassen Sie sich von seinem unschuldigen Gesicht nicht täuschen. Er hat als Vierzehnter seiner Klasse in Taktik abgeschlossen und hat gerade einen Einsatz in der Taktischen Abteilung eines Schweren Kreuzers hinter sich.«
Sie entschied sich dagegen zu erklären, wie und wann dieser Einsatz geendet hatte. Cindy verstand sich mehr als gut genug auf ihre Arbeit, um so etwas selbst herauszufinden − und auch den Grund für Archers Spitznamen −, ohne dass es ihr auf dem Präsentierteller gereicht wurde. Die Übung täte ihr außerdem gut.
Lecter schien es nicht sonderlich zu stören, dass Michelle die Informationen für sich behielt. Sie nickte nur und lächelte Archer an, der ihr Lächeln erwiderte. Michelle sah an ihrer Stabschefin vorbei auf einen beträchtlich größeren, dunkelhaarigen weiblichen Commander.
»Und Sie müssen Commander Adenauer sein«, sagte sie.
»Jawohl, Ma’am«, bestätigte Adenauer und schüttelte Michelle die Hand. Adenauer stammte ganz offensichtlich von Sphinx, und ihre Sprechweise erinnerte Michelle stark an Honors Akzent. Allerdings sprach Adenauer beträchtlich tiefer als selbst Michelle mit ihrer Altstimme; gar kein Vergleich mit Honors Sopran.
»Ich hoffe, Sie verübeln mir nicht, wenn ich es erwähne, Commander«, sagte Michelle, »aber Ihr Akzent klingt schrecklich vertraut.«
»Wahrscheinlich, weil ich dreißig Kilometer von Twin Forks entfernt aufwuchs, Ma’am«, erwiderte Adenauer grinsend. »Von Herzogin Harrington auf der anderen Seite der Stadt. Trotzdem ist sie meine Cousine … äh … fünften Grades, glaube ich. Irgendetwas in der Art. Ich müsste meine Mutter fragen, um es genauer sagen zu können, aber so gut wie jeder, der in Duvalier zur Welt kommt, ist auf die eine oder andere Weise mit allen anderen verwandt.«
Michelle nickte. »Ich verstehe. Nun, ich kenne die Eltern Ihrer Hoheit, und wenn die ganze Familie so tüchtig ist, dann sollten wir gut miteinander auskommen, Commander.«
»Mit dem ›Salamander‹ verwandt zu sein ist tatsächlich so etwas wie eine karmische Belastung, Ma’am«, sagte Adenauer. »Besonders, wenn man Taktischer Offizier ist.«
»Ach ja?« Michelle lachte leise. »Nun, ihr Taktischer oder Erster Offizier zu sein auch. Und beide Positionen hatte ich in den dunklen Schattenreichen meiner Jugend zufällig inne.«
»Wo wir schon von Taktischen Offizieren sprechen«, warf Armstrong ein, »darf ich Wilton Diego vorstellen, meinen Taktischen Offizier?«
»Commander Diego.« Als Michelle ihm die Hand reichte, hoffte sie, dass er den scharfen, stechenden Schmerz nicht bemerkt hatte, den sie in dem Augenblick empfand, in dem Armstrong ihn vorstellte. Es war nicht Diegos Schuld, dass sein Nachname sie an ihren
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