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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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bin der Fürst der Gebieter meiner Haddedihn; wer kann mich absetzen. Und mein Effendi ist auch sein eigner Herr und keines Fürsten Sklave; kein Sultan, kein Schah-in-Schah, kein Kaiser und König kann ihm das rauben, was er ist und was er hat. Nein, wir haben keine Lust, Seraskier zu sein, weder er noch ich!“
    Wir folgten jetzt den Spuren der Schmuggler weiter, von den Feuern weg in südlicher Richtung, bis sie von den Ruinen nach rechts fort in das freie Feld führten. Das sah für den Nichtkenner aus, als ob sie, immerfort gehend, eine schon vorher beabsichtigte Bogenrichtung eingeschlagen hätten. Ich aber sah ganz deutlich, daß sie da, wo ihre Fährte von dem Gemäuer ablenkte, angehalten hatten. Sie waren hinauf zur Höhe gestiegen, wo die Stelle lag, von welcher unser Bimbaschi in Bagdad gesprochen hatte. Da hinauf hatten sie die Schmuggelware geschafft und dann, wieder herabgekommen, ihren Weg hinaus ins Freie fortgesetzt. Dieser Umweg war notwendig gewesen, weil sie sonst auf die Soldaten gestoßen wären, deren Feuer sie natürlich hatten brennen sehen. Von diesen meinen Gedanken aber erfuhr der Offizier nichts. Wir kehrten an dieser Stelle um, ritten auf unsern eigenen Spuren zurück und schlugen dann den ungefähr dreißig Kilometer langen Weg nach der Stadt ein.
    Der Wirt und der Ghasai-Beduine, welche sich den Soldaten angeschlossen hatten, um unserer Arretur beizuwohnen, hatten wohl nicht geahnt, daß sie auf dem Rückweg selbst gefangen sein würden. Sie waren jetzt nicht mehr gebunden, doch wurden ihre Pferde von je einem Soldaten an den Zügeln geführt, und Halef ritt eng hintendrein, um sie stets im Auge zu haben, während ich mich neben dem Kol Agasi hielt, welcher den Zug anführte.
    Jetzt erfuhr ich auch, warum dieser Offizier nicht hatte glauben wollen, daß wir bloß hergekommen waren, um den Turm zu sehen. Nämlich als wir eine ziemlich lange Zeit still nebeneinanderher geritten waren, legte er mir die etwas schüchtern klingende Frage vor:
    „Ist es wirklich wahr, Emir, daß du ein Christ bist?“
    „Es ist wahr.“
    „So sag einmal: Gibt es bei den Christen auch Schmuggler?“
    „Leider ja.“
    „Du sagst leider; es scheint also, daß du die Schmuggelei für eine Sünde hältst?“
    „Alles, was das Gesetz verbietet, ist von dem Standpunkt dieses Gesetzes aus eine Sünde.“
    „Aber wie komme ich als Türke dazu, zum Beispiel für den Safran, der in Persien viel billiger ist als bei uns, hier so viel mehr zu bezahlen, weil es dem Großherrn gefallen hat, einen Zoll auf dieses Gewürz zu legen?“
    „Ich bin nicht der Großherr und bitte dich also, diese Frage nicht mir, sondern ihm vorzulegen.“
    „Du willst mir ausweichen. Sag mir einmal aufrichtig, ob es Christen geben kann, welche auch anderswo als in ihrem Vaterland Schmuggel treiben!“
    „Ich halte das nicht für unmöglich.“
    „So ist der Gedanke, den ich hatte, doch nicht so ganz dumm gewesen.“
    „Welcher Gedanke?“
    „Ich hielt dich für den Anführer der Pascher.“
    „Ah! Wirklich?“
    „Ja. Und ich dachte, du seist nur dadurch, daß wir euch fingen, verhindert worden, dich mit ihnen zu entfernen.“
    „Hoffentlich bist du jetzt anderer Meinung?“
    „Ganz anderer. Aber ich gehöre nicht zu den Zollhunden, welche hinter den Paschern hergehetzt werden, und wäre dir, falls du zu ihnen gehört hättest, in Beziehung auf diese Zusammengehörigkeit ganz und gar nicht gefährlich geworden. Das wollte ich dir noch sagen, damit du einsiehst, daß ich nur Soldat und sonst weiter nichts bin.“
    Ich verstand ihn besser, als er dachte. Er war immer noch nicht ganz überzeugt, daß die Pascher mich nichts angingen, und hätte, wenn ich als solcher ertappt worden wäre, gegen ein gutes Bakschisch in Hilleh ganz gern darüber geschwiegen. Das war der versteckte Sinn seiner Rede, auf den ich aber glücklicherweise nicht einzugehen brauchte. Seine Aussage über mich vor der Mehkeme war mir auch ohne Trinkgeld sicher, weil ich durch die Hoffnung auf meinen Bericht ihn mir zum Freund gewonnen hatte. Übrigens muß ich erwähnen, daß ich ihn mit dieser Hoffnung nicht etwa belogen hatte, denn ich besaß wirklich die Absicht, etwas für ihn zu tun, selbst wenn ich die Gelegenheit dazu bei den Haaren herbeiziehen mußte. Freilich war ich dabei der Ansicht, daß dies nicht grad durch einen Bericht an den Seraskier zu geschehen brauchte. Bei einem ihm näherstehenden Vorgesetzten war jedenfalls eher etwas zu erreichen, als

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