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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn ich nicht sähe, daß du zu der bemitleidenswerten Sorte von Menschen gehörst, welche man als Musucha (Zwerge) bezeichnet. Darum kannst du mich nicht erzürnen, sondern nur mein Erbarmen erwecken. Verlaßt gutwillig diesen Platz, wenn ihr nicht wollt, daß wir euch dazu zwingen! Du siehst, daß ich jetzt Ernst mache. Wenn ihr nicht sofort gehorcht, schieße ich euch nieder!“
    Er nahm eine Pistole aus dem Gürtel und ließ den Hahn derselben knacken.
    Es ist schon gesagt worden, daß nichts den Hadschi so empören konnte, als wenn ihm die Kleinheit seiner Gestalt vorgeworfen wurde. So auch hier. Er sprang schneller, als selbst ich es ihm zugemutet hatte, auf, schlug dem Kurden die Pistole aus der Hand, faßte ihn an beiden Armen, schleuderte ihn neben mich nieder, kniete ihm auf dem Leib, drückte ihm die linke Hand auf die Kehle, zog mit der rechten sein Messer, hob es zum Stoß empor und rief:
    „Kerl, du sollst den ‚Mesach‘ kennenlernen! Rühre dich nicht! Und wenn einer von euch es wagt, seine Waffe auch nur zu berühren, stoße ich dir das Messer augenblicklich in das Herz! Ich soll zu den Musucha gehören! Ich sage euch, das kleinste Glied meines kleinsten Fingers reicht vollständig dazu aus, euch zu beweisen, daß ihr mir gegenüber nur wie Säuglinge seid, die sich nicht wehren können! Wagt ja keinen Widerstand, sonst steche ich ihn augenblicklich tot!“
    Es war interessant, zu sehen, wie unbeweglich die fünf Kurden auf ihren Pferden saßen. Einen so blitzschnellen, gewalttätigen Streich hatten sie dem kleinen Kerl nun freilich nicht zugetraut. Seine stoßfertige Klinge, der energische Ton seiner Stimme und die blitzenden Augen, deren Blick er drohend auf sie richtete, machten einen solchen Eindruck auf sie, daß sie nicht nur ihre Hände still hielten, sondern auch kein Wort zu sagen wagten. Auch der Anführer lag vor Schreck ganz unbeweglich unter den Knien und der Hand des Hadschi, welcher, nun zu ihm gewandt, fortfuhr:
    „Nun zwinge uns doch einmal, diesen Ort zu verlassen, zwinge uns doch, euch Platz zu machen! Ich bin sehr neugierig, zu erfahren, wie du das anfangen willst! Versuche es ja nicht, dich frei zu machen! Meine Klinge würde dir sofort bis an das Heft ins Leben gehen! Denke ja nicht, daß ich scherze! Wenn du meinst, daß es auf die Höhe und die Breite der Gestalt ankommt, so irrst du dich gewaltig. Vor mir haben schon die größten Riesen des Erdkreises tief im Staub gelegen, und du bist ja nicht einmal ein so großer Kerl, daß du dich über einen andern lustig machen dürftest. Ich verlange, daß du uns sofort sagst, wer ihr seid. Zögere ja nicht, sonst ist mein Messer schneller als deine Zunge!“
    „Laß mich erst los, sonst kann ich nicht reden!“ stöhnte der Kurde unter dem festen Handgriff Halefs hervor.
    „Gut, ich will dir Luft lassen; aber versuche ja nicht, dich frei zu machen! Also antworte! Wer seid ihr?“
    „Wir sind Kurden“, konnte der Gefragte nun deutlicher sagen, weil seine Kehle nicht mehr von dem Hadschi zusammengepreßt wurde.
    „Das sehen wir. Wir wollen aber natürlich wissen, zu welchem Stamme ihr gehört.“
    „Zum Stamme Dumbeli.“
    „Wo befindet der sich jetzt?“
    „Hier in der Nähe. Den genauen Ort kennen wir nicht. Wir sind von ihm weit fortgewesen und kehren jetzt wieder heim. Um nicht nach ihm suchen zu müssen, haben wir bestimmt, von dieser Stelle abgeholt zu werden. Darum müssen wir hier bleiben und forderten euch auf, den Ort zu verlassen. Gebt mich frei, und nehmt euch in acht, denn wenn unsere Krieger kommen und erfahren, daß ihr uns feindlich behandelt habt, werden sie blutige Rache nehmen.“
    „Wir fürchten uns vor ihnen und ihrer Rache ebensowenig, wie wir uns vor euch gefürchtet haben! Du hast dein Maul so weit aufgerissen und es gewagt, uns Befehle zu erteilen, als ob du nicht zu den gewöhnlichen Kriegern deines Stammes gehörtest. Wie steht es damit?“
    „Ich bin der Häuptling.“
    „Wie heißest du?“
    „Mein Name ist Adir Beg.“
    „So will ich dir, Adir Beg, jetzt eine Mitteilung machen. Wenn du diese befolgst, gebe ich dich wieder frei, doch nur aus gutem Willen und nicht etwa, weil wir uns vor euch fürchten. Also höre, was ich dir sage!“
    „Warte damit noch!“ forderte ich ihn jetzt auf, denn ich durfte ihm nicht erlauben, Bestimmungen zu treffen, ohne mich vorher gefragt zu haben. Dies war schon um des Prinzips wegen und dann auch deshalb, weil es nicht so unbedingt, wie er dachte, sicher

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