21 - Die achte Flotte
das Flaggdeck.« Über ihre Schulter hinweg zeigte sie auf Chris Billingsley, der respektvolle drei Schritte hinter ihr neben Lieutenant Archer stand. »Wenn Sie Master Steward Billingsley jemanden zuteilen können, der ihm den Weg zu unserem Quartier zeigt, dann würde ich lieber hoch aufs Flaggdeck gehen. Auf die Art und Weise stehe ich ihm nicht im Weg, während er sich überschlägt und alles genau so herrichtet, wie er es haben will.«
Armstrong blickte den Steward an und zog eine Braue hoch, als sie den übergroßen Tiertragekasten in seiner rechten Hand entdeckte. Dann zuckte sie die Achseln, lachte leise und nickte.
»Gern, Mylady. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich auch meinen Eins-O und den Taktischen Offizier dorthin bestelle?«
»Im Gegenteil, ich wollte Sie gerade bitten, die beiden ebenfalls dazuzubitten.«
»Gut. Nun, Admiral, soweit ich weiß, sind die Lifttüren irgendwo hinter diesem Haufen Ersatzteile.«
Nachdem die Lifttüren sich hinter ihnen geschlossen hatten, war es in der Tat viel ruhiger, und Michelles Nasenflügel bebten, als sie den Geruch nach neuem Schiff einatmete. Er war mit nichts zu vergleichen. Die Lebenserhaltungssysteme an Bord der Kampfschiffe der Navy filterten mühelos und außerordentlich effizient alle unangenehmen Aromen aus, die in der geschlossenen Umgebung eines Sternenschiffs entstanden. Trotzdem bestand ein Unterschied zwischen Luft, die unaufdringlich sauber roch, und Luft, die jenes undefinierbare Parfüm der Neuheit enthielt. Ehe Michelles Onkel Roger als Reaktion auf den rücksichtslosen Expansionskurs der Volksrepublik Haven seinen Flottenausbau begonnen hatte, rochen manche Raumfahrer ihre gesamte Laufbahn lang diesen Duft nur ein einziges Mal, und manche sogar niemals.
Michelle hingegen wusste schon gar nicht mehr, wie oft sie diesen Duft gerochen hatte. Vielleicht war es nur eine Kleinigkeit, doch eine Kleinigkeit dieser Art, die die gewaltigen Investitionen an Geld, Rohstoffen, Industrieleistung und ausgebildeten Personen in die richtige Perspektive rückte. Auf seine Größe bezogen mochte das Sternenkönigreich von Manticore die reichste politische Körperschaft in der gesamten Galaxis sein, aber der Gedanke an das angehäufte Defizit, das diese großen Anstrengungen um zu überleben mit sich brachten, behagte Michelle überhaupt nicht.
Immer noch billiger als ein neues Königreich, Mike, dachte sie und gab sich innerlich einen Klaps. Und nur du bist so verkorkst, dass du innerhalb von null Komma drei Sekunden von »Himmel, riecht das Schiff nicht wundervoll!« dazu übergehst, dir Sorgen um die Staatsverschuldung zu machen. Was du brauchst, ist eine eigene Baumkatze, jemanden wie Nimitz, der dir in den Hintern tritt − oder ins Ohr beißt oder so was − , wenn du mit solchem Blödsinn anfängst.
»Trotz aller Werftheinis und lose herumliegender Bauteile sieht sie nach einem hübschen Schiff aus, Captain«, sagte sie zu Armstrong.
»Oh, das ist sie. Das ist sie wirklich!«, stimmte Armstrong zu.
»Und ich musste bloß drei Morde in Auftrag geben, damit ich sie sicher bekam«, fügte sie unbekümmert hinzu.
»Nur drei?«
»Na ja, es gab noch einen Bewerber«, sagte Armstrong nachdenklich. »Aber er hat sich versetzen lassen, nachdem ich ihm klargemacht hatte, was den anderen drei zugestoßen war. Taktvoll natürlich.«
»Aber sicher.«
Michelle unterdrückte ein leises Lachen, auch wenn es ihr schwerfiel. Nicht viele Captains hätten so fröhlich mit einem Vizeadmiral geflachst, den sie nie zuvor gesehen hatten. Schon gar nicht mit einem Vizeadmiral, deren Flaggkommandant sie gerade geworden waren. Armstrong war da offenbar anders, und das verriet einiges über sie. Entweder war sie eine Possenreißerin oder sie war von ihrem Können derart überzeugt, dass sie sich gab, wie sie wollte, und die Würfel fallen ließ, wie sie eben fielen.
Wie eine Possenreißerin kam sie Michelle ehrlich gesagt nicht vor.
Nein, sie kommt mir eher vor wie der Michelle-Henke-Typ, gestand sie sich ein. Himmel. Ich möchte wissen, ob das Geschwader zwei von uns überlebt.
»Ah, da sind wir«, sagte Armstrong, als der Lift anhielt und die Tür sich öffnete.
Auf dem kurzen Gang zwischen Liftschacht und der gepanzerten Luke, die das Flaggdeck der Artemis schützte, kamen sie an zwei weiteren Werftarbeitern vorbei, und Michelle unterdrückte ein Kopfschütteln. Vieles, was getan wurde, schien unter der Überschrift »kosmetisch« zu stehen − das Abschließen
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