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21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

21 - Im Reiche des silbernen Löwen II

Titel: 21 - Im Reiche des silbernen Löwen II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kamen nach Hilleh, und ich suchte natürlich sogleich den Sandschaki auf, bei dem ich den Säfir fand –“
    „Habt ihr da von mir gesprochen?“
    „Nein. Es war nur die Rede von meiner Reise und von den Gefahren, welche grad in dieser Gegend auf jeden wohlhabenden Pilger lauern.“
    „Vortrefflich ausgedacht! Ich bin überzeugt, daß grad der Säfir das Gespräch auf dieses Thema gebracht hat.“
    „Deine Vermutung trifft das Richtige. Der Sandschaki versprach mir seinen Schutz; aber der Säfir warnte mich vor ihm.“
    „Natürlich heimlich?“
    „Ja. Er suchte mich auf, als ich dann allein war, und sagte mir, daß der Sandschaki mit den Räubern im Einvernehmen stehe und einen guten Teil der Beute bekomme.“
    „Das glaubtest du?“
    „Warum nicht? Solche Dinge kommen vor, und zwar nicht bloß hier im Land der Türken, wo Beamte oft jahrelang vergeblich auf die Zahlung ihres Gehalts warten und darum suchen müssen, auf dunklen Wegen Geld zu verdienen. Der Säfir teilte mir im Vertrauen mit, daß auch er nach den heiligen Stätten wolle, aber sich wohl gehütet habe, dem Sandschaki mitzuteilen, daß er schon heut abend aufbrechen werde; er habe die Leute seiner Karawane, lauter friedliche und zuverlässige Solaib-Araber, bei den Ruinen stehen und werde die Wanderung beginnen, ohne dem Sandschaki ein Wort davon zu sagen.“
    „Er lud dich ein, dich ihm anzuschließen?“
    „Nein, sondern ich bat ihn darum, dies tun zu dürfen!“
    „Grad das hat er gewollt!“
    „Natürlich! Ich ahnte es leider nicht. Er ritt voran, um uns vor der Stadt zu erwarten, und wir folgten ihm. Als wir ihn erreicht hatten, machte er den Führer.“
    „Da habe ich ihn also für vorsichtiger gehalten, als er gewesen ist. Ich glaubte, daß er für ein Alibi sorgen werde.“
    „Was ist das, ein Alibi?“
    „Ein Rer mathra, ein Beweis, daß der Angeklagte sich zur Zeit des Verbrechens an einem andern Orte befunden hat, als an demjenigen, wo das Verbrechen verübt wurde. Ich nahm an, daß er bei dem Sandschaki in Hilleh bleiben und euch von den sogenannten Solaib-Arabern überfallen lassen werde. Da konnte er nachweisen, daß er nicht dabeigewesen sei.“
    „Warum brauchst du das Wort ‚sogenannt‘?“
    „Weil diese Leute keine ehrlichen Solaib, sondern räuberische Ghasai-Beduinen sind.“
    „Allah! Und grad weil er sie als Solaib bezeichnete, hatte ich solches Vertrauen, denn ich weiß, daß die Angehörigen dieses Stamms jede Art von kriegerischer Tätigkeit scheuen.“
    „Grad darum, also um Vertrauen zu erwecken, bezeichnete er seine Leute als Solaib. Hättest du mir im Khan Glauben geschenkt, so wärest du nicht in ihre Hände geraten! Doch, erzähle jetzt weiter!“
    „Wir ritten nach den Ruinen, nach welchem Teil derselben, das wußte ich nicht, denn es war dunkel, und ich kenne diese Gegend nicht. Ich ritt mit ihm voran; meine Leute folgten; zwischen uns und ihnen war ein Zwischenraum – – –“
    „Oh“, fiel ich ein; „er wollte dich von ihnen absondern, weil du leben bleiben solltest!“
    „Ja. Plötzlich ertönten hinter uns mehrere Schreie. Als ich mich umdrehte, sah ich die Meinigen im Kampf mit fremden Männern.“
    „Du eiltest doch sofort hin, um ihnen zu helfen?“
    „Ich wollte, aber da schlug mir der Säfir mit dem Kolben seines Gewehrs auf den Kopf, daß ich vom Pferd stürzte. Er sprang auch ab und band mir die Hände auf dem Rücken zusammen. Dabei drohte er mir, mich sofort zu erstechen, falls ich schreien oder eine unerlaubte Bewegung machen werde.“
    „Du gehorchtest natürlich?“
    „Ja. Was hätte ich sonst tun sollen? Ich sage dir, ich bin ein tapferer Mann, ein wahrer Held im Streit, aber in einer solchen Lage hilft selbst die größte Kühnheit nichts. Das sah ich auch an meinen Leuten. Einige von ihnen waren tot; die andern wurden gebunden wie ich und mit den Tieren nach einem abgelegenen und geschützten Ort geführt, wo man ein kleines Feuer anzündete, um uns beim Schein desselben die Taschen zu leeren und auch sonst alles zu nehmen, was wir bei uns hatten. Dann wurden sie erstochen, einer nach dem andern elend erstochen! Hast du einmal gesehen, wie ein Quassab (Schlächter, Fleischer) seine Tiere absticht?“
    „Ja.“
    „So, grad so sah es aus, als man ihnen der Reihe nach die Klinge in die Herzen stieß. Mich schaudert, wenn ich nur daran denke! Ich allein durfte leben bleiben, ich allein, denn ich sollte die Dokumente unterschreiben, welche diese Mörder vorzeigen

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