Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2112 - Verschollen in Tradom

Titel: 2112 - Verschollen in Tradom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
das gesamte Leben bestimmt. Du kannst sie nicht mehr ändern?"
    „Ich habe diese Entscheidung getroffen, und ich stehe zu ihr. Sie ist für mich verbindlich. Es gibt für mich nichts anderes als den Weg der Liebe."
    Ich glaubte ihr aufs Wort.
    „Jede von uns", fuhr Ascarde fort, „erhält bei ihrem Auszug aus der Heimat von den Priestern einen Lebensstein überreicht. In diesem Stück ist ihr Schicksal aufgezeichnet. Nur die Priester können aus dem Stein lesen. Und ich erhielt einst die Prophezeiung, ich würde mich dem Weg der Liebe weihen."
    Ich schwieg. Ich wusste, das war noch nicht alles.
    „Wenn eine von uns stirbt, muss ihr Lebensstein in die Heimat zurückgebracht und im Hügel der Sterne begraben werden, während ihr toter Leib in Flammen aufgeht. Dann geht die Seele einer Kara in das Unendliche Nichts von Anguela ein."
    Ihr ernster, fast schon andächtiger Tonfall machte mir klar, dass diese religiöse Auffassung für Ascarde nicht nur so etwas wie eine Legende, sondern unabänderliche Wahrheit war.
    Ascarde griff in eine Tasche ihrer Kombination und holte einen kleinen Lederbeutel hervor. Mit liebevollen, wenn nicht sogar ehrfürchtigen Bewegungen ihrer zwölf Finger öffnete sie ihn. Sie holte etwas daraus hervor, aber ich konnte nicht sehen, was, da sie die Hand darum geschlossen hielt.
    Dann öffnete sie die Faust. Auf ihrer Handfläche lag ein wunderschön gemaserter Splitter eines Diamanten.
    „Das ist mein Lebensstein", sagte die Rishkanische Kara leise.
    Ich betrachtete ihn stumm, und meine Seele in der Brust verspürte eine undefinierbare Ruhe, eine Freude, wie ich sie noch nie gekannt, einen Frieden, wie ich ihn noch nie empfunden hatte. Ich vergaß sogar das Opfer, das ich für mein Volk gebracht hatte, und schwelgte im Glanz der Liebe, die sich mir offenbarte.
    „Ich empfinde genauso für dich", vernahm ich wie aus weiter Ferne Ascardes Stimme.
    Erst als sie den Stein wieder in den Beutel legte, konnte ich meinen Blick von ihm lösen. Ich sah Ascarde an. Hatte sie das wirklich gesagt, oder hatte ich mir das nur eingebildet?
    Die Kara schwieg, und auch ich sagte nichts, um den Zauber des Augenblicks nicht zu zerstören.
    Erst nach einer geraumen Weile setzten wir unser Gespräch fort. Und wir unterhielten uns wie Geschwister, wie Eiter und Kind, wie Seelenspiegel.
    In diesem Punkt hatte mein Eiter übrigens Recht behalten. Ich vermisste meinen Laokaon überhaupt nicht.
    Wir unterhielten uns noch, als die Philosophin der Renhaz und ihre Zuhörer schon längst in ihre Kabinen zurückgekehrt waren. Wir unterhielten uns noch, als ein Saral kam und uns fragte, ob er uns ein Frühstück bringen solle. Wir unterhielten uns bis in den neuen Morgen, den Mittag, den Nachmittag.
    Zeit spielte keine Rolle. Unsere Reise war noch lang, und wir hatten uns gefunden. Die zwei Zwischenlandungen nahmen wir überhaupt nicht wahr. Wir waren nicht an die Bordzeit gebunden, konnten schlafen, wenn wir müde waren, und miteinander sprechen, wenn wir das Bedürfnis hatten.
    Irgendwann am Abend brachte Ascarde mich zu meiner Kabine und ging dann zu ihrer weiter.
    Ich legte mich voll bekleidet auf die Pritsche und spürte plötzlich, wie müde ich war.
    Müde, erfüllt und glücklich.
    Als ich einschlief, dachte ich, dass Anguela an diesem Tag vielleicht doch bei uns gewesen war.
    Vielleicht sorgte die gütige Macht auch für uns, indem sie uns Begegnungen vermittelte, wie ich eine mit Ascarde gehabt hatte.
    Indem sie körperlich völlig unterschiedliche Wesen zusammenführte, die geistig miteinander verbunden waren.
    Vielleicht war es das, was Anguela uns vermitteln wollte: dass es nicht auf den Körper ankam, sondern allein auf die Seele.
    Als ich erwachte, gellten laute Sirenen durch das Schiff.
    Vergangenheit: Piraten Einen Augenblick lang wusste ich weder, wo ich war, noch, wie spät es war. In der Kabine war es dunkel. Aber das ließ keine Rückschlüsse auf die Tageszeit zu, wie mir zögernd klar wurde, sondern lag daran, dass ich das Licht ausgeschaltet hatte, bevor ich mich schlafen gelegt hatte.
    Ich konnte nicht allzu lange geschlafen haben, denn meine Gedanken waren ungeordnet und quälend langsam. Ich torkelte mehr zur Kabinentür, als dass ich ging. Irgendwo vernahm ich ein dumpfes Poltern.
    Ich wusste nicht, wie weit entfernt es war, aber es klang nicht allzu laut, und ich hielt es für einigermaßen ungefährlich, die Tür zu öffnen.
    Ein fauchendes Geräusch ließ mich zurückschrecken. Gleichzeitig

Weitere Kostenlose Bücher