2111 - Die Malische Mole
„Aber es muss sein. Wir haben einen solchen Fall noch nie gehabt."
Der Türsteher, ein alter, fast völlig vertrockneter Artgenosse mit blätterndem Chitinkörper, richtete seine halb blinden Augen auf die Tür.
„Die Kommandantin ist schon wach. Sie empfängt dich. Weißt du genau, was du tust?"
„Selbstverständlich."
„Es kann das Ende deiner Karriere bedeuten, Sfonoci."
„Die Information ist wichtiger als meine Karriere."
Unter dem Eindruck der folgenschweren Aussage gab der Alte den Weg frei. Er löste die mechanischen Sperren. Lautlos wich die Tür zur Seite.
So leise wie möglich trat der Graue Marlite ein. Rosafarbenes Licht erfüllte den Wartesaal vor den eigentlichen Räumen der Kornmandantin. Snotryl besaß Geschmack, das musste man ihr lassen. Ohne diese Eigenschaft hätte sie es vermutlich nicht bis auf diesen Posten gebracht. Und ein paar Jahrzehnte reibungsloser Betrieb der Zabaroo-Alzo hatte in der Vergangenheit so manchem den Weg in die höchsten Kreise seines Volkes oder gar der Galaxis geebnet.
In der Woge aus rosarotem Licht entstand Bewegung. Ein junges Wesen mit zierlichen Gliedern und weichem Hinterleib näherte sich ihm.
„Die Kommandantin erwartet dich im Bad."
„Ich bin mir der Ehre bewusst, Jungfer", antwortete er mit dem zur Sitte passenden Satz.
Bloß keine Facette zu viel auf die junge Artgenossin richten! Es hätte ihn nicht nur seinen Posten, sondern ein paar Glieder und vielleicht die Fühler gekostet. Angesichts solcher Schande wäre er nie mehr in der Lage gewesen, sich unter Artgenossen oder andere Lebewesen zu trauen.
Die Jungfer ging ihm voran. Eigentlich schwebte sie mehr. Ihr Gang war von einer solchen Anmut, dass Sfonoci sich nur mühsam beherrschte. War sie eine Tochter der Kommandantin?
Hinter einem Vorhang aus Dampf tauchte der sumpfige Tümpel auf. Im ersten Augenblick glaubte Sfonoci, er sei leer. Dann sah er die Luftblasen, die emporstiegen. Augenblicke später brach in einer Flutwelle die Kommandantin aus dem Tümpel hervor. Das Wasser schwappte. Eine Ladung traf den Grauen Marliten.
„Ich danke dir für deine Gunst", sagte er, ohne auf sein ramponiertes Make-Up zu achten. Das Wasser hatte einen Großteil des wertvollen Grauzements weggespült.
Majestätisch stieg Snotryl aus dem Tümpel. Sie war fast ein Drittel größer und schwerer als der Oberoffizier.
Ihre Gliedmaßen bewegten sich heftig wie Peitschen. Ihre Augen funkelten, als sie sich auf der Sitzstange niederließ und sich ihm entgegenbeugte.
„Es ist das erste Mal. Daher will ich gnädig sein und dich nicht sofort aus der Schleuse werfen."
Er beugte sich nach hinten zum Zeichen, dass er ihr mit seinem Ansinnen nicht zu nahe treten wollte. In wenigen Worten berichtete er, was vorgefallen war.
Snotryl beruhigte sich umgehend. Sie neigte ihm den Oberkörper noch weiter entgegen. „Du hast richtig gehandelt", lobte sie ihn.
Er ließ sich die Erleichterung nicht anmerken und erläuterte die Einzelheiten des Scan-Ergebnisses. „Wenn er kein Ritter der Tiefe ist, weil es die nicht mehr gibt, muss seine Aura eine Fälschung sein", zog er die Schlussfolgerung.
„Nicht unbedingt", hielt ihm die Kommandantin entgegen. „Es kann auch einen anderen Grund haben. Wir werden das in Erfahrung bringen. Komm mit!"
Sie verließ den Erfrischungsraum. Sfonoci folgte ihr in die Steuerzentrale der Kommandantin. Zwei Graue Marliten arbeiteten hier, die er nicht kannte. Sie gehörten zu Snotryls Personal und traten in GISTUNTEN-3 nie in Erscheinung.
Die Kommandantin deutete auf ein schrankähnliches Aggregat. „Von diesem Terminal aus erhalten wir Kontakt mit einer speziellen Datenbank im Innern von Akhimzabar. Darin ist Statistikerwissen gespeichert. Ich gehe davon aus, dass sich dort auch die Informationen über die Ritter der Tiefe und ihre Auren befinden."
Die Eingabe führte sie persönlich aus. Anschließend zog sie sich zusammen mit Sfonoci in eine der Ruhenischen zurück. Sie tranken Wasser aus dem Nischentümpel und tauschten ihre Meinungen aus.
Wenn es sich bei dem Wesen Atlan um einen Ritter der Tiefe handelte, war er in GISTUNTEN-3 kein gern gesehener Gast, auch nicht in Begleitung Mohodeh Kaschas. Die Grauen Marliten gingen davon aus, dass die Kosmischen Ordnungsmächte selbst über alle die Informationen und Kenntnisse verfügten, die die Pangalaktischen Statistiker besaßen.
Das war zudem die Argumentation der Statistiker selbst, hinter der sie sich verschanzten. Sie bildete den
Weitere Kostenlose Bücher