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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Was müßt ihr für reiche Männer sein! Nehmt euch in acht, daß man sie euch nicht einmal heimlich entführt!“
    War er über die Hengste entzückt, so war er in demselben Grad nun auch neugierig auf meine Gewehre. Ich gab ihm den Bärentöter in die Hand; er kannte die Schwere desselben nicht, obgleich sie ihm anzusehen war, und ließ ihn fallen.
    „Allah!“ rief er aus. „Das ist ja keine Flinte, sondern eine Kanone, eine doppelte Kanone! Wie weit kannst du mit dieser fürchterlichen Barudi (Büchse) schießen?“
    „So weit, wie keine Kugel eines Feindes reicht“, antwortete Halef. „Die Kugeln dieser Doppelbüchse gehen so weit, wie wir wollen, und oft auch noch weiter, viel weiter. Und nun betrachte dir auch das andere, kleinere Zaubergewehr! Das schießt ohne Aufhören, immerfort, von heut an bis zum Ende dieses Jahres und, wenn wir es wünschen, auch noch einige Monate länger. Betrachte es!“
    Der Hadschi nahm mir den Stutzen aus der Hand, um ihn dem Kol Agasi zu geben; dieser aber wehrte mit beiden Händen ab und rief:
    „Nein, nein; ich danke dir, o Scheik der Haddedihn! Ich bin ein strenggläubiger Anhänger des Propheten und darf also mit meiner Hand keinen Gegenstand berühren, welcher mit irgendeiner Zauberei in Verbindung steht. Allah bewahre und behüte mich vor dem Teufel und allen seinen bösen Geistern, welche solche immerfort schießende Flinten machen! Ich brauche diese hier nicht anzufassen; ich glaube auch ohnedem, daß sie die Eigenschaft besitzt, von welcher du gesprochen hast. Ich weiß, daß es Mächte und Kräfte gibt, welche nicht von dieser Erde stammen, und daß man sie sich dienstbar machen kann; ich aber will nichts mit ihnen zu schaffen haben!“
    Halef lächelte befriedigt. Er hatte seinen Zweck erreicht und gab mir das Gewehr zurück.
    Nun galt es, uns mit den Spuren zu beschäftigen. Ich wollte, wie bereits gesagt, sehen, wohin die Schmuggler gestern abend den Safran geschafft hatten. Sie waren fast eine ganze Nacht an diesem Ort geblieben und dann, kurz vor Tagesanbruch, nach dem Kanal zurückgekehrt, denn ich erblickte ihre Kelleks draußen auf dem Wasser; sie ruderten nach Norden zu, woher sie gestern gekommen waren. Das sah ich, ohne aber dem Kol Agasi etwas davon zu sagen. Die Augen des Hadschi aber lenkte ich durch einen verstohlenen Wink auf das, wovon ich nicht sprechen wollte.
    Zunächst führte ich den Offizier auf die Spuren, welche wir am vergangenen Tag bei unserer Ankunft gemacht hatten, dann auf die von dem Kanal herlaufende Fährte der Pascher. Diese war tief eingedrückt, weil die Leute schwer getragen hatten. Wieder zu unseren Fußeindrücken zurückgekehrt und ihnen bis zu den Feuerstätten folgend, erklärte ich ihm alles, was er nicht von selbst zu finden vermochte, und betonte besonders den Umstand, daß unsere Spur erst hier, wo wir gefangengenommen worden waren, auf diejenige der Pascher stieß und wir also nicht mit ihnen verkehrt haben konnten.
    „Ich begreife alles sehr leicht, Emir“, sagte er. „Du kannst überzeugt sein, daß ich dir jedes deiner Worte glaube. Du hast mir bewiesen, daß diese Schmuggler euch vollständig unbekannt gewesen sind und ihr also keine Ahnung davon hattet, daß sie sich hier befinden würden. Ich werde das, wenn du es wünschest, in der Mehkeme sagen.“
    „Ich bitte dich darum.“
    „Du hast nicht zu bitten, sondern zu fordern, denn du willst ja einen Bericht an den Seraskier senden. Wenn ich ja vorher noch daran gezweifelt hätte, daß du einen Einfluß bei ihm hast, so würde dieser Zweifel vollständig verschwunden sein, seitdem ich dich zu Pferd sitzen sehe. Wer ein solches Pferd besitzt und es in der Weise wie du reitet, der hat das Zeug dazu, selbst Seraskier zu sein!“
    Fast hätte ich über dieses Lob laut aufgelacht; ich drückte jedoch die Anwandlung dazu nieder. Mein kleiner Hadschi aber blieb nicht still, sondern griff sofort zum Wort:
    „Seraskier? Mein Effendi? Kann ihm nicht einfallen, sogar nicht einmal im Traum einfallen!“
    „Warum?“ fragte der Kol Agasi verwundert.
    „Weil er nicht will.“
    „Aber der Seraskier ist doch der Gebieter, der höchste Mann im Heere des Padischah!“
    „Aber wie lange? Er ist bei all seiner Würde ein Diener des Großherrn, der ihn in jedem Augenblick absetzen, fortjagen und sogar aus irgendeinem Grund zum Tod verurteilen kann. Mit ihm tauschen wir nicht; nach seiner Stellung sehnen wir uns nicht. Wir haben es besser als er, denn wir stehen höher. Ich

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