2106 - Der weiße Tod
Lebensgefährtin Tess Qumisha leise neben ihm.
Sie saßen angeschnallt in der Zentrale der CLAUDRIN, gerade noch in Hörweite des Kommandanten.
Dem Mann eilte der Ruf voraus, für seine Mitmenschen nicht viel übrig zu haben. Seine Reaktion passte zu seinem Ruf: Harun al Kharud reagierte auf das Lichtermeer mit einem dumpfen Grunzen. Sein hageres Gesicht mit dem schwarzen Vollbart wirkte noch verkniffener als sonst.
„Gewaltig ist das, ja", sagte der arkonidische Zeroträumer. „Wir sind 388 Millionen Lichtjahre von zu Hause entfernt - weiter als jemals zuvor ein Schiff der Menschheit."
„Vielleicht mit Ausnahme der SOL", schränkte Tess ein. „Wo sie überall war auf ihrer Odyssee, das weiß immer noch niemand."
„Könntet ihr beide vielleicht liebenswürdigerweise mit euren Bestaunungen aufhören?", fragte Harun al Kharud sarkastisch. Seine tiefe Stimme klang wie immer sehr rau. „Könntet ihr euch wieder daran erinnern, dass wir eine Aufgabe zu erfüllen haben?"
„Eine Aufgabe - natürlich", reagierte Benjameen halb gereizt, halb belustigt. Der inzwischen 39 Erdenjahre alte Arkonide, an dem nichts mehr an den hageren Jüngling früherer Tage erinnerte, hatte stets seine Probleme mit dem Kommandanten. „Wir sollen, vom Sternhaufen Virginox kommend, Informationen über die Galaxis Tradom sammeln - so wie noch andere 29 Beiboote der LEIF ERlKSSON und acht DORKATI-Kreuzer der arkonidischen KARRIBO. Ist das so weit richtig?"
„Werd jetzt bitte nicht albern", knurrte al Kharud und zwirbelte seine überlangen Schnauzhaare. „Ich habe keinen Sinn für lustige Sprüche." Er wandte sich den Ortern zu und tauschte mit denen kurze Bemerkungen aus.
„Hör auf, Ben", sagte Tess und legte ihm eine Hand auf den Arm. „Er ist unser Kommandant."
„Nicht meiner", flüsterte Benjameen ihr ins Ohr.
„Der Kommandant des Kreuzers. Möchtest du unbedingt Ärger mit ihm haben? Wenn es ernst wird, müssen wir zusammenarbeiten."
„Ist ja schon gut", murmelte Benjameen. „Aber wo sollte es hier ernst werden? Kein Funkverkehr, keine Ortungen weit und breit."
„Was hast du erwartet? Wir haben gerade den äußersten Randsektor dieser Galaxis erreicht.
Gott sei uns gnädig, dass wir es nicht sofort mit den Riesenkatamaren des Reichs Tradom zu tun bekommen."
Sie hatte Recht. Jede Stunde, die sie unentdeckt blieben, war wertvoll. Was sie und die anderen Kreuzer tun sollten, war, einen Anfang zu machen, einen möglichst umfangreichen Datenpool anzulegen, aus dem sich später schöpfen ließ. Dazu gehörten astronomische Beobachtungen ebenso wie die Auswertung und Speicherung des Funkverkehrs, Informationen über Schiffsbewegungen, fremde Völker, galaktische Infrastruktur.
„Könntet ihr euch jetzt auf unsere Aufgabe konzentrieren?" Der Kommandant wandte dem Paar den Blick seiner hellgrünen Augen zu. „Wir fliegen eine Überlicht-Etappe über fünfzig Lichtjahre hinweg. Ich wäre euch überaus dankbar, wenn ihr geistig dabei wärt."
„Selbstverständlich", antwortete Tess, bevor ihr Gefährte eine möglicherweise wieder provozierende Erwiderung geben konnte.
Der Kommandant nickte. „Danke, überaus freundlichen Dank."
„Bitte schön", konnte Benjameen sich nicht verkneifen. „Gern geschehen." Er dehnte seine athletische Figur, wegen der ihn manche Menschen mit Atlan, dem unsterblichen Arkoniden, verglichen.
Harun bedachte ihn mit einem stechenden Blick. Dann wandte er sich seinen Kontrollen zu.
Die LE-KR-44 ging in den Hyperraum. Nach weniger als drei Minuten tauchte sie in den Normalraum zurück, fünfzig Lichtjahre tiefer in der Galaxis Tradom. Benjameen hielt unwillkürlich den Atem an.
Er wusste natürlich genau, was der wahre Grund ihres Einsatzes war. Es ging darum, eine Spur der geheimnisvollen Eltanen zu finden.
Ihretwegen hatten sich die LEIF ERIKSSON und die KARRIBO auf den Flug durch das Sternenfenster Hayok in die Galaxis Tradom gemacht, ihretwegen wären die beiden Schiffe fast vernichtet worden. Die wichtigste Information der Galaktiker waren die Koordinaten gewesen, an denen sich diese Eltanen mit den Jankaron unter dem Kommando von Roxo Quatron getroffen hatten.
Die vier Angehörigen eines jungen Volkes hatten es immerhin geschafft, durch das Sternenfenster in die Milchstraße zu gelangen. Unmittelbar danach war es auf unbegreifliche Weise von den Eltanen umgepolt worden, so dass es nur noch Objekte aus der Milchstraße benutzen konnten, um nach Tradom zu kommen.
Die Eltanen galten als
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