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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß er für seine wohlwollende Absicht Dank und Anerkennung ernten werde. Zu meinem Erstaunen mußte ich aber einsehen, daß ich mich da einer Täuschung hingegeben hatte. Als er jetzt schwieg, sah der Kammerherr bald ihn, bald mich forschend an, brach in ein kurzes, höhnisches Gelächter aus und sagte dann:
    „Abarak Allah! Gott sei gesegnet, daß er so liebe, gute Menschen wie euch geschaffen hat! Ich bin im höchsten Grad erstaunt darüber, daß es so herrliche, so unvergleichliche Leute gibt! Wir haben euch ganz anders, nur nicht wie Freunde behandelt, und als Antwort darauf seid ihr auf unser Glück, auf unser Heil bedacht! Es trieft Segen von euern Zungen und Wohltat von euern Lippen. Das ist nur darum möglich, weil einer von euch ein Christ ist, dessen Lehre ihm ja, wie ich gehört habe, gebietet, allen seinen Feinden Gutes zu erweisen. Diese unmännliche Lehre habe ich aber stets verachtet, und ebenso verachte ich jeden, der sich zu ihr bekennt. Ihr habt also zu wählen zwischen meiner Verachtung oder meinem Gelächter, und ich bin überzeugt, daß dieses letztere auf euch passen wird. Denn lächerlich ist es im höchsten Grad, mir zuzumuten, das zu glauben, was jetzt gesagt wurde.“
    „So zweifelst du an dem, was ich von den Absichten dieser Räuber gesagt habe?“ fragte Halef in zornigem Ton.
    „Daran nicht, ganz und gar nicht; aber die Personen der Räuber sind wahrscheinlich ganz andere, als du uns glauben machen willst. Du hast von einer wertvollen Ladung gesprochen, nur um zu erfahren, was wir geladen haben. Das übrige brauche ich nicht zu sagen; du kannst es dir denken!“
    „Verstehe ich dich richtig? Willst du etwa sagen, daß wir –“
    Sein Zorn war so groß, daß er den Satz nicht ganz aussprechen konnte, aber mit der Rechten nach der Peitsche griff, um die unterbrochene Rede in dieser Weise zu vollenden. Ich faßte seinen Arm, hielt ihn fest und sagte:
    „Keine Unüberlegtheit, Halef! Was dieser Mann denkt und spricht, kann uns höchst gleichgültig sein. Mag er später zu seinem Schaden erkennen, daß er jetzt und hier die größte Unklugheit seines Lebens begangen hat. Wir sind mit ihm fertig. Komm!“
    „Ja, reiten wir fort, Sihdi“, stimmte er mir bei. „Er wird es bitter bereuen, daß er heut wie auch in seinem ganzen Leben nicht gescheiter als sein Vater, Großvater, und Vorahne gewesen ist, welche die unverzeihliche Dummheit begangen haben, sich von dem Fatum der Schiiten einen solchen Sohn, Enkel und Urenkel aufhängen zu lassen. Allah gebe, daß alle Nähte seines Leibes und seiner Seele aufplatzen wie bei einem alten, zerrissenen Alduwan (Handschuh)!“
    Ich mußte über diesen drastischen Wunsch laut lachen; der Perser getraute sich nur, die beiden Fäuste gegen uns zu schütteln und uns im höchsten, aber ohnmächtigen Zorn zuzurufen:
    „Ja, macht im Namen aller Teufel, daß ihr fortkommt, und laßt euch ja nicht wieder vor uns sehen! Ich habe heut abermals einen Christen kennengelernt, und er ist nichts anderes und nicht besser als so viele, die ich schon vor ihm gesehen habe. Es ist wahr, was das alte, persische Sprichwort sagt: Wer einem Isävi (Christ) begegnet, der stoße ihn mit dem Fuß von sich, sonst hat er die Folgen in diesem und in jenem Leben zu tragen!“
    Ich saß schon auf dem Pferd und hatte mich einige Schritte weit entfernt. Als ich diese Worte hörte, lenkte ich wieder um, ritt zu ihm zurück und antwortete:
    „Ich könnte dir jetzt die Faust in das Gesicht schlagen, ohne daß du den Mut hättest, dich zu wehren; aber ich werde es nicht tun, eben weil ich ein Isävi bin. Ich fordere dich nur auf, nicht zu vergessen, was du jetzt gesagt hast. Wir sollen uns nicht wieder vor euch sehen lassen? Du bildest dir doch nicht etwa ein, daß wir uns vor euch fürchten? Das würde nach dem, was hier geschehen ist, der reine Wahnsinn sein. Und ich sage dir, daß ihr herzlich froh sein und Allah danken werdet, sobald ihr uns wieder erblickt. Ich weiß schon jetzt genau, daß wir uns sehr bald wieder begegnen werden, und dann werdet ihr euch hüten, uns mit den Füßen von euch zu stoßen, sondern uns von ganzem Herzen und aus voller Seele willkommen heißen. Merke dir diese Vorhersagung; ich werde dich an sie erinnern!“
    Jetzt ritten wir fort, ohne auf das zu achten, was uns noch nachgerufen wurde. Der Khandschi war mit seinen Asaker an das Tor gegangen; ich gab ihm und ihnen das erwartete Bakschisch, worauf sie sich tief verneigten und uns Glück auf unserm

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