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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bei diesem hohen Herrn, dem ein im fernen Hilleh garnisonierender Kol Agasi höchstwahrscheinlich sehr gleichgültig war. Daß man sich den letzteren durch die Verabreichung eines Trinkgelds nicht zum Todfeind machen würde, konnte man bei seinen armseligen Einkünften leicht denken. Das Einkommen eines Kol Agasi betrug – wenn es überhaupt gezahlt wurde! – damals in Hilleh nach unserm Geld achtzig Pfennig pro Tag, mit welcher Summe er alle seine Bedürfnisse ohne Ausnahme zu bestreiten hatte.
    Unser weiteres Gespräch, bis wir die Stadt erreichten, bezog sich auf unwichtige Gegenstände, doch zeigte die Art und Weise, wie er sich dabei gegen mich benahm, mich fragte oder mir antwortete, daß wir den von uns beabsichtigten Eindruck auf ihn gemacht hatten; er war voller Ehrerbietung und Höflichkeit gegen mich. Daß ich kein Mohammedaner, sondern ein Christ war, schien mir in seinen Augen nichts zu schaden; er kam mit keinem Wort darauf zurück. – – –

ZWEITES KAPITEL
    Vor Gericht
    Als wir Hilleh erreicht hatten, ritten wir zunächst nach der Wohnung des Wirts, vor welcher angehalten wurde.
    „Ich habe euch, meiner Weisung nach, wieder zurückgebracht“, sagte der Kol Agasi zu ihm; „Ihr könnt also in dein Haus gehen. Aber ich werde einen Posten an die Tür stellen, welcher euch zu verwehren hat, es zu verlassen, bis ihr nach der Mehkeme geholt werdet, wo ihr eure Anklage vorzubringen und ihre Wahrheit zu beweisen habt. Ich mache euch darauf aufmerksam, daß ihr euch also auch jetzt noch als Gefangene zu betrachten habt. Unterlaßt darum jeden Versuch, euch ohne Erlaubnis von hier zu entfernen!“
    Sie gefangen, wir aber frei! Das ärgerte sie gewaltig; sie waren aber klug geworden und sagten nichts dazu. Wir ritten unter Zurücklassung eines Postens weiter, der sogenannten Makarri ikamet (Residenz) des Sandschaki zu.
    Im Hofe derselben angelangt, wurden wir von dem Kol Agasi aufgefordert, abzusteigen. Es gehörte nicht viel Scharfsinn dazu, den Grund dieser Aufforderung zu erraten und uns über unsere gegenwärtige Lage klar zu sein. Wie wir uns dazu zu verhalten hatten, das wollte ich nicht von den hiesigen Verhältnissen, sondern von unserm eigenen Willen abhängig machen. Darum fragte ich ihn, ruhig im Sattel sitzenbleibend:
    „Warum absteigen?“
    „Weil man doch nicht sitzen bleibt, wenn man nicht weiterreitet.“
    „Hm! Was das betrifft, so kommt es bei uns zuweilen vor, daß wir zwar anhalten, aber doch nicht absteigen.“
    „Ich habe euch aber abzuliefern!“
    „Das kannst du auch tun, indem wir uns im Sattel befinden.“
    „Aber, Emir, ihr könnt doch unmöglich zu Pferd in das Gefängnis kriechen!“
    „Ah! Ins Gefängnis sollen wir?“
    „Natürlich! Ihr seid ja gefangen!“
    „Ich spüre nichts davon!“
    „Weil ihr nicht gebunden seid? Ich habe euch ja arretiert und euch nur darum ohne Fesseln hierhergebracht, weil ihr mir versprochen habt, mir gutwillig hierher zu folgen. Nun aber muß ich euch in das Gefängnis bringen.“
    „Du? Ich denke, du bist Offizier, aber nicht ein gemeiner Sindandschi (Gefangenenwärter), welcher Verbrecher zu bedienen hat!“
    „Fyrtyna! Ich wollte es keinem Menschen raten, mich für einen solchen Kerl zu halten! Ich bin Offizier des Beherrschers aller Gläubigen, aber kein Gefängnisdiener!“
    „So zürne auf dich selbst! Denn soeben hast du gesagt, daß du die Obliegenheiten eines ‚solchen Kerls‘ ausüben willst. Ich werde das leider mit in den Bericht an den Seraskier aufzunehmen haben!“
    „Allah, Wallah, Tallah! Du kannst es getrost weglassen, denn ich werde es nicht tun, wenn du mir die Bitte erfüllst, welche ich jetzt aussprechen werde.“
    „Ich werde sie erfüllen, wenn ich kann.“
    „Du kannst.“
    „So sprich sie aus!“
    „Ich gehe jetzt zum Sandschaki, um ihm zu melden, daß ich euch gebracht habe und euch ihm übergebe. Bis das geschehen ist, macht ihr keinen Versuch, den Hof hier zu verlassen. Was dann geschieht, das geht mich nichts mehr an. Seid ihr einverstanden?“
    „Wenn du mir einige Fragen beantwortest.“
    „Welche?“
    „Wie ist dein Name?“
    „Amuhd Mahuli.“
    „Ich muß ihn wissen, weil ich ihn doch in dem Bericht zu erwähnen habe und es ungewiß ist, ob ich wieder Gelegenheit finde, mit dir zu sprechen. Du kennst die Umgebung dieses Gebäudes?“
    „Ja.“
    „In welchem Teil wohnt der Sandschaki?“
    „Grad vor dir. Da befinden sich auch die Stuben seiner Mamuhrin (Beamten).“
    „Wo ist

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